Gastbeitrag von Katja Mast - SPD-Spitzenfrau erklärt, was Kanzlerpartei jetzt für das Bürgergeld plant

SPD-Fraktionsgeschäftsführerin Mast macht Druck in den Haushaltsverhandlungen.<span class="copyright">Christoph Soeder/dpa</span>
SPD-Fraktionsgeschäftsführerin Mast macht Druck in den Haushaltsverhandlungen.Christoph Soeder/dpa

Vor einigen Tagen präsentierte CDU-General Linnemann auf FOCUS online die Pläne seiner Partei für das Bürgergeld. Auf Anfrage von FOCUS online werden auch andere im Bundestag vertretene Parteien ihr Konzept darlegen. Hier skizziert Katja Mast, Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, wie sich ihre Partei die Grundsicherung künftig vorstellt.

Schon fast rituell arbeitet sich die Union am Bürgergeld als Sündenbock für alles ab. Ohne Rücksicht auf die Fakten und ohne zu sagen, dass es Friedrich Merz selbst war, der dem Bürgergeld zugestimmt hat.

Das Bürgergeld setzt an einer Leerstelle an und wirkt langfristig wie ein Schlüssel, der neue Beschäftigungstüren öffnet: Es fördert gezielt und individuell, ermöglicht durch Weiterbildung und Qualifizierung neue Chancen im Arbeitsmarkt. Wenn man die Leute doch nur machen ließe.

SPD: „Bürgergeld ist Sicherheit in unsicheren Zeiten“

Jede und jeder kann im Leben in eine unvorhergesehene Notfall-Situation kommen, die existenziell wird. Die Corona-Pandemie ist nicht allzu lange her. Viele Menschen haben damals Bürgergeld beantragt , obwohl sie dies nie erwartet hätten und durch die Transformation unserer Wirtschaft lesen wir täglich davon, dass Unternehmen Arbeitsplätze abbauen.

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Das Bürgergeld ist ein wichtiger Pfeiler der Sicherheit im Wandel und hilft, nachhaltiger in gute und neue Beschäftigung zu vermitteln. Das ist entscheidend, damit die Menschen nicht nach drei Monaten wieder im Jobcenter stehen.

„Falsches Bild von Bezieherinnen und Beziehern“

Es ist der Union egal, ob die Vorwürfe der Wahrheit entsprechen oder nicht. Es geht ihr darum, die Bezieherinnen und Bezieher des Bürgergelds massiv ins Abseits zu stellen.

Ganz bewusst wird dabei mit einem Menschenbild gearbeitet, das unterstellt, dass alle Empfängerinnen und Empfänger faul seien und sich auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler einen schönen Lenz machen würden. Im Kern geht es nicht um unsere Grundsicherung, im Kern geht es um einen sehr grundlegenden Angriff auf unsere soziale Absicherung. Das zeigt sich auch bei den Angriffen der Union auf die Rente.

„Viele wollen mehr leisten, können es aber nicht“

Fakt ist: Die wenigsten Menschen im Bürgergeld sind wirklich arbeitslos. Jede fünfte erwerbsfähige Person arbeitet parallel, stockt also auf. Dazu kommen allein rund 1,5 Millionen Kinder unter 15 Jahren.

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Viele Bezieherinnen und Bezieher würden sogar gerne mehr leisten, doch sie sind durch äußere Umstände, etwa das Fehlen einer passenden Kinderbetreuung oder die Pflege von Angehörigen, daran gehindert. Oder aber sie haben sehr schwere Vermittlungshemmnisse.

Über die Hälfte im Bezug hat gesundheitliche Einschränkungen, über zwei Drittel keinen Berufsabschluss, ein Viertel nicht mal einen Schulabschluss. Hier müssen wir ansetzen. Um erfolgreich zu sein, braucht es vor allem genug Ressourcen für die Jobcenter, damit Menschen durch Qualifizierung dauerhaft diese staatliche Unterstützung hinter sich lassen können.

„Schwarzarbeit muss konsequent bekämpft werden“

Dass Einige ein Störgefühl haben, wenn sie ans Bürgergeld denken, hat viel mit Halbwahrheiten zu tun, die von der Merz-CDU gezielt befeuert werden. Eines bleibt klar: Wer arbeitet, hat mehr als jemand, der Bürgergeld bezieht. Das darf aus Fairnessgründen auch nicht anders sein. Wer Bürgergeld beantragt, hat die Pflicht, selbst einen Beitrag zu leisten, um wieder in sozialversicherungspflichtige Jobs zu kommen. Bezieherinnen und Bezieher, die versuchen, nebenher schwarz zu arbeiten, machen sich strafbar und müssen entsprechende Konsequenzen mit aller Entschiedenheit spüren. Im Übrigen auch ihre Arbeitgeber, die Schwarzarbeit anbieten. Hier sind verstärkte Kontrollen und erweiterte Befugnisse notwendig, um gegen diese Praxis vorzugehen.

„Wir wollen keine Drehtüreffekte“

Ich störe mich an der sehr kalkulierten Pauschalität in der Debatte. Menschen in Not sind nicht immer selbst schuld an ihrer Situation, gerade, wenn sie eine Unterstützung ihres Staates in Anspruch nehmen müssen, um einen neuen Anlauf zu nehmen. Deshalb ist es genau richtig, dass wir durch mehr Weiterbildung und den Aufbau von Qualifikation unterstützen. Denn nur Qualifizierung hilft, dauerhaft und nicht nur punktuell in Arbeit zu vermitteln. Und genau dieser Ansatz ist der Perspektivwechsel des Bürgergelds. Wir wollen keine Drehtüreffekte. Auch den Kindern in Bürgergeldfamilien sind ihre Eltern ein Vorbild – wenn sie arbeiten gehen, schaffen es die Kinder auch leichter in Jobs zu kommen.

„Weniger Unterstützung, mehr Unsicherheit: Der wahre Kurs der Merz-Union“

Die Union will weniger für die Menschen, das darf niemand übersehen: Weniger Unterstützung und dadurch mehr Unsicherheit. Als SPD-Bundestagsfraktion fahren wir einen entgegengesetzten Kurs: Statt spalterischer Parolen braucht es Offenheit, um Menschen schnellstmöglich auf dem Arbeitsmarkt zu integrieren. Denn wir brauchen alle Arbeitskräfte im Land. Mit dem Bürgergeld fördern wir Arbeit statt Arbeitslosigkeit.