Gastkommentar von Gabor Steingart - Trump sagt Stillstands-Deutschland den Kampf an, ohne uns beim Namen zu nennen
Donald Trump hat seine Entschlossenheit gezeigt, die wirtschaftlichen Interessen Amerikas mit unerbittlicher Härte durchzusetzen. Er hat weitreichende Maßnahmen angekündigt, die Deutschland und Europa in eine prekäre Lage bringen könnten.
Donald Trump hat zu seinem Volk gesprochen, aber unseres beschämt. Die Entschlossenheit, mit der er sich zu den wirtschaftlichen Interessen Amerikas bekannte, und die Rohheit, mit der er deren Durchsetzung ankündigte, hat man hierzulande noch nie gehört. In Deutschland traut sich kein Politiker so zu denken, wie Trump spricht.
Der neue Präsident will erkennbar keinen reinen Ämtertausch, sondern einen wirklichen Richtungswechsel – und zwar in der Globalwirtschaft. Der Abstieg Amerikas, der bisher nur ein relativer war, sei beendet. Vor allem China dürfte die Ohren gespitzt haben:
„Amerikas Niedergang ist vorbei.“
Trump denkt nicht in den Kategorien von Olaf Scholz und Friedrich Merz
Die Sehnsucht seiner Wähler nach technologischer Überlegenheit und ökonomischer Dominanz hat Trump zu seiner gemacht. Jenseits der nationalen Erbauungsrethorik kündigte er sehr konkret an, wie er die Angebotsbedingungen seines Landes verbessern will, um im internationalen Wettbewerb Geländegewinne zu erzielen. Er ist der zum Politiker verwandelte Unternehmer, der einen Extraprofit, ein „Surplus“, um mit Karl Marx zu sprechen, erzielen möchte.
Dabei denkt Trump nicht in den Kategorien von Olaf Scholz und Friedrich Merz, sondern in den Extra-Large-Dimensionen eines Elon Musk, der wie ein Pate hinter ihm stand. Die deutsche Wirtschaftspolitik der vergangenen Jahrzehnte, die nicht zuerst links oder rechts, sondern wirtschaftsfeindlich war, darf sich angesprochen fühlen.
Hierzulande verdichten sich höhere Steuern, zusätzliche Bürokratie, expandierende Sozialleistungen und die staatlich gewollte Verteuerung von Energie zu Angebotsbedingungen, die im Kern eine Angebotsverweigerung bedeuten. Deshalb stagniert Deutschland im dritten Jahr. Deshalb wird ein einzelner US-Bundesstaat, Kalifornien, mit halb so vielen Einwohnern wie die Bundesrepublik, uns beim Bruttoinlandsprodukt in Bälde überholen.
Trump dagegen hat gestern auch den Deutschen den Kampf angesagt , ohne uns beim Namen zu nennen. Wer sich ein feines Gehör für die Bedeutung der Worte bewahrt hat, hörte eine Ruckrede an die deutsche Politik, die man auch als letzte Warnung verstehen kann.
#1 Steuern runter, Zölle rauf
Derweil in Deutschland die Einkommensteuer, die Unternehmenssteuer und die Energiesteuern schon heute weit oberhalb des amerikanischen Niveaus rangieren, will Trump die amerikanischen Niedrigsteuern weiter senken . Die dann fehlenden Staatseinnahmen möchte er, das ist der Clou seiner Zollpolitik, den Ausländern aufbrummen:
„Beginnen wir mit der Überholung unseres Handelssystems, um amerikanische Arbeiter und Familien zu schützen. Anstatt unsere Bürger zu besteuern, um andere Länder zu bereichern, werden wir Zölle und Steuern auf ausländische Länder erheben, um unsere eigenen Bürger zu bereichern.“
#2 Fossile Energie für alle
Derweil Deutschland durch die Abschaltung der Kernkraftwerke, den Gasboykott gegenüber Russland und die ständig steigende CO₂-Bepreisung die Energiekosten der Firmen in die Höhe treibt, will Trump diese senken. Das Mittel seiner Wahl ist die Angebotserweiterung fossiler Brennstoffe:
„Ich werde heute den nationalen Energienotstand ausrufen. We will drill, baby, drill.“
Derweil Deutschland konsequent deindustrialisiert, soll Amerika wieder eine Nation der industriellen Produktion sein. Der Treiber dieser Reindustrialisierung ist für Trump der Einsatz heimischer fossiler Brennstoffe:
„Wir haben etwas, das keine andere Produktionsnation jemals haben wird: die größten Öl- und Gasvorkommen aller Länder der Erde. Und wir werden sie nutzen. Wir werden unsere strategischen Reserven wieder bis zum Rand füllen und amerikanische Energie in die ganze Welt exportieren. Wir werden wieder eine reiche Nation sein. Und es ist dieses flüssige Gold unter unseren Füßen, das uns dabei helfen wird.“
#3 Wirtschaftswachstum durch Aufrüstung
Trump investiert in das Militär, nicht um es einzusetzen, sondern um damit die Wirtschaft anzukurbeln und potenzielle Angreifer abzuschrecken.
„Wie im Jahr 2017 werden wir erneut das stärkste Militär aufbauen, das die Welt je gesehen hat. Wir werden unseren Erfolg nicht nur an den Schlachten messen, die wir gewinnen, sondern auch an den Kriegen, die wir beenden, und vielleicht noch wichtiger: an den Kriegen, in die wir gar nicht erst hineingeraten.“
Dadurch, dass er die Nato-Partner zu höheren Ausgaben zwingt, hebelt er die eigenen Investitionen. Viele der modernen Waffensysteme gibt es ausschließlich in den Vereinigten Staaten.
Zum Vergleich: Die größte deutsche Rüstungsfirma ist Rheinmetall mit knapp 30.000 Beschäftigten und rund zehn Milliarden Euro Umsatz. Die größte US-Waffenfirma ist Lockheed Martin mit über 120.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von über 70 Milliarden Dollar.
#4 Renaissance der Automobilindustrie
Trump setzt – anders als die Europäer – seine heimische Autoindustrie nicht durch Verbrennerverbote und Flottenvorgaben beim Benzinverbrauch unter Druck. Er will fördern ohne zu fordern und suspendiert dafür alle internationalen Klimazusagen der USA:
„Mit meinen heutigen Maßnahmen werden wir den Green New Deal beenden und die Vorschrift für Elektrofahrzeuge aufheben, unsere Autoindustrie retten und mein heiliges Versprechen gegenüber unseren großartigen amerikanischen Autoarbeitern einhalten. Mit anderen Worten: Sie können das Auto Ihrer Wahl kaufen.“
#5 Globale Lieferketten
Trump will die Kosten des internationalen Transports für US-Firmen senken und riskiert dafür durchaus auch internationale Spannungen. Konkret richtete er seine gestrige Drohung an die Chinesen, die – so Trump – die eigentlichen Betreiber des Panamakanals sind:
„Amerikanische Schiffe zahlen stark überhöhte Gebühren und werden in keiner Weise fair behandelt. China betreibt den Panamakanal, und wir haben ihn nicht China gegeben, sondern Panama. Wir holen ihn uns zurück.“
#6 Mars-Mission als Jahrhundertziel
Deutschland kommt schon mit der Ladeinfrastruktur für Elektroautos nicht voran, da will Trump zum Mars aufbrechen. Er versucht mit ehrgeizigen, vielleicht auch irrealen Zielen den Pioniergeist seiner Landsleute zu stimulieren:
„Die Vereinigten Staaten werden sich wieder als wachsende Nation betrachten, als eine Nation, die ihr Territorium erweitert und ihre Flagge in neue und schöne Horizonte trägt. Und wir werden unserer Bestimmung in die Sterne folgen und amerikanische Astronauten ins All schicken, um die ‚Stars and Stripes‘ auf dem Planeten Mars zu platzieren.“
Fazit: Trump hat Amerika gesagt und auch Europa gemeint. Im Kern entspringt sein ökonomisches Denken dem der europäischen Ordoliberalen Wilhelm Röpke, Walter Eucken und Alfred Müller-Armack. Aber Trump berief sich nicht auf sie, sondern auf die nächst höhere Instanz:
„Ich wurde von Gott gerettet, um Amerika groß zu machen.“