Gefährliches Fasten? - Studie zeigt: Fastenkuren könnten wie ein Brandbeschleuniger für Krebs wirken
Die Debatte um Fastenkuren nimmt eine neue Wendung: Eine aktuelle Studie wirft Fragen auf. Ernährungswissenschaftler Uwe Knop gibt Einblicke in die komplexen Zusammenhänge zwischen Fasten, Zellregeneration und Krebsrisiko.
Was hat die deutsch-amerikanische Forschergruppe untersucht?
Seit mehr als einem Jahrhundert zeigen Fastenphasen bei verschiedenen Organismen, einschließlich des Menschen, eine grundsätzlich positive Wirkung auf die Gesundheit, die Lebensdauer und die Geweberegeneration - vieles ist jedoch Grundlagenforschung, und wie so oft in der Ernährungsforschung liegen auch hier nur Korrelationen, aber keine Kausalitäten vor.
Hinzu kommt, dass die metabolischen Effekte des Fastens - also die Auswirkungen auf den Stoffwechsel - und vor allem der anschließenden Nahrungsaufnahme auf die Entstehung von Krebs noch weitgehend unerforscht sind. Ein internationales Wissenschaftlerteam der Universität Duisburg-Essen und des Massachusetts Institute of Technology/ USA hat nun genau das in einer Studie untersucht, die im renommierten Medizinjournal Nature publiziert wurde.
Welche Ergebnisse lieferte die neue Nature-Studie?
Die aktuelle Studie zeigt anhand von Mäuseversuchen, dass Fasten und anschließendes Essen einerseits die Zellregeneration im Darm verbessern kann - aber andererseits auch das Risiko von Darmkrebs erhöhen kann. Dies liegt daran, dass Fasten und anschließendes Essen die Aktivität von Stammzellen im Darm erhöhen, was sowohl zu gesunden als auch zu krankhaften Veränderungen führen kann.
„Wir konnten zeigen, dass das Wachstum von Darmstammzellen nach einer Fastenkur zunimmt. Dabei passen aber auch die Tumorvorläuferzellen ihren Stoffwechsel sehr schnell an die neue Situation an. Gleichzeitig wird auch ein Tumorsuppressor-Gen inaktiviert – ein Gen, das eigentlich dafür sorgen soll, dass Krebszellen schon im Entstehungsprozess bekämpft werden. Das ist ein eher ungünstiger Effekt“, erklärt einer der Studienmediziner, Prof. Dr. Dr. Alpaslan Tasdogan, Professor für Tumormetabolismus in der Klinik für Dermatologie des Universitätsklinikums Essen.
Die Ursache dafür ist die Aktivierung eines speziellen Stoffwechselwegs, der den „guten“ Stammzellen dazu dient, die Regenerationsfähigkeit zu steigern – und bei den „bösen“ Krebsvorläuferzellen leider auch die Fähigkeit erhöht, Tumore wachsen zu lassen.
Soll man jetzt besser nicht mehr fasten?
Auch wenn die Wissenschaftler im Mausmodell beobachten, dass Tumore im Darm nach dem Fasten kurz nach der erneuten Nahrungsaufnahme häufiger auftreten, so ist diese Erkenntnis zunächst als rein grundlagenwissenschaftlich einzuordnen. Die Forscher liefern also keinen Beweis, dass Fasten Krebs verursacht. Daher bleibt die Entscheidung für oder gegen Fastenkuren weiterhin eine individuelle Abwägungsentscheidung, die idealerweise im Vorfeld immer mit medizinischen Fasten-Fachpersonal abgestimmt werden sollte.
Gilt das Krebsrisiko auch für das Intervallfasten?
Nein, dazu kann diese Studie nichts sagen, Intervallfasten ist kein echtes Fasten, sondern eine frei erfundenen Ernährungsform, bei der eine willkürlich festgelegte Zeitspanne an Stunden pro Tag nichts gegessen und getrunken wird. Auch wenn Intervallfasten durch diverse Promis wie beispielsweise Eckhardt von Hirschhausen gehypte wurde, so ist aus wissenschaftlicher Sicht klar zu konstatieren: Auch hier zeigen zahlreiche Forschungsergebnisse, dass der „Besser-Esser-Hype“ Intervallfasten weder schlanker noch gesünder machtals andere Ernährungsformen - vielleicht ganz im Gegenteil, denn viele aktuelle Studien deuten auf potenzielle negative Effekte hin, die man sich näher anschauen sollte, bevor man aktiv intervallfastet.
Wenn man hingegen intuitiv intervallfastet, zum Beispiel, weil man morgens nie frühstückt, da man keinen Hunger hat, dann kann einem die ganze Wissenschaft sowieso egal sein - denn die Weisheit des Körpers weiß es immer besser als irgendwelche schwachen Forschungsdaten zur vermeintlich „richtigen Ernährung“.