Sie ist gegen AfD-Verbot - Faesers Geheimdienst-Chef soll gehen - eine Hassfigur der Linken könnte folgen

Bundesinnenministerin Faeser und Verfassungsschutz-Präsident Haldenwang.<span class="copyright">Kay Nietfeld/dpa</span>
Bundesinnenministerin Faeser und Verfassungsschutz-Präsident Haldenwang.Kay Nietfeld/dpa

Thomas Haldenwang, Verfassungsschutz-Präsident und oberster AfD-Jäger, geht voraussichtlich zum Jahresende in den Ruhestand - aus gesundheitlichen Gründen, wie es heißt. Ausgerechnet eine Hassfigur der Linken könnte dann auf den umstrittenen Geheimdienst-Chef folgen.

Der Mann mit der markanten Frisur kommt uneingeladen fast in jedes Haus. In allen Medien, ob in TV- oder Radionachrichten, Talkshows oder in langen Print-Interviews, ist Thomas Haldenwang (64) präsent. Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) hat insbesondere auf deutschen Bildschirmen eine Dominanz wie kaum ein Chef des Inlandsgeheimdienstes vor ihm.

Der Grund: Der Boss von 4400 Mitarbeitern in Köln und Berlin warnt seit vielen Monaten immer wieder vor der „Alternative für Deutschland“, die er in zahlreichen vertraulichen Analysen als eine gefährliche rechtsextremistische Partei eingestuft hat. Die anstehenden Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg werden zeigen, wie nachhaltig Haldenwangs Warnmeldungen sind. Aktuellen Umfragen zufolge steuert die AfD auf Rekordwerte zu. War sein Engagement „gegen Rechts“ somit umsonst?

In der Kantine nannte man Haldenwang den „Unberührbaren“

Viele Politiker und Verfassungsrechtler sind der Meinung, dass sich Haldenwang als politischer Beamter viel zu weit aus dem Fenster gelehnt hat. „Sein hohes Amt verlangt entschieden mehr Neutralität als er in seiner sechsjährigen Dienstzeit bewiesen hat“, betont ein Referatsleiter im Bundesinnenministerium, dem das BfV untersteht. Doch die sozialdemokratische Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hielt die Hand über ihn - in der Kantine nannte man ihn daher den „Unberührbaren“.

Haldenwang, als Presbyter längere Zeit Leiter einer evangelischen Kirchengemeinde in seiner Heimatstadt Wuppertal, geht voraussichtlich zum Jahresende in den Ruhestand - aus gesundheitlichen Gründen, so heißt es in Regierungskreisen. Längst wird über die Nachfolge an der Spitze der Geheimdienst-Behörde nachgedacht, die unter anderem für die Überwachung und Abwehr von Spionen, Terroristen sowie verfassungsfeindlichen Rechts- und Linksextremisten verantwortlich ist.

Eine Frau soll künftig das BfV führen, sagen übereinstimmend Insider. Vor diesem Hintergrund werden die Leiterin eines Landesamts für Verfassungsschutz im Süden Deutschlands und die Präsidentin einer Großstadt-Polizei genannt.

Felor Badenberg sagte der „Letzten Generation“ den Kampf an

Als mit Abstand aussichtsreichste Kandidatin gilt indes Felor Badenberg (49), die erst im April vergangenen Jahres als neue Justizsenatorin des Landes Berlin startete. Gerade ein paar Wochen im Amt, wehte der damals parteilosen promovierten Juristin ein eiskalter Wind von SPD, Grünen und Linkspartei entgegen. Ein Teil der Hauptstadt-Presse ließ kein gutes Haar an ihr.

Badenberg, so berichten gute Bekannte übereinstimmend, war geschockt über die heftigen Angriffe auf ihre Person. Der Anlass: Nach Razzien in sieben Bundesländern gegen die Straßenkleber und Blockierer der „Letzten Generation“ wollte die Justizsenatorin in einem Gutachten klären lassen, ob die Initiative als kriminelle Vereinigung einzustufen ist.

Das Leben und der Alltag der Menschen in Berlin seien durch Aktionen der Klimaaktivisten gefährdet, sagte Badenberg in einem TV-Interview und löste damit eine Protestwelle in linken Kreisen aus. Gleichwohl pochte die Senatorin darauf, „alle gesetzlichen Möglichkeiten auszuschöpfen“ und zu klären, ob die radikalen Klima-Aktivisten eine kriminelle Clique sind. Ihr Ziel sei es, so Badenberg, einen Beitrag zu leisten, um für „Recht und Ordnung im Land Berlin“ zu sorgen.

Badenberg sprach sich gegen AfD-Verbot auf - die linke Szene in Berlin tobte

Auf diese Sicht der Dinge gingen Berlins Leitmedien nicht näher ein. Badenberg, so kommentierte eine Tageszeitung, habe in dem TV-Interview gestottert. „Sie blickte mal hierhin und mal dorthin.“ Die Senatorin habe „eine Vorstellung gegeben, die weder der Stadt Berlin noch ihrer persönlichen Kompetenz angemessen war“.

Nach diesen Tiefschlägen soll die gebürtige Iranerin aus Teheran, die als 12-Jährige mit ihren Eltern nach Deutschland gekommen ist, erstmals mit ihrem Job in Berlin gehadert haben. Dabei sollen sie Vertraute aus dem Rheinland zuvor eindringlich gewarnt haben: Der Senatsposten für Justiz unter dem eher schwachen Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) werde von den politischen Gegnern mit Mobbing und fiesen Fallstricken bekämpft.

Im Mai dieses Jahres wurde Badenberg erneut attackiert. Tatsächlich hatte sie lediglich, wieder mal in einem Interview, die Analyse renommierter Staatsrechtler zitiert: Ein Verbotsverfahren gegen die AfD sei derzeit nicht sinnvoll, da die rechtlichen Voraussetzungen dafür nicht vorlägen. Es gebe keine ausreichenden Beweise für die rechtsextremistischen Bestrebungen der Partei - daher könne es vor Gericht eine Niederlage geben.

Die linke Szene in Berlin tobte. Und Badenberg soll sich erneut gefragt haben, ob sie als Justizsenatorin der Dauerkritik gewachsen ist.

Zeitweise war sie Verbindungsbeamtin von Hans-Georg Maaßen zur Bundesregierung

Bekam sie Heimweh nach Köln? Es gibt wohl nur wenige, die sich in der Verfassungsschutz-Zentrale im Stadtteil Chorweiler so gut auskennen wie Badenberg. Nach Abitur, Jura-Studium und Promotion in der Domstadt kam sie 2006 zum BfV - es war zugleich der Start für eine steile Behördenkarriere. Sie erforschte den Ausländerextremismus, befasste sich mit feindlichen Agenten und der Cyberabwehr im Netz.

Zeitweise war sie die Verbindungsbeamtin des damaligen BfV-Präsidenten Hans-Georg Maaßen zur Bundesregierung und zum Bundestag. Im Juni 2002 wurde sie zur Vizepräsidentin der rheinischen Sicherheitsbehörde ernannt. Nur zehn Monate später wechselte sie nach Berlin.

Ein früherer Arbeitskollege von Badenberg betont, dass die Senatorin gerade wegen des stressigen Jobs die alten Freundeskreise in Köln sehr vermisse. Dort soll sie sich sehr wohlgefühlt haben. Zudem ist nicht sicher, ob sie nach den nächsten Wahlen zum Abgeordnetenhaus in Berlin Senatorin bleiben kann - Mitte Mai trat sie in die CDU ein.

Augenblicklich gibt sich Felor Badenberg zugeknöpft. Auf die Frage von FOCUS online, ob sie Präsidentin des BfV werden möchte, ließ sie über ihre Sprecherin mitteilen: „Zu allgemeinen Gerüchten äußern wir uns nicht.“