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"Ich gehe nie in die Maske für diese Rolle"

Die ZDF-Krimireihe "Ein starkes Team" wird 25 Jahre alt. Im Interview erinnert sich Mützenmann und Schauspiel-Urgestein Florian Martens an seine langjährige "Intensivpartnerin" Mara Maranow, die vor vier Jahren starb.

Die Folge "Abgetaucht" (Samstag, 4. Januar, 20.15 Uhr, ZDF) erklärt der ausstrahlende Sender zum "25-jährigen Jubiläum" der Reihe "Ein starkes Team" - obwohl der erster Film bereits im März 1994 lief. Sei's drum. Die Macher können definitiv mit Stolz auf die Erfolgsgeschichte ihres Formats blicken. Lange Jahre lebten die Krimis vom Zusammenspiel der beiden Schauspieler Maja Maranow und Florian Martens, die auch privat zeitweise ein Paar waren. 2016 ersetzte mit Stefanie Stappenbeck eine andere Schauspielerin Maja Maranow, die im Januar des Jahres verstorben war. Im Interview erinnert sich Florian Martens, 61-jähriger Sohn des großen deutschen Schauspielers Wolfgang Kieling, an eine seltsam intensive Beziehung zu Maranow und die verwirrenden letzten Monate vor deren Tod.

teleschau: Wahrscheinlich würde man eine Krimireihe heute nicht mehr "Ein starkes Team" nennen, oder?

Florian Martens: Sie meinen, das klingt zu sehr nach Eigenlob?

teleschau: Der Titel klingt eher antiquiert ...

Martens: Ehrlich gesagt waren Maja Maranow und ich damals ziemlich entsetzt, als man uns diesen Titel präsentierte. Zunächst war ja nur eine einzelne Krimikomödie geplant. Sie sollte "Gemischtes Doppel" heißen, was wir 1994 auch gut fanden. Das Konzept bestand darin, dass ich, der prollige Typ aus dem Osten, und Maja, eine distinguierte Dame aus dem Westen, zusammenarbeiten mussten. Darin lag auch die Komik. Dass es dann eine so langlebige Reihe werden würde, ahnte niemand. Schließlich sagte man uns, der neue Titel würde "Ein starkes Team" lauten. Das klang so aufschneiderisch und nach Eigenlob. Na ja, mittlerweile hat man sich daran gewöhnt. Der Name ist längst zur Marke geworden.

"Dass Maja gestorben ist, habe ich dann auf Facebook gelesen"

teleschau: Ist der komödiantische Ansatz über die 25 Jahre immer mehr verloren gegangen?

Martens: Nein. Die Reibereien zwischen Verena und Otto, unseren beiden Rollen, basierten lange auf dem Ost-West-Konflikt. Das hatte sich natürlich irgendwann erledigt. Allerdings war durch die Unterschiedlichkeit der beiden Hauptfiguren immer noch genug komödiantischer Zündstoff vorhanden. Da Maja und ich auch den gleichen Humor hatten, fiel es uns nicht schwer, diesen auch in die Drehbücher einfließen zu lassen.

teleschau: Maja Maranow ist vor vier Jahren gestorben. Überlegte man damals, die Reihe einzustellen?

Martens: Die Situation war lange Zeit unklar. Maja stieg irgendwann aus der Reihe aus, weil sie krank war. Das war im Juni 2015. Zweieinhalb Jahr zuvor hatte sie schon einmal eine Krebserkrankung, die von uns geheim gehalten wurde. 2015 drehten wir dann eine Folge, die nach der Hälfte abgebrochen werden musste, weil Maja zu krank zum Drehen war. Ich fragte sie damals: "Ist der Krebs wieder da?" Sie meinte aber, es wäre eine Viruserkrankung. Dann kam die Sommerpause. Als es dann wieder losgehen sollte, kam eine Rundmail von Maja an alle, dass sie wegen anderer Projekte schweren Herzens die Reihe verlassen würde.

teleschau: Hatten Sie den Verdacht, dass die wahren Gründe andere waren?

Martens: Nein, ich glaubte ihr. Wir hatten immer ein enges Verhältnis, und es gab keinen Grund, an ihrem Grund zu zweifeln. Maja war eine sehr begehrte Schauspielerin und wurde immer von tollen Regisseuren wie Dominik Graf oder Matti Geschonneck besetzt. Ich konnte ihre Begründung schon verstehen, wunderte mich aber, dass ich sie nur über eine Rundmail erfahren habe.

teleschau: Was ist danach passiert?

Martens: Der Sender wollte mit einer neuen, jüngeren Partnerin weitermachen. Dafür gab es dann ein Casting, bei dem Stefanie Stappenbeck die Rolle erhielt. Ich dachte damals, dass ich erst mal schaue, was passiert und wie es sich anfühlt. Wir hatten schließlich schon zwei Filme mit Steffi fertig, als durchsickerte, dass es Maja sehr schlecht geht. Wir durften aber nichts sagen. Ich habe versucht, sie anzurufen, erreichte sie aber nicht. Dass Maja gestorben ist, habe ich dann auf Facebook gelesen.

"Zweimal waren wir privat zusammen"

teleschau: Wie sehr hat es Sie erschüttert, dass Sie vor ihrem Tod keinen direkten Kontakt mehr hatten?

Martens: Ich war schon irritiert. Ich hatte gehört, dass sie im Herbst 2015 noch in Hamburg Lars Beckers "Nachtschicht" gedreht hatte. Wie krank sie da schon war, weiß ich nicht. Man weiß ja nicht, was in einem Menschen vorgeht, der eventuell weiß, dass er nicht mehr lange zu leben hat.

teleschau: Sie waren auch zeitweise privat ein Paar. Wie war Ihr Verhältnis abseits davon?

Martens: Es war immer sehr gut und vor allem sehr zeitintensiv. Auch über "Ein starkes Teams" hinaus, haben wir oft zusammen gedreht. Unter anderem die ganzen Mehrteiler von Wedel. Zweimal waren wir zudem privat zusammen. Ich glaube, ich habe 80 Prozent meiner Filme gemeinsam mit Maja gedreht.

teleschau: Haben Sie versucht, herauszufinden, warum sie sich am Ende so zurückgezogen hat?

Martens: Nein, das habe ich nicht. Es gab eine Clique um sie herum, die kannte ich noch zum Teil aus jener Zeit, als wir privat zusammen waren. Da waren einige Künstler aus der Westberliner Subkultur dabei. So weit ich weiß, waren das auch die Leute, die in der letzten Phase bei ihr waren. Maja hatte ja verfügt, dass erst eine Woche oder sogar zehn Tage nach ihrem Tod bekannt gegeben werden sollte, dass sie nicht mehr lebte. Da hat dann aber jemand von ganz oben entschieden, dass man die Meldung doch etwas früher rausgibt. Der letzte Film mit ihr hatte schon einen Sendeplatz. Kurz nach der Meldung lief er dann auch. Man kann keinen Film mit einer Toten senden und den Leuten vorher nicht erzählen, dass der Star nicht mehr lebt.

"Ich glaube, sie war im 60-Sekunden-Takt auf dem Klo"

teleschau: Passte dieser extreme Rückzug zu der Maja Maranow, die Sie kannten?

Martens: Ja, es passte schon zu ihr. Wir haben uns privat nie in die Karten schauen lassen. Ich nicht - und Maja erst recht nicht. Sie mied auch sämtliche rote Teppiche, Talkshows und so weiter. Auch mein Ding ist beides nicht. Gut, die eine oder andere Talkshow habe ich mitgenommen, damit wenigstens einer von uns beiden unsere Filme ein wenig bewirbt. Doch eigentlich waren wir beide sehr private Menschen. Leute, die lieber für sich sind, als sich einer Öffentlichkeit zu präsentieren.

teleschau: Einmal waren Sie aber gemeinsam bei "Wetten, dass ..?" mit Thomas Gottschalk!

Martens: Oje, ich erinnere mich. Das konnte man natürlich nicht ausschlagen, diese Einladung. Da sind wir dann zusammen hingegangen. Ich glaube, sie war im 60-Sekunden-Takt auf dem Klo. Nein, sie hasste diese öffentlichen Auftritte wirklich. Vor ein paar Tausend Leuten in der Bremer Stadthalle und 14 Millionen Fernsehzuschauern "live" aufzutreten, war für Maja der reinste Horror.

teleschau: Also bestand das "Starke Team" aus zwei scheuen Menschen?

Martens: Absolut. Und Maja war ganz klar die deutlich scheuere von uns beiden. Auch ich gehe nur zu Premieren und Feiern, wenn es um ein Projekt geht, bei dem ich dabei war. Dann ist es okay und ich gehöre in so einem Fall auch dahin. Aber was soll ich bei der Premiere eines James Bond-Filmes, nur weil man mich da eingeladen hat? Es wäre mir eher peinlich, dort abgelichtet zu werden, obwohl ich gar nicht mitspiele.

"Ich gehe nie in die Maske für diese Rolle"

teleschau: Wie kam es eigentlich, dass Maja Maranow und Sie für so viele Filme gemeinsam besetzt wurden. Gab es da eine besondere Chemie?

Martens: Wahrscheinlich, wir haben tatsächlich gut harmoniert. Vielleicht war es auch Zufall, dass wir so viel gemeinsam drehten. Irgendwann war es dann aber so, dass wir nicht mehr zusammen besetzt wurden, weil man uns eben zu oft in Filmen sah. Vor allem natürlich beim "Starken Team". Nur Wedel hat uns immer weiter zusammen besetzt. Einfach weil er jemand war, der sich nicht reinreden ließ. Ihm war sowieso egal, welches Image ein Schauspieler hatte und wie angesagt oder "durch" er gerade war. Für Wedel zählte nur Qualität.

teleschau: War die gute Chemie zwischen Ihnen beiden der Hauptgrund, warum "Ein starkes Team" so lange überlebte?

Martens: Es war ein Grund. Dazu kommt, dass die Figuren gut ausgesucht sind. Der Otto, den ich spiele, ist eine Identifikationsfigur. So ein richtiger Typ. Der kommt auch nicht wie ein Schauspieler rüber, darauf achte ich auch. Otto ist einfach, wie er ist. Oder auch ein bisschen, wie ich bin. Ich gehe nie in die Maske für diese Rolle. Die Quoten für "Ein starkes Team" sind über die ganzen Jahre gestiegen, was eher ungewöhnlich ist. Daran sieht man, dass die Figuren, jetzt auch die neue von Steffi, gut ankommen. In den Figuren liegt auf jeden Fall der Reiz dieser Krimis.

teleschau: Sind die Figuren das alleinige Erfolgsrezept, sodass der Fall fast egal wird?

Martens: Ganz egal sicher nicht. Bei den Fällen gibt es stärkere und schwächere Folgen. Die Figuren und der leise Alltagshumor, der die Reihe nie ganz verlassen hat, sind aber entscheidend. "Ein starkes Team" bringt einen sehr menschlichen Humor mit. Einen, der mit Liebe auf die kleinen Leute blickt. Ich denke, das ist auch ein Erfolgsrezept. Es ist auf jeden ein Grund, warum ich immer noch dabei bin.