Eine geheime russische U-Boot-Einheit könnte das Unterwasserkabelnetz sabotieren, von dem unser Internet abhängt
Die russische Bedrohung für die Unterwasserkabel, auf die der Westen für die Internetverbindung angewiesen ist, wird nach Informationen eines Nato-Beamten immer akuter. Angeblich sollen die Kabel von einer Spezialeinheit für Unterwassersabotage beobachtet werden.
Der Beamte erklärte im Gespräch mit Business Insider (BI), dass die westliche Allianz ihre Maßnahmen zum Schutz der Kabel verstärke. Das ist eine Reaktion auf die Befürchtung hin, dass die russische Generalstabsdirektion für Tiefseeforschung die Kabel ins Visier genommen hätte.
"Seit dem Beginn des russischen Krieges in der Ukraine haben die Bedrohungen für die Unterwasserinfrastruktur, einschließlich der Öl- und Gaspipelines sowie der Datenkabel, zugenommen", berichtet die Quelle.
"Die Verbündeten warnen seit langem vor der Gefahr, die von russischen Spionageschiffe und Sabotageschiffen, die auf den Routen der Unterwasserkabel patrouillieren, ausgeht. Besonders die kritischen Unterwasserinfrastrukturen könnten betroffen sein."
Zuvor hatten zwei US-Beamte am 13. September "CNN" erklärt, Russland habe eine geheime U-Boot-Einheit namens Generalstabshauptdirektion für Tiefseeforschung eingesetzt. Diese Einheit ist unter dem russischen Akronym GUGI bekannt ist. Ihr Ziel besteht darin, die Kabel der Unterwasserinfrastruktur, die der Westen für stabiles Internet braucht, zu beobachten und möglicherweise durch Sabotage zu zerstören.
Die Kabel verlaufen Tausende von Meilen unter dem Meer zwischen Europa und Nordamerika. Sie transportieren alles, von Kommunikation bis hin zu Streaming und Finanzdaten.
Ein Pentagon-Beamter erklärte BI, dass diese Berichte „uns bekannt“ seien. Er könne aber zu diesem Zeitpunkt nichts weiter dazu sagen.
Einheit ist auf Sabotage der Unterwasserinfrastruktur spezialisiert
Analysten warnen seit langem davor, dass Russland die Kabel, die sich ungeschützt über Tausende von Meilen unter Wasser erstrecken, angreifen und ausschalten könnte.
Die Kabel, die während des Ersten Weltkriegs Telegrammdaten transportierten, wurden lange Zeit als militärische Ziele betrachtet.
Die Welt wird jedoch immer abhängiger von Internetdaten. Daher ist das Potenzial für Störungen durch Sabotage der Unterwasserinfrastruktur größer geworden. Die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen haben sich im Zuge der Invasion in der Ukraine verschlechtert. Daher, signalisiert der Kreml, sind die Kabel ein legitimes Ziel.
Dmitri Medwedew ist der stellvertretende Vorsitzende des russischen Sicherheitsrates. Er warnte im Juni, dass Russland die Kabel als Reaktion auf die Zerstörung der Nordstream-Pipeline angreifen könnte.
Das scheint keine leere Drohung zu sein. Die GUGI rüstet Berichten zufolge ihre Operationen auf. Diese Spezialeinheit wurde während des Kalten Krieges gegründet. Sidharth Kaushal, Analyst bei der Londoner Denkfabrik Rusi, verriet BI, dass die Hauptziele der Einheit „Überwachung, Spionage und Sabotage“ seien. Sie operiere wegen der Sensibilität ihrer Aufgaben nicht als Teil der Marine, sondern unter dem direkten Kommando des russischen Verteidigungsministeriums.
Die Einheit betreibt eine kleine Flotte spezialisierter Tiefsee-U-Boote, die in einer Tiefe von rund 2500 Metern operieren können. Zu ihr gehört auch ein Überwachungsschiff, die Yantar, die 2019 in der Nähe sensibler Kabel vor der britischen Küste gesichtet wurde.
So agiert die Eliteeinheit GUGI
Wie BI bereits berichtet hat, scheint es sich bei GUGI um eine Eliteeinheit zu handeln, der man nur schwer beitreten kann. Zu Sowjetzeiten mussten die Kandidaten Offiziere sein und mindestens fünf Jahre Erfahrung im U-Boot-Dienst haben.
GUGI-Mitglieder erhalten „beträchtliche Gehälter“, da die Organisation ihre „effektiven Gehälter als eine Einsatzprämie behandelt, die sich nach der Zeit richtet, die sie in extremen Tiefen verbringen“. Das erläuterte Kaushal in einem Bericht aus dem vergangenen Jahr. "Infolgedessen verdiente das GUGI-Personal im Jahr 2012 600.000 Rubel" oder etwa 5800 Euro im Monat.
Es gibt bereits Hinweise darauf, dass russische Einheiten Unterseekabel manipuliert haben könnten. Experten zufolge spielten russische Einheiten wahrscheinlich eine Rolle beim Verschwinden kilometerlanger Kabel in der Nähe der Lofoten vor der Küste Norwegens im Jahr 2021.
Kaushal sagte, dass GUGI im Falle eines direkten Konflikts zwischen Russland und einem Nato-Staat wahrscheinlich zuerst versuchen würde, militärische Kabel zu kappen. Insbesondere solche, die die Verfolgung russischer Militär-U-Boote ermöglichen.
Die Einheit könnte aber auch die Kabel bedrohen, von denen die zivile Kommunikation abhängt. Es sei ein "nützliches Mittel für kalibrierten Zwang", sagte er.
Natürlich können auch Stürme oder versehentlich Anker die Kabel beschädigen. Aber eine kalkulierte Sabotage könnte Schäden der Unterwasserinfrastruktur in einem anderen Ausmaß verursachen.
"Es würde einige Zeit dauern, bis man sich von einer gezielten Sabotagekampagne erholt hätte", sagte Mark Cancian, Analyst beim Think Tank "CSIS" in Washington, DC.
Die Nato verstärkt ihre Patrouillen
In einem kürzlich erschienenen Bericht forderten die Experten des "CSIS" die Länder auf, ihre Bemühungen zum Schutz der Unterwasserinfrastruktur vor Sabotage zu verstärken. Sie warnten, dass ohne koordinierte internationale Bemühungen zum Schutz dieser Kabel die Risiken von Störungen, Spionage und wirtschaftlicher Instabilität weiter zunehmen werden.
Der Nato-Beamte erklärte, die Allianz habe "die Seepatrouillen in der Nähe von Unterwasserinfrastrukturen verstärkt." Er sagte: "Der Nordatlantikrat der Nato hat deutlich erklärt, dass jeder vorsätzliche Angriff auf die kritische Infrastruktur der Nato-Staaten mit einer gemeinsamen und entschlossenen Antwort beantwortet wird."
Da sich jedoch kein westliches Land offiziell im Krieg mit Russland befinde, sei unklar, was über die Überwachung der Aktivitäten russischer Schiffe wie der GUGI in der Nähe sensibler Unterseekabel hinaus getan werden könne, betont Kaushal.
"Schwieriger ist die Frage, welche Einsatzregeln es gibt, wenn in Friedenszeiten verdächtige Aktivitäten in internationalen Gewässern stattfinden und es keine rechtliche Grundlage gibt, russischen Plattformen den Zugang zu verweigern", sagte er.
Dieser Artikel wurde von Muriel Dittmar aus dem Englischen übersetzt. Das Original findet ihr hier.