Geld verdienen mit Naturschutz - Jede Stunde verschwindet eine: So wollen deutsche Tüftler das Artensterben stoppen

Waldsterben und andere Folgen der Klimakrise: Umweltverbände apellieren an Parteien<span class="copyright">Matthias Bein/dpa</span>
Waldsterben und andere Folgen der Klimakrise: Umweltverbände apellieren an ParteienMatthias Bein/dpa

Jede Stunde verschwinden ein bis zwei Arten von unserer Erde. Die Biodiversitätskrise schreitet unbemerkt voran und bedroht die Umwelt und unsere Lebensgrundlagen. Eine innovative Technologie des deutschen Startup Hula Earth könnte nun die Lösung sein - und eine wirtschaftliche Grundlage für den Naturschutz schaffen.

Früher reichte die Lebensspanne eines Menschen nicht aus, um das Aussterben von Arten zu beobachten, weder in der Tier- noch in der Pflanzenwelt. Heute ist das anders. Jede Stunde verschwinden ein bis zwei Tier- oder Pflanzenarten von unserem Planeten. Dass die Menschheit davon kaum Notiz nimmt, liegt unter anderem daran, so die Expertin Frauke Fischer gegenüber FOCUS online Earth, „dass wir die meisten Arten gar nicht kennen“.

Unbemerkt schreitet rund um den Globus eine Krise voran, die ebenso groß, wenn nicht noch größer ist als die Klimakrise: die Biodiversitätskrise. In den letzten 50 Jahren ist die Artenvielfalt um 69 Prozent zurückgegangen - ein irreversibler Verlust für unseren Planeten. Nach Angaben der Weltnaturschutzunion (IUCN) hat sich die Zahl der Tier- und Pflanzenarten, die auf der Roten Liste stehen, seit dem Jahr 2000 mehr als verdoppelt.

Planet in der Krise

„Unsere Welt schreit nach Veränderung. Der aktuelle Zustand der Biodiversität ist schlecht", warnte Elizabeth Maruma Mrema, Chefin der UN-Biodiversitätskonvention, auf dem letzten UN-Weltnaturgipfel. "Neunzig Prozent der Ökosysteme weltweit sind verändert, eine Million Arten sind vom Aussterben bedroht. Unser Planet befindet sich in einer Krise.“

Auch in Deutschland nimmt die biologische Artenvielfalt ab. Der Bestand vieler Arten ist rückläufig, wie es in der Analyse "Faktencheck Artenvielfalt" heißt, an dem mehr als 150 Autorinnen und Autoren beteiligt waren. Mehr als die Hälfte der unterschiedlichen Lebensraumtypen in Deutschland ist demnach in einem ökologisch unzureichenden oder schlechten Zustand.

Das hat weitreichende Folgen. "Die Population von Vögeln im Agrar- und Offenland sind in knapp 40 Jahren um mehr als die Hälfte zurückgegangen", heißt es im Bericht. Stark gesunken sei auch die Vielfalt der Insekten. Zwar entwickelten sich einige Arten positiv, zum Beispiel bei den Libellen, weit mehr zeigten aber negative Entwicklungen, darunter viele Schmetterlingsarten. Fast ein Drittel aller Arten in den Roten Listen sind bestandsgefährdet, also vom Aussterben bedroht oder stark gefährdet.

Die unsichtbare Krise, die über unser Fortleben entscheidet

Um die Biodiversitätskrise zu lösen, braucht es fundierte Messdaten, die nötige Finanzierung und den Willen von Politik und Wirtschaft. Wie viele Arten sind vom Aussterben bedroht? Wie lässt sich Renaturierung finanzieren - und was muss getan werden? Das Problem: Oft fehlen fundierte Daten. Zudem sind die Kosten für den Naturschutz immens, bilanziert die UN in ihrem Biodiversitätsprogramm. Derzeit werden weltweit nur 133 Milliarden US-Dollar in naturbasierte Lösungen investiert. Bis 2030 müssten sich diese Investitionen mindestens verdreifachen, bis 2050 auf das Vierfache des heutigen Niveaus steigen, heißt es aus UN-Kreisen.

Eine Lösung, die sowohl die Daten- als auch die Finanzierungsprobleme beim Kampf gegen die Biodiversitätskrise angehen will, hat das deutsche Startup Hula Earth entwickelt. Ihr Ziel: Die Echtzeitüberwachung der Biodiversität in Wäldern mithilfe von Sensoren und Satellitendaten. Diese sollen schließlich durch künstliche Intelligenz ausgewertet werden, um nötige Maßnahmen in die Wege leiten zu können.

Zum Hintergrund: Das Herzstück des Systems ist der patentierte Hula BioT, ein autarkes Messgerät, das Umweltparameter und akustische Signale in Echtzeit erfasst und analysiert. Diese Innovation ermöglicht eine Genauigkeit bei der Erfassung der Biodiversität mit minimalen menschlichen Eingriffen, die weit über die Möglichkeiten herkömmlicher Methoden hinausgeht.

Mit revolutionärer Satelliten-Technologie will Startup das Artensterben bremsen

„Das anhaltende Verschwinden von Tier- und Pflanzenarten bedroht nicht nur unsere Umwelt, sondern auch unsere eigene Lebensgrundlage. Um diesen alarmierenden Trend umzukehren, müssen wir ein tiefes Verständnis für unsere Ökosysteme entwickeln", sagt Startup-CEO Florian Geiser. Dies sei nur mit kontinuierlichen und präzisen Messdaten möglich. "Mit den Hula Earth BioTs liefern wir diese essenzielle Datenbasis“, so Geiser.

Um die Lösung für die Umwelt wirtschaftlich zu machen, setzt das Startup auf vertrauenswürdige Zertifikate – und holt sich die Hilfe von renommierten Partnern wie Würth Elektronik. Von der Auswahl der richtigen Komponenten bis zum Testing bringt der Elektronik-Spezialist die Hula-Prototypen bis zur Serienreife. „Wir wollen Technologien ermöglichen, die nicht nur innovativ, sondern auch nachhaltig sind", sagt Würth-Elektronik-CTO Alexander Gerfer zu FOCUS online Earth. Es gebe eine moralische Verpflichtung, "Technologien zu fördern, die einen positiven Beitrag zum Schutz der biologischen Vielfalt leisten und eine zukunftsfähige Umwelt sichern.“.

„Mehr als die Hälfte des EU-Bruttosozialprodukts sind von der Natur abhängig“

Die Umwelt für die Zukunft zu schützen, ist nicht nur aus moralischen Gründen essenziell. Die Wirtschaft profitiert enorm von einer intakten Natur, bestätigt die Biologin und Expertin für Biodiversität, Frauke Fischer. „Mehr als die Hälfte des Bruttosozialprodukts sind direkt oder indirekt abhängig von den Leistungen der Natur. Bei einem Bruttosozialprodukt der EU von knapp 16 Billionen Euro im Jahr 2022 gehen also mindestens acht Billionen Euro auf das Konto der Natur. Rein rechnerisch ist das die Summe, die die Natur in den EU-Haushalt einzahlt.“

Weiter schreibt sie: "Rein ökonomisch sollten wir uns also alle für den Erhalt der Natur stark machen, ist sie ja unser bester – und vor allem unersetzlicher – Dienstleister. Besonders gilt dies übrigens für die Baubranche, die Landwirtschaft und den Lebensmittelsektor, die für ihre jeweiligen Geschäftsmodelle besonders auf intakte Natur angewiesen sind."