Geldhorte in der Eurozone schmelzen mit Ende der Negativzinsen

(Bloomberg) -- Nach dem Ende des achtjährigen Experiments der Europäischen Zentralbank mit negativen Zinssätzen ist die Nachfrage nach Euro-Banknoten zurück gegangen. Das deutet darauf hin, dass Haushalte, Unternehmen und Banken ihre Bargeldhorte auflösen, die sie zur Umgehung von Einlagengebühren angelegt hatten.

Banknoten im Umlauf sind seit der Woche zum 22. Juli - dem Tag nach der Zinsanhebung der EZB - zurückgegangen. Seitdem haben Banknoten im Wert von 16,8 Milliarden Euro das System verlassen - der größte Rückgang seit Anfang 2020.

Aus den Wochenausweisen der EZB geht hervor, dass Rückgänge im Januar nach einem Nachfrageschub vor den Weihnachtsfeiertagen üblich sind, in der Jahresmitte hingegen eher selten. Bankenverbände in Deutschland vermuten, dass das Ende der Negativzins-Politik der EZB ein Grund dafür sein könnte. Eine schlüssige Erklärung für den Trend gibt es gleichwohl nicht.

“In den letzten 30 Tagen ist der Wert der umlaufenden Euro-Banknoten um etwa 1% gesunken”, sagte ein EZB-Sprecher. “Dies kann darauf zurückgeführt werden, dass die Banken Banknoten mit höherem Nennwert - hauptsächlich 500- und 200-Euro-Scheine - aus den Tresoren auf ihre Zentralbankkonten zurückbringen.”

Der Wert der im Umlauf befindlichen 500-Euro-Scheine fiel im Juli so stark wie seit drei Jahren nicht mehr und verzeichnete den drittstärksten Rückgang, seit die EZB Ende 2018 die Produktion einstellte. Der Schwund der 200-Euro-Scheine im vergangenen Monat war der stärkste, der jemals gemessen wurde.

Rund 1,6 Billionen Euro sind derzeit im Umlauf, wobei nur etwa ein Fünftel für Transaktionen innerhalb der Eurozone verwendet wird, wie die EZB im vergangenen Jahr ermittelte. Bis zu 50% werden von Haushalten, Unternehmen und Banken physisch aufbewahrt, der Rest wird außerhalb des Währungsraums gehalten.

Als die EZB im Jahr 2014 erstmals Negativzinsen einführte, fingen die Banken die Kosten zunächst auf und versuchten dann, die Belastung zu umgehen oder weiterzugeben. Nach Angaben des Verbraucherportals Biallo erhoben im Mai mehr als 580 deutsche Kreditinstitute Einlagegebühren von ihren Kunden. Diese Zahl sank letzte Woche auf 35 und dürfte spätestens im Oktober auf Null sinken, so das Portal.

Dieser Politikwechsel könnte einige Verbraucher und Unternehmen dazu bewegen, ihre in den letzten Jahren angehäuften Bargeldreserven abzubauen. Finanzinstitute, die sich mit Banknoten eingedeckt haben, könnten dasselbe tun: Der deutsche Rückversicherer Munich Re experimentierte 2016 mit der Lagerung von Euro in Tresoren, allerdings hat sich der Trend nicht durchgesetzt.

Überschrift des Artikels im Original:

No Negative Rates, Less Need for Cash: Euros Return to the ECB

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