Gemobbt, verlacht, beschimpft: "Goodbye Deutschland!"-Drag-Teen gibt nicht auf!

Depressiv werde er manchmal, denke viel an früher: "Goodbye Deutschland!"-Auswanderer und Make-up-Fan Sydney Raab (16), der mit seiner Familie nach Florida ausgewandert war, wollte dort sein altes, schwieriges Leben hinter sich lassen. Doch das war gar nicht so leicht, wie die VOX-Doku zeigte ...

Nur noch geweint habe er teilweise, gestand Sydney Raab (16) in der aktuellen Folge der VOX-Doku "Goodbye Deutschland! Die Auswanderer". In Cape Coral, Florida, USA, wohin er vor einigen Monaten mit seinen Tätowierer-Eltern und zwei älteren Geschwistern Melissa und Marvin gezogen war, hatte der sensible Teenager einfach zu viel Zeit zum Nachdenken. Eigentlich hatte er hier seinen High-School-Abschluss machen wollen, doch da sein bereits absolvierter deutscher Realschulabschluss quasi gleichwertig war, durfte er das nicht, war nun etwas planlos und ließ sich von vergangenen Verletzungen einholen.

Schon in der Grundschule sei er mit seiner Art angeeckt, erzählte er: "Ich war laut, ich war einfach ich, ich hab' zum Beispiel zwei verschiedene Schuhe tragen wollen in die Schule, ein lustiges, buntes Oberteil ..." Auch Klamotten, die man gemeinhin eher Mädchen zuspricht, mochte er gern. "Meine Lehrer fanden das gar nicht toll, dass ich ein bisschen der Norm nicht entspreche, haben versucht, mich meinen Eltern wegzunehmen, haben das Jugendamt angerufen, die Polizei ..." Er habe sich gefühlt, als ob er nicht so sein dürfe, wie er nun mal war. Mit kaum zitierfähigen Schmähungen sei er bedacht worden und in den Pausen von Mitschülern herumgeschubst, angespuckt und getreten ... Wunden, die auch Jahre später noch schmerzen.

"Darum geht's doch: Nimm einfach jeden Menschen an, wie er ist!"

Sein Leiden belastete auch seine Eltern Sonja (49) und Stefan Raab (48, nein, nicht der!), die immer zu ihm standen und dabei an ihre Grenzen kamen: "Also, ich war die Jahre ganz oft an dem Punkt, ich war so verzweifelt und erschöpft, ich hab echt gedacht, ich schaff's nicht mehr", erinnerte sich Sonja, und Tränen schossen ihr in die Augen. Tag und Nacht hätten sie damals Angst um Sydney gehabt, erzählte Stefan: "Dass er abhaut mitten in der Nacht, dass er sich von der Brücke schmeißt - und das mit acht!" Aber die Familie hielt durch, hielt zusammen, und Sydney war dafür sehr dankbar: "Ich würde wirklich nicht wissen, wo ich bin, ohne meine Eltern teilweise. Viele Kinder haben keine Eltern wie ich."

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Ihnen sei es zu verdanken, dass er heute selbstbewusst zu sich stehen könne: genderfluid, also mal eher männlich, mal eher weiblich, dazu ein großer Mode-Fan und eine angehende Dragqueen. Künstler möchte er werden, Menschen unterhalten - oder sie als Make-up-Artist verschönern. Das Talent dafür hat er definitiv, das zeigte er in der Sendung, in der er sich für seinen YouTube-Kanal mit buntem Lidschatten und falschen Wimpern zur Lady stylte. Früher habe sich Sydney oft versteckt, erinnerte sich Mama Sonja, doch diese Zeiten sind nun vorbei. Sie habe viel von ihrem Sohn gelernt: "Geduldig zu sein, gut zuhören - und Toleranz."

Auch ihr Mann Stefan bestätigte, dass sein Sohn ihm "viel beigebracht" hätte: "Das Wichtigste: dass es nicht nur Schwarz-Weiß gibt auf dieser Welt." Sydney dürfe "sein, was er will", darin waren sich beide einig. Denn, so Sonja: "Darum geht's doch: Nimm einfach jeden Menschen an, wie er ist. Und das hat er uns wirklich gelehrt, vom ersten Tag an: Akzeptier mich, wie ich bin, und dann bin ich super. Dann wirst du erkennen, wie toll ich bin."

Anmerkung der Redaktion: Depressionen können mit professioneller Hilfe gelindert oder geheilt werden. Wer Hilfe sucht, auch als Angehöriger, findet sie etwa bei der Telefonseelsorge unter der Rufnummer 0800 – 1110111 und 0800 – 1110222. Die Berater sind rund um die Uhr erreichbar, jeder Anruf ist anonym und kostenlos.