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"Bin gerade echt angefasst": Tim Mälzer kämpft bei "Markus Lanz" mit den Tränen

In der Talkrunde bei Markus Lanz wurde es Mittwochabend sehr emotional: Besonders TV-Koch Tim Mälzer verschlug es die Sprache angesichts der Perspektivlosigkeit für seine Branche.

Zwar hat die Corona-Krise unser Land noch voll im Griff, doch die Lockerungen kommen, nach und nach verkünden die Länder erste Schritte zurück zur Normalität. Familienbesuche sind wieder möglich, Geschäfte öffnen. Doch besonders für Gastronomen dauert die Rückkehr zum Normalbetrieb am längsten. Allerdings bedeutet die Öffnung von Geschäften und Restaurants noch lange keine ökonomische Erholung. Das machte am Mittwochabend SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach in der Talkrunde "Markus Lanz" im ZDF deutlich.

"Corona begleitet uns ja noch anderthalb Jahre mindestens", so der Politiker. Seiner Einschätzung nach wird die eigentliche Pandemie anderthalb bis zwei Jahre laufen. "Aber danach kommt ja die Bewältigung der Krise mit allen ökonomischen Schäden", prognostiziert Lauterbach weiter. Dabei deutete er nicht ganz unbegründet auf einen weiteren Gast in der Talkrunde: Fernsehkoch und Restaurantbesitzer Tim Mälzer.

10,1 Millionen Menschen in Kurzarbeit

Auch Arbeitsminister Hubertus Heil schätzte im Anschluss an Karl Lauterbach die ökonomischen Folgen ein. 10,1 Millionen Menschen seien aktuell in Kurzarbeit, erklärte der SPD-Minister Markus Lanz. Damit würden allerdings Arbeitsplätze gesichert, so Heil. "Ich bin froh, dass wir einen Sozialstaat haben." Weiter erklärte er, dass kein Staat einen Arbeitsplatz garantieren könne, "aber wir können darum kämpfen".

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Man habe in der ersten Strecke mit den Akutmaßnahmen die Brücken gebaut, so Heil. "Wir haben ganze Bereiche - und das betrifft auch die Existenz von Gastronomen und der Arbeit von Herrn Mälzer beispielsweise -, in denen 98 Prozent der sozialversicherten Beschäftigen in Kurzarbeit sind." Es gehe dabei um wirtschaftliche Existenzen, und es müsse nun nach Wegen gesucht werden, aus der Krise herauszufinden.

"Ich bin ja nicht doof, ich verarbeite Informationen"

Als Tim Mälzer, der bis zu diesem Zeitpunkt nur den Ausführungen gelauscht und mit einem Nicken bestätigt hatte, von Moderator Lanz zur aktuellen Situation gefragt wurde, reagierte er sprachlos. Lanz erinnerte ihn an seinen letzten Auftritt vor einigen Wochen, bei dem der Koch sagte: "Wenn es so weitergeht, bin ich in ein paar Wochen pleite."

Nun die Frage - wie sieht es heute aus? Sichtlich emotional angegriffen versuchte Mälzer, eine Antwort zu finden. "Ich hätte gerade die Frage jemanden anderem gestellt, weil ich gerade echt angefasst bin", entgegnete Mälzer. Der Koch kämpfte mit den Tränen, die Stimme versagte. Auf Nachfrage von Lanz konnte er zunächst nicht antworten, erklärte dann aber doch, was gerade ihn ihm vorgehe.

"Ich höre ja zu. Ich bin ja nicht doof, ich verarbeite ja Informationen." Erneut konnte der Koch nicht weiterreden, wollte sogar das Studio verlassen. Ob eine fehlende Perspektive das Thema sei, fragt der Moderator weiter. Schweigen. "Tim Mälzer ist selten jemand, den ich sprachlos erlebt habe", erklärte Lanz, während er sich erneut Hubertus Heil zuwandte. Auch der Minister habe in der vergangenen Zeit oft erlebt, dass Menschen, mit denen er gesprochen habe, in Tränen ausgebrochen seien. "Ich bin kein kalter Hund, Herr Mälzer", verteidigte sich Heil. Mit seinen Aussagen habe er dem Koch nicht zu nahe treten wollen.

Enormer Stress und Perspektivlosigkeit

Nachdem Tim Mälzer sich wieder ein wenig gefangen hatte, entgegnete er, dass er das Handeln der Politik absolut nachvollziehen könne. "Wir sind alle unter einem enormen Stress", so der Koch. Man müsse sich tagtäglich mit neuen Situationen auseinandersetzen. "Und wir reden hier gar nicht über meine Existenz, sondern generell über eine ganze Branche, über Menschen, mit denen ich sehr stark im Austausch bin. Über Mitarbeiter, für die ich mich morgens, wenn ich aufwache, verantwortlich fühle."

Auch er versuche, eine Lösung anzubieten und ihnen Verunsicherungen zu nehmen. Einen seiner Läden, "Die Bullerei", werde er auf jeden Fall durch die Krise bekommen, da er schon zehn Jahre am Markt sei und Rücklagen gebildet habe. "Ich habe aber auch Läden, die rein faktisch jetzt geschlossen werden müssen, weil mir jegliche unternehmerische Vision fehlt, in irgendeiner Form aktiv zu bleiben oder Gelder in die Hand zu nehmen."

Mälzer subventioniere bereits mit seinem Privatvermögen. "Das ist auch ok, das mach ich auch wirklich gerne." Doch wenn einem nun diese Perspektivlosigkeit vor Augen geführt werde, die mit Menschen, Gesichtern und Schicksalen verbunden sind, "dann ist das ganz schön krass". In die Sendung sei Mälzer mit dem Vorsatz gekommen, positive Stimmung zu verbreiten, kreativ zu sein. Dass ihm das so schwerfallen würde, "ist ganz schön knüppelig". Er stehe nun vor der Frage, ob er Mitarbeiter entlassen sollte, den Betrieb einfrieren oder auf Kurzarbeit bleiben sollte.

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