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Germanwings-Absturz: Co-Pilot ließ Flugzeug vermutlich absichtlich abstürzen

Ermittler durchsuchen seine Düsseldorfer Wohnung

Die Flugzeug-Katastrophe über den französischen Alpen ist kein tragisches Unglück. Die Ermittler sind überzeugt: Der Copilot brachte die Germanwings-Maschine selbst zum Absturz. Das Warum ist unklar. Mittlerweile wurde mit Durchsuchung seiner Düsseldorfer Wohnung begonnen.

Ermittler haben mit der Durchsuchung der Düsseldorfer Wohnung des verdächtigen Germanwings-Copiloten begonnen. Sie betraten am Donnerstag das Haus am Stadtrand, in dem der 28-Jährige wohnte. Grundlage ist ein Ersuchen der französischen Justiz.

Der Copilot steht im Verdacht, die Germanwings-Maschine mit weiteren 149 Menschen an Bord am Dienstag vorsätzlich zum Absturz gebracht zu haben. Kriminalbeamte suchen nun nach Hinweisen auf ein mögliches Motiv oder Anzeichen für eine psychische Erkrankung. Auch die Durchsuchung des Wohnsitzes in Montabaur in Rheinland-Pfalz steht unmittelbar bevor.

Das geschah auf Flug 4U9525 - Die zentralen Aussagen der Ermittler

  • Der Copilot hat den Sinkflug selbst ausgelöst und den Airbus mit 150 Menschen an Bord absichtlich zum Absturz gebracht.

  • Er war zum diesem Zeitpunkt allein im Cockpit - der Pilot war aus der Kabine ausgesperrt.

  • Auf einen terroristischen Anschlag deutet nach derzeitigem Stand nichts hin.

  • Der Copilot war der 28 Jahre alte Andreas L. Über seine Motive ist bisher nichts bekannt.

  • Auf Ansprache des Towers in den letzten acht Minuten vor dem Zerschellen der Maschine reagierte der Mann nicht, ein Notruf wurde nicht abgesetzt.

  • Der Pilot konnte nach einem Gang zur Toilette die automatisch verriegelte Kabine nicht mehr öffnen. Zuletzt hämmerte er mit der Crew von außen an die Tür.

  • Der Stimmenrekorder zeichnete bis zum Aufprall schweres Atmen aus dem Cockpit auf. Der Copilot war also am Leben.

  • Schreie von Passagieren sind erst in den letzten Sekunden zu hören.

  • In den ersten 20 Minuten nach dem Start unterhielten sich Pilot und Copilot ganz normal.

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Der Copilot der verunglückten Germanwings-Maschine hat nach Erkenntnissen der Ermittler den Sinkflug selbst ausgelöst und so den Airbus absichtlich zum Absturz gebracht. Er sei zu diesem Zeitpunkt allein im Cockpit gewesen, der Pilot sei aus der Kabine ausgesperrt gewesen, sagte der Marseiller Staatsanwalt Brice Robin am Donnerstag bei einer Pressekonferenz. «Es sieht so aus, als ob der Copilot das Flugzeug vorsätzlich zum Absturz gebracht und so zerstört hat.» Hinweise auf einen terroristischen Anschlag gebe es nicht. Die Motive des 28-Jährigen sind unklar.

Der Pilot hatte demnach kurz zuvor das Cockpit verlassen, um auf die Toilette zu gehen, und das Kommando seinem Kollegen übergeben. Als er zurück ans Steuer wollte, habe er die automatisch verriegelte Kabinentür nicht mehr öffnen können, schilderte der Staatsanwalt. Die plausibelste Deutung gehe dahin, dass der Copilot vorsätzlich verhindert habe, dass die Tür geöffnet werde. Auf Ansprache des Towers habe der Mann nicht reagiert. Ein Notruf sei nicht abgesetzt worden.

Keine Hinweise auf terroristischen Hintergrund
Der Name des Copiloten wurde mit Andreas L. angegeben. Laut Robin war der 28-Jährige nicht als Terrorist erfasst. Bekannt war bereits, dass der Mann seit 2013 bei Germanwings beschäftigt war und aus dem rheinland-pfälzischen Montabaur stammte. Der Co-Pilot war wohl Mitglied des Fliegervereins LSC Westerwald - der Verein schaltete bereits vor der Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft eine Traueranzeige auf seiner Webseite. "Er konnte sich seinen Traum erfüllen, den Traum, den er jetzt so teuer mit seinem Leben bezahlte", heißt es darin.

«Die Schreie der Passagiere hören wir erst in den letzten Sekunden auf dem Band»
Der Stimmenrekorder habe bis zuletzt schweres Atmen aus dem Cockpit aufgezeichnet, gesagt habe der Copilot nichts mehr, erklärte der Staatsanwalt. In den letzten Minuten, bevor der A320 mit 150 Menschen an Bord an einer Felswand zerschellt sei, hätten der ausgesperrte Kapitän und die Crew von außen gegen die Cockpit-Tür gehämmert. «Die Schreie der Passagiere hören wir erst in den letzten Sekunden auf dem Band», sagten die Ermittler. In den ersten 20 Minuten nach dem Start haben sich Pilot und Copilot demnach ganz normal unterhalten.

Der zweite Flugschreiber sei noch nicht gefunden, sagte Robin weiter. Zuvor hatte er die aus Düsseldorf und Barcelona angereisten Hinterbliebenen der Todesopfer informiert. Die Bergung und Identifizierung der Opfer könne mehrere Wochen dauern.

Kurz vor Beginn der Pressekonferenz in Marseille hatte bereits ein Düsseldorfer Staatsanwalt Medienberichte bestätigt, wonach einer der Piloten aus dem Cockpit ausgesperrt war. Die «New York Times» und die französische Nachrichtenagentur AFP hatten unter Berufung auf Ermittler berichtet, dass einer der Piloten seinen Platz verlassen und danach versucht habe, die verschlossene Tür einzutreten.

Angela Merkel: «So etwas geht über jedes Vorstellungsvermögen hinaus»

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich am Donnerstag erschüttert über den Absturz in den französischen Alpen. "Wir können kaum das Leid ermessen, das mit dieser Katastrophe über so viele Familien gekommen ist. Wir versuchen zu begreifen, was dort geschehen ist", sagte sie.  "So etwas geht über jedes Vorstellungsvermögen hinaus."

Bestürzung auch im Heimatort des Copiloten

Auch in der Heimatstadt des Copiloten hat die Nachricht, dass der 28-Jährige den Germanwings-Airbus mit 150 Menschen an Bord offensichtlich mit Absicht in die Katastrophe gesteuert hat, große Bestürzung ausgelöst. Eine Nachbarin im rheinland-pfälzischen Montabaur sagte der dpa: «Das kam für mich wie ein Schlag ins Gesicht. Das kann man sich gar nicht vorstellen. Das ist tragisch.» Sie habe keinen Kontakt zu dem Copiloten gehabt. «Aber wenn es Nachbarn sind, berührt es einen ganz besonders, egal wie gut man sich kennt. Ich denke ständig daran.»

Die Polizei hat in der Straße, die zum Elternhaus des Mannes führt, Einsatzfahrzeuge quergestellt, um Autos an der Durchfahrt zu hindern. In der Gegend sind mehrere Kamerateams unterwegs und versuchen, mit Nachbarn zu sprechen. Die Bewohner der Straße haben sich jedoch in ihre Häuser zurückgezogen. Einige schauten hinter Gardinen oder halb heruntergelassenen Läden nach draußen.



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