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Die Geschichte des Laufens - vom Jäger bis zum Jogger

Ein Jogger ist im Englischen Garten in München unterwegs. Bewegung liegt in der Natur des Menschen - von Anfang an.
Ein Jogger ist im Englischen Garten in München unterwegs. Bewegung liegt in der Natur des Menschen - von Anfang an.

Heute bewegen sich die meisten Menschen, um fit zu bleiben. Das war aber nicht immer so. Einst diente Laufen dem Überleben. Wie aus der Jagd ein Volkssport wurde.

Berlin (dpa) - Laufen boomt. Der Sport ist in Corona-Zeiten angesichts geschlossener Schwimmbäder und Fitnessstudios äußerst beliebt. Der jährliche Welttag des Laufens (Global Running Day) soll dazu motivieren, die Joggingschuhe anzuziehen und sich zu bewegen.

Heute finden weltweit Laufveranstaltungen statt. Aber waren die Menschen eigentlich schon immer Läufer?

JÄGER: Gelaufen wurde bereits in der Steinzeit. Das belegen Höhlenmalereien. «Bewegung liegt in der Natur des Menschen - von Anfang an. Wenn er es eilig hatte, ist er eben gelaufen», sagt Andreas Höfer, Direktor des Deutschen Sport- und Olympiamuseums in Köln. Das hatte einen einfachen Grund: Wenn die Menschen Hunger hatten, mussten sie sich bewegen, um an Nahrung zu kommen.

Ein Beispiel dafür ist das Volk der San im südlichen Afrika. Seit Jahrtausenden nutzen die Ureinwohner, dass der Mensch «biologisch bedingt ein sehr ausdauernder Läufer ist», wie Michael Krüger vom Institut für Sportwissenschaft an der Universität Münster erklärt. «Der Große Tanz» wird eine bis zu 40 Stunden dauernde Hetzjagd genannt, bei der die San große Kudu-Antilopen bis zur Erschöpfung vor sich hertreiben. Da die Antilopen Wiederkäuer sind, brauchen sie Pausen. Weil die San ihrer Beute aber immer hinterherlaufen, machen die Tiere irgendwann schlapp und sind dann einfach zu erlegen.

SCHRITTZÄHLER: Gelaufen wurde nicht nur wegen der Nahrung. In der Antike war Laufen auch eine Art Beruf. Es ging darum, «Entfernungen zu messen und dokumentieren zu können, wie weit man in unbekanntes Terrain vorgedrungen war», erklärt Sporthistoriker Krüger. Ein bekanntes Beispiel ist Alexander der Große, der auf seine Feldzüge sogenannte Bematisten, also Schrittzähler, mitnahm. Ihre Aufgabe war es auch, die Landschaft zu kartographieren.

Daneben gab es Botenläufer. Laufen diente also auch der Übermittlung von Nachrichten. Sporthistoriker Krüger verweist in seinem Buch «Einführung in die Geschichte der Leibeserziehung und des Sports» auf den wohl berühmtesten Botengang der Geschichte: Der Marathon-Lauf hat seinen Ursprung in einer antiken Legende. Im Jahr 490 v. Chr. stand auf der Küstenebene bei Marathon westlich von Athen ein zahlenmäßig weit überlegenes Heer der Perser den Streitkräften Athens gegenüber. Dennoch gingen die Athener als Sieger aus der Schlacht hervor. Der siegreiche Feldherr Miltiades schickte einen Boten in die etwa 40 Kilometer entfernte Heimat. Angeblich konnte der völlig erschöpfte Krieger auf dem Marktplatz Athens gerade noch verkünden: «Wir haben gesiegt!» Dann brach er zusammen und starb.

ATHLETEN: Bis es der Marathon zu den Olympischen Spielen schaffte, sollten aber noch viele Jahrhunderte vergehen. Bei den ersten schriftlich belegten Olympischen Spielen im Jahr 776 v. Chr. gab es mit dem «Stadionlauf» nur einen Wettbewerb. Der Sieger über die Strecke von 600 Fuß durfte zu Ehren von Göttervater Zeus das Feuer entzünden. Auch, weil Füße ungleich groß sein können, hatte die älteste olympische Disziplin je nach Ort unterschiedliche Längen: Das Stadion in Olympia etwa war 192,28 Meter lang, das in Delphi 177,55 Meter. «Es gab damals keine Zeitmessung. Es ging einzig und allein darum, der Beste zu sein und den Wettkampf zu gewinnen», erklärt Sporthistoriker Höfer.

Bei späteren Spielen kamen weitere Laufstrecken dazu, wie einer über zwei Stadionlängen oder ein Langlauf, für den häufig eine Distanz über 20 Stadien angegeben wird - also zwischen etwa 3,5 bis 3,8 Kilometer.

Erst 1896 gab es den ersten offiziellen Marathonlauf. Zur Premiere bei den Olympischen Spielen der Neuzeit betrug die Strecke in Athen zunächst knapp 40 Kilometer. Die heute gültige Distanz wurde bei den Olympischen Spielen 1908 in London gelaufen, wie Krüger erläutert. Das englische Königshaus äußerte den Wunsch, den Start vom Fenster des Schlosses Windsor aus zu sehen. Der daraus entstehende Kurs bis in die Innenstadt Londons betrug - rein zufällig - genau 42,195 Kilometer.

JOGGER: Damit Läufer zu Joggern wurden, mussten diese sich auf der Straße zeigen. Einer der ersten, der das erkannte, war der Leichtathletiktrainer Arthur Lydiard. Im Jahr 1962 gründete er den ersten Jogging-Klub der Welt in Neuseeland. Kurz danach brachte der US-Amerikaner Bill Bowerman die Idee nach einem Besuch aus Neuseeland zurück in seine Heimat und damit in die Welt. Dass sich die Jogging-Bewegung fortan verbreitete, geschah für Bowerman nicht ganz uneigennützig. Als einer der Gründer eines US-Sportartikelherstellers war er an der Entwicklung moderner Laufschuhe beteiligt.

Durch die Bewegungskampagne des Deutschen Sportbunds «Trimm Dich Fit» habe die Jogging-Welle ab 1970 auch Deutschland erreicht, so Höfer. Wichtig für den Durchbruch als Massensport war nach seiner Ansicht das Motto: «Jederzeit kann man an jedem Ort loslaufen.» Seitdem wird Joggen oder Laufen immer populärer. Die Laufbewegung in Deutschland umfasst nach Angaben des Deutschen Leichtathletik-Verbandes über 20 Millionen Menschen, dazu gibt es etwa 3700 Lauftreffs.