Gesellschaft: Warum wir selten zu unseren Fehlern stehen

Peng! Klirr! Beim Kicken ist das Glas kaputt gegangen. Der Übeltäter verharrt noch eine Schrecksekunde, seine Freunde flüchten. Bloß schnell weg hier!

Laut krachend zerspringt der Blumentopf auf dem Asphalt. Rote Geranienblüten zittern zwischen tausend Scherben, die Erde spritzt umher. Mit der ganzen Wucht des Fluges von oben ist der Topf auf dem Gehweg der Motzstraße in Schöneberg gelandet, genau an der Stelle, auf die Christiane gerade ihren linken Fuß setzen wollte, einen Sekundenbruchteil später wären Kopf und Körper gefolgt. Entsetzt zuckt sie zurück, hält die Luft an, schaut auf den Scherbenhaufen vor ihren Füßen und dann nach oben. „Wer war das?!“, entfährt es ihr – und im gleichen Moment schießt ihr durch den Kopf, dass es eigentlich völlig egal ist, wer das war.

Wie eine Chiffre für den abwesenden Täter klafft auf der Balkonbrüstung im vierten Stock eine Lücke zwischen den Töpfen. War’s der Wind, der Wind, das himmlische Kind, wie Hänsel und Gretel auf die Frage der Hexe antworteten, die wissen wollte, wer an ihrem Knusperhäuschen genascht hat? Doch an diesem sonnigen Frühsommertag steht die Sonne hoch und es rührt sich kein Lüftchen. Christiane seufzt und rollt mit den Augen. „Genaugenommen hat man ja gar nichts davon, wenn man weiß, wer den Blumentopf vom Balkon geworfen hat. Genaugenommen kann man sich nur darüber freuen, dem Unglück knapp entronnen zu sein“, sagt sie und fährt sich mit der Hand durch die langen dunklen Haare.

Es dauert eine Weile, bis Christiane das Ganze als Glücksfall nehmen kann. Zunächst hat es ihr die Sprache verschlagen. Einmal mehr, als sich einen Augenblick später der Verursacher dann doc...

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