Gespräch mit Gegner der Ukraine-Hilfen: Selenskyj trifft Trump in New York
Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj hat bei seinem mehrtägigen Besuch in den USA auch den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump getroffen - einen entschiedenen Gegner der US-Milliardenhilfen für Kiew, der die Ukraine-Politik der USA bei einer Wiederwahl komplett revidieren könnte. Selenskyj und der Immobilienmilliardär kamen am Freitag zu einem kurzen Austausch im Trump Tower in New York zusammen, nachdem in den Tagen zuvor noch über eine Absage des Treffens spekuliert worden war.
Im Anschluss an das Gespräch wiederholte Trump seine bekannte Position, dass er für den Ukraine-Krieg eine Lösung parat habe. "Es ist eine Schande, aber dieser Krieg hätte nie passieren dürfen", sagte der 78-Jährige. Es sei ein "kompliziertes Puzzle", aber "wir werden das gelöst bekommen".
Der ukrainische Präsident äußerte sich "dankbar" für ein "sehr produktives Treffen". Er und Trump hätten viele Details besprochen, auch habe er Trump seinen "Siegesplan" vorgelegt, schrieb Selenskyj. "Wir haben uns eingehend mit der Lage in der Ukraine und den Folgen des Krieges für unser Volk befasst."
Selenskyj erwähnt seit geraumer Zeit den von ihm so genannten "Siegesplan", der ein Ende des Ukraine-Krieges herbeiführen soll. Details aus diesem Vorhaben sind bisher nicht öffentlich gemacht worden.
Trump ist ein vehementer Kritiker der US-Milliardenhilfen für die Ukraine und drängt die Führung in Kiew dazu, mit Russland ein Abkommen zu schließen. Er hatte Selenskyj in den vergangenen Tagen scharf kritisiert und erklärt, der ukrainische Präsident sei "wahrscheinlich der größte Geschäftsmann der Welt". Bei jedem seiner Besuche in den USA habe dieser am Ende "60 Milliarden Dollar" mitgenommen.
Zugleich warf Trump dem ukrainischen Staatschef vor, sich einem "Deal" mit Russland zu verschließen. Kritiker sehen in einem solchen "Deal" hingegen eine de-facto-Kapitulation der Ukraine und werfen Trump vor, damit die Position des russischen Präsidenten Wladimir Putin zu übernehmen.
Selenskyj hatte in den vergangenen Tagen bei der UN-Generaldebatte in New York sowie bei einem Besuch in Washington um weitere Unterstützung für sein Land im Krieg gegen Russland geworben. In seiner Rede in der UN-Vollversammlung schloss er aus, dass sich sein Land jemals einem von außen auferlegten Abkommen beugen werde.
Bei seinem Treffen mit US-Präsident Joe Biden am Donnerstag in Washington sicherte dieser dem ukrainischen Präsidenten neue Milliardenhilfen der USA zu und lud zu einem Gipfeltreffen der Ukraine-Kontaktgruppe am 12. Oktober in Deutschland ein. Auch Vizepräsidentin Kamala Harris sprach von "unerschütterlicher" Unterstützung der USA. Das ukrainische Volk verteidige sich "gegen einen brutalen Diktator", sagte Harris über Putin.
Im April hatte der US-Kongress 61 Milliarden Dollar (54,7 Milliarden Euro) an Militärhilfe für die Ukraine bewilligt. Allerdings hatte die Republikanische Partei zuvor auf Geheiß ihres Kandidaten das Geld monatelang blockiert.
Im Rennen um das Weiße Haus liefern sich Trump und Harris in den Umfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Harris steht für eine Fortsetzung der Ukraine-Politik der amtierenden Regierung. Sollte hingegen Trump die Präsidentschaftswahl am 5. November gewinnen, so fürchtet Kiew ein baldiges Ende der US-Militärhilfen.
Von den vielen Skandalen der ersten Amtszeit Trumps blieb unter anderem die Ukraine-Affäre in Erinnerung: Als Präsident forderte er im Sommer 2019 Selenskyj zu Korruptionsermittlungen gegen Joe Biden und dessen Sohn Hunter auf. Als Druckmittel soll Trump eine US-Militärhilfe für Kiew in Höhe von 391 Millionen Dollar zurückgehalten haben. Die Affäre führte zum ersten Amtsenthebungsverfahren gegen Trump, das aber von seinen Republikanern im Senat abgeschmettert wurde.
ju/ck