Gespräch zur "Methode Trump": Illner-Talk schwächelt bei Spezialausgabe

Am 6. November finden in den USA die so genannten Midterm Elections, also die Zwischenwahlen, statt. Zeit für eine Spezialausgabe von “Maybrit Illner”. Mit zwischenzeitlich acht Gästen diskutiert sie darüber, ob Trumps Regierungsweise, die Konfrontation statt Kompromiss will, Deals statt Verträge macht und das eigene Land über alles stellt, bestätigt wird. Und was hat das dann für Auswirkungen auf Deutschland und Europa? Die Vielfalt des Themas führt zu einer gewissen Beliebigkeit der Sendung, obwohl die Gäste stets bemüht waren.

In großer Runde diskutiert Maybrit Illner über die bevorstehenden mid-term-elections und ihre Bedeutung für Europa. Foto: ZDF / Julia Loehr
In großer Runde diskutiert Maybrit Illner über die bevorstehenden mid-term-elections und ihre Bedeutung für Europa. Foto: ZDF / Julia Loehr

Die Zwischenwahlen finden in den Vereinigten Staaten immer genau zwei Jahre nach den Präsidentschaftswahlen statt, diesmal also genau am 6. November. Zwei Drittel der Senatoren und das gesamte Repräsentantenhaus werden bestimmt, und auch ein Teil der Gouverneure muss sich im Amt bestätigen lassen oder wird neu gewählt.

Die Midterm Elections sind also ein Stimmungsbarometer für Trumps bisherige Präsidentschaft. Der hat zuletzt einen großen Sieg gefeiert – zumindest sieht er das so. Brett Kavanaugh ist seit Dienstag einer der neun Richter am obersten Gericht der USA, dem Supreme Court, obwohl sich mehrere Frauen mit Missbrauchsvorwürfen aus ihrer Schul- und Studienzeit gegen ihn zu Wort gemeldet hatten. Kavanaugh wies die Vorwürfe vehement zurück. Trump entschuldigte sich bei ihm und seiner Familie für das “Leid, das ihnen angetan wurde”. Eine inakzeptable Formulierung, sollten sich die Vorwürfe als wahr erweisen.

“Eine fiebrige, chaotische Situation”

Die USA ist also erneut gespalten. Ein Teil ist entsetzt über die jüngsten Geschehnisse, ein anderer Teil steht weiter hinter Kavanaugh und Trump. Ulf-Jensen Röller, Leiter des ZDF-Studios in Washington, versucht zu Beginn der Spezialsendung von Illner, Einblick in Trumps Vorgehensweise zu geben: “Er hat sich über die Familie lustig gemacht. Das ist ein klassischer Donald Trump. Er geht weg von dem Sachargument, hin zu den Emotionen, weil er glaubt, bei einer emotionalen Schlacht gewinne er. Deshalb reagieren die Demokraten auch emotional auf ihn. Wenn er sagt, sie seien böse, sagen die Demokraten Trump sei der Untergang.” Und Röller fügt hinzu: “Trump hält das Land in einer fiebrigen, chaotischen Situation.”

Einer, der dieses Land unverfälscht miterlebt hat, ist Fietje Becker. Der heute 18-Jährige hat vor zwei Jahren ein Austauschjahr in Idaho verbracht und sich dort viel über Schusswaffengebrauch oder Religion mit seiner Gastfamilie auseinandergesetzt. Erst diesen Sommer war er wieder dort und sagt: “America first ist sehr gut angekommen, viele Amerikaner hatten das Gefühl, dass manches falsch gelaufen ist. Auch Obama war bei vielen als Politiker nicht so angesehen, man wollte eine Alternative.” Und: Kaum einer, mit dem er gesprochen hat, bereue es heute, Trump gewählt zu haben, weil er Dinge in die Tat umsetze.

Jeffrey Rathke ist Präsident des American Institute for Contemporary German Studies und versteht, was manche an Trump finden: “Er ist in verschiedenen Dingen sehr gut, beispielsweise wie er die Zyklen der Medienlandschaft erobert hat. Er ist ein Showman und verkauft das, was er erreicht hat als Sieg. Und das glauben viele Leute.”

Auch die österreichische Außenministerin Karin Kneissl kann die Sympathien für den Präsidenten nachvollziehen: “Ich glaube, dass die Aufgabe der Politik darin besteht, zu gestalten und nicht die Menschen in Sorge zurückzulassen. Viele haben eine Sehnsucht nach Planbarkeit. Das zeitgeistige Pendel schlägt schon in die Richtung: Ich will mein Leben unter Kontrolle haben.” Und Trump sorgt anscheinend für diese Planbarkeit.

“Der hat als Kind nie mal vor die Klappe bekommen”

Trotzdem gibt es auch Gäste in der Runde, die kein gutes Haar an dem Präsidenten lassen. Einer von ihnen ist Martin Richenhagen, der noch bis vor kurzem im Beraterstab von Trump war, heute aber sagt: “Ich will mit ihm nichts mehr zu tun haben.” Auf ihn persönlich habe Trump aber auch einen positiven Einfluss. “Wer sich, wie ich, für die Politik interessiert, der regt sich häufig auf. Trump wirkt wie ein Antiallergikum, man kann sich schließlich nicht hundert Mal am Tag aufregen. Ich werde viel gelassener.” Aber Richenhagen kritisiert auch: “Wenn der Präsident einer der größten Demokratien ständig lügt und das einfach so hingenommen wird von seinen Wählern, dann muss man dem auch mal sagen: So geht das nicht. Er hat ja auch Vorbildcharakter.” Später wird es tiefenpsychologisch, als Richenhagen sagt: “Der hat als Kind nie mal einen vor die Klappe bekommen.”

Bundesjustizministerin Katharina Barley sieht Trumps Erfolg darin begründet, dass vor ihm Obama an der Reihe war. “Dieses Unerhörte, dass ein Schwarzer Präsident werden konnte und wiedergewählt wurde, noch dazu mit dieser starken Frau an seiner Seite: Das hat dazu geführt, dass diejenigen, die früher das meiste gemacht haben, – weiß, heterosexuell, uramerikanisch – dass die gemerkt haben: “Moment mal, wir sind nicht mehr das Maß aller Dinge.” Die Wut des vergessenen weißen Mannes als Erklärung für alles.

Doch Rathke verweist darauf, dass es zu Trump auch Gegenreaktionen gebe: “Seit Trump Präsident ist, ist die Unterstützung für internationalen Handel um 25 Prozent gestiegen und auch die Unterstützung für die Nato ist auf einem Hoch.”

Die Diskussion selbst findet kaum ein Hoch. Es wird viel analysiert. Warum ein Mann wie Donald Trump immer wieder derartige Erfolge feiern kann, scheint auch zwei Jahre nach seinem Wahlsieg niemandem so richtig klar zu sein. Auch welchen Einfluss die “Methode Trump” auf Europa hat, bleibt nach der Sendung unklar. Kurz flammt ein Gespräch darüber auf, ob man Nationalismus als Krankheitsbild bezeichnen könne, was Richenhagen bejaht, Kneissl aber nicht so sieht. Und Jeffrey Rathke gibt zu bedenken, dass Europa es auch selbst schaffe, sich zu spalten und dazu nicht mal die Kraft aus Washington bräuchte. Die Sendung verliert sich in der Fehleranalyse, doch das ist vergossene Milch. Besser wäre es, nach den Midterm Elections in die Zukunft zu blicken und eine neue Antwort auf Trump zu finden.