Gesundheit beginnt im Darm - Der Jungbrunnen im Bauch: Wie Ihr Darm das Altern beeinflusst

Der gesunde Darm ist die Wurzel aller Gesundheit.<span class="copyright">Getty Images / Rasi Bhadramani</span>
Der gesunde Darm ist die Wurzel aller Gesundheit.Getty Images / Rasi Bhadramani

Dr. Gerd Wirtz, Experte für Longevity und Gesundheit, erklärt, wie entscheidend eine gesunde Darmflora für ein langes, vitales Leben ist. Erfahren Sie, warum Ihr Mikrobiom so viel mehr ist als „nur Verdauung“ – und wie es Ihre Lebenszeit tatsächlich verlängern kann.

„Der gesunde Darm ist die Wurzel aller Gesundheit.“ – Was Hippokrates, griechischer Mediziner, bereits 300 vor Christus erkannt hat, bekommt heute immer mehr Bedeutung. Neue Studien zeigen, dass eine gesunde Darmflora nicht nur Entzündungen reduziert, sondern auch direkt mit einer höheren Lebenserwartung verknüpft ist.

Was passiert, wenn unsere Darmbakterien alt werden?

Unser Mikrobiom, die Zusammensetzung der verschiedenen Arten der Bakterien in unserem Darm, verändert sich im Alter deutlich. Nützliche Bakterien wie Bifidobacterium- und Lactobacillus-Arten nehmen ab, während andere potenziell schädliche Mikroorganismen zunehmen. So entsteht ein Ungleichgewicht, welches zu chronischen Entzündungen führen kann.

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Dieser Prozess, auch als „Inflammaging“ bezeichnet, fördert chronische Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Probleme, Diabetes und neurodegenerative Krankheiten.

Forschungsergebnisse zeigen, dass spezifische entzündungshemmende Bakterienstämme im Darm einen positiven Einfluss auf die Lebensspanne haben können. Eine größere Vielfalt an Mikroorganismen im Darm wird dabei mit einer geringeren Anfälligkeit für altersbedingte Krankheiten assoziiert (Nature Aging, 2023). Hundertjährige in den „Blue Zones“ – Regionen mit besonders vielen Menschen über 100 Jahren – zeigen oft ein widerstandsfähigeres Mikrobiom, das zu ihrer bemerkenswerten Langlebigkeit beiträgt.

Warum ist Inflammaging so gefährlich?

Chronische, unterschwellige Entzündungen, die durch ein gestörtes Mikrobiom ausgelöst werden, sind oft unbemerkt und dennoch hochgradig schädlich. Diese Art von Entzündungen, auch als „Inflammaging“ bezeichnet, spielt eine zentrale Rolle bei der Entstehung zahlreicher altersbedingter Krankheiten.

Der anhaltende Entzündungszustand überfordert das Immunsystem, das dadurch dauerhaft aktiviert bleibt. Dieser Zustand schwächt nicht nur die Abwehrkräfte, sondern begünstigt auch die Entwicklung und das Fortschreiten schwerwiegender Erkrankungen:

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  • Insulinresistenz und Tumorwachstum: Chronische Entzündungen stören die Insulinverarbeitung und können das Risiko für Typ-2-Diabetes und Krebs erhöhen.

  • Verlust von Muskelmasse: Entzündungsbedingte Fehlregulationen im Muskelstoffwechsel führen zu einem Abbau von Muskelkraft und -funktion, was die Lebensqualität erheblich beeinträchtigt.

  • Beschleunigte Neurodegeneration: Ein gestörtes Mikrobiom kann die Blut-Hirn-Schranke durchlässig machen und neurodegenerative Krankheiten wie Alzheimer fördern.

  • Gefäßschäden: Entzündungen in den Blutgefäßen beschleunigen die Entwicklung von Arteriosklerose und erhöhen das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle.

Zusätzlich beeinträchtigt eine gestörte Darmflora die Nährstoffaufnahme, was den gesamten Organismus schwächt. Ein gesundes Mikrobiom zu fördern, ist daher weit mehr als eine präventive Maßnahme – es ist eine Grundvoraussetzung für ein langes, vitales Leben.

Wie können Sie Ihr Mikrobiom positiv beeinflussen?

Zum Glück können Sie die Zusammensetzung Ihres Mikrobioms aktiv gestalten. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, Ihre Darmflora zu stärken und damit Ihre Gesundheit und Langlebigkeit zu fördern:

Ernähren Sie Ihre Mikroben mit Präbiotika

Ballaststoffe aus Vollkorn, Obst und Gemüse dienen als Nahrung für Ihre „guten“ Darmbakterien. Besonders Präbiotika wie Inulin, das in Chicorée, Knoblauch und Zwiebeln vorkommt, fördern die Vielfalt der Darmflora

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Setzen Sie auf fermentierte Lebensmittel

Probiotika, also lebende Mikroorganismen, können gezielt helfen, ein gestörtes Mikrobiom wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Hier sind fünf Lebensmittel, die Ihre Darmgesundheit fördern:

• Kimchi: Ein Koreanisches Superfood voller Milchsäurebakterien.

• Tempeh: Ein fermentiertes Sojaprodukt, reich an Probiotika und Proteinen.

• Joghurt: Liefert lebende Kulturen wie Lactobacillus.

• Kefir: Fermentierte Milch mit besonders vielen aktiven Kulturen.

• Sauerkraut: Das deutsche Traditionsgericht ist ein echtes Superfood.

Auch Probiotika als Nahrungsergänzungsmittel können empfehlenswert sein, sollten aber gezielt auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt sein.

Fasten

Intervallfasten hat nicht nur positive Auswirkungen auf unsere Zellen, sondern auch auf unsere Darmbakterien. Durch das Fasten nehmen die gesundheitsfördernen Darmbakterien zu (Studie). Ein weiterer Grund also, unserem Körper regelmäßig Fastenphasen zu gönnen.

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Schlafen

Unser Mikrobiom folgt einem täglichen Rhythmus, der von Essenszeiten und Ruhephasen beeinflusst wird. Schlafmangel kann die Vielfalt der Darmflora reduzieren, während eine gesunde Darmflora wiederum für besseren Schlaf sorgt.

Bewegung und Darmgesundheit

Moderate körperliche Aktivität wurde in Studien mit einer erhöhten Diversität der Darmflora in Verbindung gebracht. Sportliche Betätigung fördert die Durchblutung des Darms und kann chronischen Entzündungen entgegenwirken. (Studie).

Stressreduktion

Chronischer Stress kann die Zusammensetzung des Mikrobioms negativ beeinflussen. Methoden wie Meditation, Atemübungen oder einfach ein Spaziergang in der Natur helfen nicht nur Ihnen, sondern auch Ihrem Darm.

Vorsicht bei Antibiotika

Diese Medikamente zerstören leider nicht nur schädliche, sondern auch nützliche Bakterien. Nach einer Antibiotikabehandlung sollten Sie Ihre Darmflora gezielt aufbauen, etwa durch Probiotika und präbiotische Ernährung.

Ihr Mikrobiom im Blick

Wer wissen möchte, wie es um seine Darmflora steht, kann auf moderne Diagnostik zurückgreifen. Darmtests analysieren die Zusammensetzung des Mikrobioms und geben konkrete Empfehlungen für Ernährung und Lebensstil.

Zusätzlich können Biomarker wie hsCRP, Cortisol oder Glukose hilfreiche Hinweise auf den Zustand Ihrer Darmflora liefern. Ihr Arzt kann diese Werte im Rahmen eines Check-ups bestimmen.

Fazit

Die Gesundheit beginnt im Darm – und diese Erkenntnis ist weit mehr als eine Floskel. Eine ausgewogene Darmflora reduziert Entzündungen, stärkt das Immunsystem und kann sogar die Lebensdauer verlängern. Mit einer ballaststoffreichen Ernährung, regelmäßiger Bewegung und einem achtsamen Lebensstil legen Sie die Grundlage für ein langes und vitales Leben. Ihr Darm (und Ihr zukünftiges Ich) wird es Ihnen danken!