Getötete Journalisten: Stimmen, die uns fehlen

Es folgen die Nachrufe auf drei Kollegen.

Im vergangenen Jahr wurden weltweit 61 Journalisten in Ausübung ihres Berufes getötet. An drei von ihnen haben wir in der Berliner Zeitung bereits erinnert. Nun folgen die Nachrufe auf die nächsten drei Kollegen, deren Einsatz wir hier und auf dem Online-Portal „zeitung-61.de“ würdigen. Sagal Salad Osman, gestorben in Somalia: Auf offener Straße Sagal Salad Osman hatte Hunger, als sie an jenem Nachmittag im Juni 2016 eine Universität im Westen der somalischen Hauptstadt Mogadischu verließ, mit zwei Freundinnen ging sie in ein Café in der Nähe. Die junge Journalistin studierte Informatik und arbeitete als Moderatorin und Producerin von Kinderprogrammen für den staatlichen somalischen Rundfunk. Sie kam nie zurück. Siebenmal schossen zwei oder drei Männer auf sie, auf offener Straße. Sie entkamen unerkannt. Der Verdacht lag nahe, dass es sich um Milizen der islamistischen Terrororganisation Al-Shabaab handelte, das jedenfalls sagte die Polizei sehr schnell. Auf dem Weg ins Krankenhaus Sagal Salad Osman war gerade einmal 24 Jahre alt, auf Bildern lächelt eine selbstbewusste junge Frau in die Kameras. Sie hielt sich nicht an die strengen Vorschriften zur Verschleierung in der Öffentlichkeit, die die Islamisten verlangen, ihre Freunde sind sicher, dass das allein schon ein Grund war, sie umzubringen. Dazu interessierte sie sich für Fußball, sie war ein Fan von Manchester United. Die Polizei dagegen ging von einem Racheakt von Al-Shabaab aus. Kurz zuvor war ein Islamist wegen mehrerer Morde an Journalisten zum Tode verurteilt und hingerichtet worden. Sagal Salad Osman starb auf dem Weg ins Krankenhaus. Ihr Tod war eine Tragödie für ihre Familie, so schilderten es Kollegen. Ihre Mutter war kurz zuvor gestorben, sie musste ihre sechs jüngeren Geschwister miternähren. Die Appelle blieben so folgenlos Ihr Tod wurde nicht nur von Kollegen betrauert, er fand weltweit Beachtung – und wurde in Somalia sofort zum Politikum. Journalisten in ganz Afrika waren erschüttert und schickten Solidaritätsadressen, die afrikanische Friedensmission im Land verurteilte den Mord, selbst der damalige Staatspräsident äußerte sich. Die Täter würden vor Gericht gebracht werden und zur Verantwortung gezogen, versprach Hassan Sheikh Mohamud. Er wusste selbst, wie hilflos das klang. „Wir fordern die somalischen Behörden auf, die Verantwortlichen zu finden und den Zyklus von Gewalt und Straflosigkeit zu beenden, der das Land seit so langer Zeit heimsucht“, flehte Omar Faruk Osman, Chef des somalischen Journalistenverbands, die Behörden geradezu an. Die Appelle blieben so folgenlos wie viele andere zuvor. Ein komplett gescheiterter Staat Journalisten in Somalia leben gefährlich, sie müssen immer um ihr Leben fürchten. Gerade in der Hauptstadt Mogadischu ist die Lage oft so angespannt und unübersichtlich, dass viele es vorziehen, in ihren Redaktionen zu übernachten oder gar zu wohnen. Den Weg nach Hause haben viele nicht überlebt. Wenige Monate vor dem Mord an Sagal Salad Osman starb ihre Kollegin Hindiyo Haji Mohamed mit nur 27 Jahren, Unbekannte hatten eine Bombe unter ihrem Auto angebracht. Sie arbeitete ebenfalls für den staatlichen Rundfunk und hinterließ fünf Kinder. Ihr Mann, auch Journalist, war bereits einige Jahre zuvor ermordet worden. Somalia gehört nicht nur den ärmsten Ländern der Welt, sondern auch zu den hoffnungslosesten. Lange Zeit galt es als ein komplett gescheiterter Staat, in dem blanke Gewalt und Chaos herrschten. 2006 eroberten Islamisten die Hauptstadt, eine Übergangsregierung war bereits zuvor ins Exil geflohen. Erst das Eingreifen des Nachbarlands Äthiopien beendete den Vormarsch der Islamisten. Erbitterte Gefechte mit den Islamisten Für Journalisten gehört Somalia zu den schlimmsten Ländern auf der Welt, seitdem im Jahr 1992 nach dem Sturz des Diktators Siad Barre ein blutiger Bürgerkrieg begann. Befriedet ist das Land bis heute nicht, Regierungstruppen und die Soldaten der Afrikanischen Mission liefern sich erbitterte Gefechte mit den Islamisten, auch die USA beteiligen sich aus der Luft an den Angriffen. Erst 2012 konnte zum ersten Mal wieder eine neue Regierung gewählt werden, die aber nur einen kleinen Teil des Landes unter Kontrolle hat. Immerhin ist seit Februar ein neuer Präsident im Amt, auf dem viele Hoffnungen liegen. Doch Al-Shabaab kämpft weiterhin gegen jeden Versuch, das Land zu stabilisieren, fast täglich verüben die Islamisten schwere Anschläge, auch in der Hauptstadt. 59 getötete Journalisten Dazu kommen Mangelernährung und Hunger, zwei von drei Somaliern haben keinen Zugang zu sauberem Wasser, nur wenige Kinder besuchen Schulen. Fast eine Million Menschen sind in Nachbarländer geflohen, mindestens ebenso viele sind innerhalb des Landes auf der Flucht. Es könnten bald doppelt so viele werden, denn Somalia wird derzeit auch noch von einer verheerenden Dürre heimgesucht. 59 Journalisten wurden seit Ausbruch des Bürgerkriegs getötet, in der Rangliste für die Pressefreiheit auf der Welt der Organisation Reporter ohne Grenzen belegte das...Lesen Sie den ganzen Artikel bei berliner-zeitung