Gewalt, Misshandlung, Vernachlässigung

Warteraum im Jugendamt Berlin-Mitte: Wer hierherkommt, hat einen Termin - und sehr wahrscheinlich ein großes Problem

Am späten Nachmittag wird Kerstin Kubisch-Piesk die Fenster ihres Büros öffnen und zwei Kolleginnen werden erleichtert zuschauen. Als hofften sie, dass der Sommerwind die Lösung hereinwehen werde, nach der sie jetzt seit einer Stunde suchen, im dritten Stock des Jugendamtes Berlin-Mitte, Standort Gesundbrunnen. Durchs Fenster dringt Kinderlachen von einem Spielplatz. Drinnen geht es um ein Kind, von dem sie nur wissen, dass es lebensgefährlich erkrankt ist. Und dass sich niemand zuständig fühlt. Bis jetzt. Die Akte des Mädchens liegt aufgeschlagen auf dem Tisch. Die Frauen blättern in den Papieren. Ratlos, und ja, auch wütend.

Wer ist verantwortlich, wenn ein Kind stirbt? Die Frage steht im Raum, auch wenn keiner sie stellt. Wenn Kinder an Misshandlungen oder Vernachlässigung sterben, obwohl das Jugendamt die Familie betreute, stehen die Ämter schnell in der Kritik. Gerade ist eine Kollegin im Sauerland zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden, ein Junge war verhungert, das Gericht warf ihr Untätigkeit vor.

"Das wissen hier alle", sagt Kerstin Kubisch-Piesk, "und es macht natürlich etwas mit uns." Einen Fall wie im Sauerland oder wie in Weißensee, wo 2012 das Mädchen Zoe starb, hatten sie hier bisher nicht. "Glücklicherweise." Kerstin Kubisch-Piesk arbeitet seit 25 Jahren an der Grüntaler Straße, seit 2015 leitet sie den Standort mit rund 35 Mitarbeitern. Seit März gibt es hier ein Kinderschutzteam für den gesamten Bezirk Mitte. Es ist eine Antwort auf steigende Fa...

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