Gewaltkriminalität und Zuwanderer: Warum es nichts zu verschweigen gibt

Geflüchtete vor der Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen (Bild: dpa)
Geflüchtete vor der Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen (Bild: dpa)

Die neue polizeiliche Kriminalstatistik für 2016 zeigt viele Gewaltdelikte durch Zuwanderer auf. Ein Problem? Ja. Wasser auf die Mühlen von Zuwanderungsgegnern sind die Zahlen indes keineswegs.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Die neusten Zahlen der polizeilichen Erhebungen in Deutschland transportieren eine klare Botschaft. Mit den Geflüchteten ist die Gewaltkriminalität deutlich gestiegen. Sie offenbaren gleich mehrere Problemlagen – und auch Lösungsansätze.

Das mag man in der AfD nicht gern hören. Seit Kanzlerin Angela Merkel im Sommer 2015 die Grenzen öffnete, sieht die Partei, und hinter ihr ein nicht kleiner Teil der Öffentlichkeit, Sodom und Gomorrha auf unser Land zurollen. Würden die Twitter- und Facebookaccounts von AfD-Funktionären die Wirklichkeit in Deutschland ablichten, unser Land wäre das neue Sin City und Berlin ein einziges Hochsicherheitsgefängnis wie in John Carpenters „Die Klapperschlange“. Täglich werden dort einzelne Straftaten von Zuwanderern vermeldet, manche stimmen, manche nicht. Sie bleiben Ausschnitte; Straftaten von bleichgesichtigen Deutschen werden natürlich nicht kommentiert. Und nicht selten wird verallgemeinert, da werden Zahlen für Deutschland genannt, die sind horrend.

Nun ist die Statistik da. Die Fakten liegen auf dem Tisch. Horrend ist da nichts, und die Zahlenmanipulationen haben nun ein Ende. Nun also zur Wirklichkeit, die, wie es im Leben ist, nicht rosig schimmert.

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Ohne die Straftaten von tatverdächtigen Zuwanderern wäre die Gewaltkriminalität 2016 gesunken – nun steigt sie in einigen Bundesländern, wie es eine Erhebung der Wochenzeitung „Die Zeit“ zeigt. Das Medium zeigt einige Beispiele: 20 Prozent aller in Bayern registrierten Tatverdächtigen bei Gewaltkriminalität waren Zuwanderer, in Baden-Württemberg waren es 18,5 Prozent und in Niedersachsen 10,8 Prozent. Das ist eindeutig überdurchschnittlich. Denn in der Regel machen Zuwanderer nur zwischen 0,5 und 2,5 Prozent der Wohnbevölkerung aus, aus dieser Gruppe kommen aber zehn Prozent aller tatverdächtigen Straftäter; bei dieser Zahl sind bereits ausländerrechtliche Straftaten wie Verstöße gegen das Aufenthaltsrecht herausgerechnet.

Diese Zahlen fallen nicht vom Himmel. Ein Geflüchteter ist und bleibt ein Mensch. Kein Heiliger. Dass unter Zuwanderern mehr Straftaten geschehen, erklären andere Zahlen.

Erstens: Boys don’t cry

Zum einen belegen sie die weltweite Binsenweisheit, dass Straftaten, vor allem Gewaltdelikte, am ehesten von jungen Männern begangen werden. Sie sind die anfälligste Gruppe für ein Verhalten, das sich gegen Normen der Gesellschaften richtet. Nach Deutschland flohen nicht wenige junge Männer, besonders aus Nordafrika und der Subsahararegion. Ihre Flucht war hart und gefahrvoll übers Meer, ihre Bleibeperspektiven sind oft schlecht, sie leben allein.

Zweitens: Der Schatten des Fremden

Bei der Polizeilichen Kriminalstatistik handelt es sich um Tatverdächtige. Wieviele davon tatsächlich angeklagt und verurteilt wurden, steht dort nicht. Dennoch verlieren diese Zahlen dadurch nicht an Aussagekraft und an ihrer Tendenz. Nicht vergessen werden darf aber, dass das Risiko eines „Fremden“, angezeigt zu werden, bis zu doppelt so groß ist wie bei einem deutschen Tatverdächtigen. Es ist ein normales Phänomen, welches das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen dokumentiert. Mit dem „Fremden“ ist weniger Interaktion und mehr Missverständnis, Konflikte eskalieren schneller – und das Misstrauen tut sein Übriges. Und natürlich betrifft das ALLE Alteingesessenen eines Landes, heißt: Auch ein Deutschtürke zeigt den „Fremden“ schneller an, genauso wie der Biodeutsche.

Drittens: Einige wenige besonders oft

Anfragen der „Zeit“ an die Bundesländer zeigen, dass einige tatverdächtige Straftäter mit Delikten gleich öfters in der Statistik auftauchen, also besonders viel „Kerbholz“ auf sich nehmen. Baden-Württemberg zum Beispiel registrierte 2016 insgesamt 3105 Zuwanderer wegen einer einzigen Gewalttat, 462 wegen zweien bis vieren und 22 fünf- bis neunmal. Aus Sachsen kommt die Meldung, dass 40 Prozent aller von Zuwanderern begangenen Straftaten von sogenannten Intensivtätern stammen. Hier offenbart sich ein Ansatz für Polizei, Betreuer und Pädagogen, selbst intensiver auf diese Gruppe, wieder sind es junge Männer, zu schauen und sie zu begleiten.

Viertens: Syrer, Iraker und Afghanen sind seltener straffällig

Menschen aus diesen Ländern machen die Hälfte der zu uns Geflüchteten aus, um sie geht es, wenn in den Medien von den „Flüchtlingen“ die Rede ist. Setzt man die bei ihnen verdächtigten Straftaten zum Gesamtverhältnis der Zuwanderer, zeigt sich: Diese Menschen begehen weniger Straftaten als jene aus Nordafrika und der Subsahara-Region.

Fünftens: Wen es trifft

Die Diskussion in Deutschland über Gewaltkriminalität ist von Angst begleitet. Diese Furcht potenziert sich, wenn es um Gewalt durch Zugewanderte geht; als wäre der Schlag auf den Kopf durch einen weißen Nazi erträglicher. Doch die Zahlen belegen: Die meisten der von tatverdächtigen Zuwanderern verübten einfachen und schweren Körperverletzungen finden in Flüchtlingsheimen statt. Das ist nicht weniger besorgniserregend, ist aber eine Botschaft für alle besorgten Bleichgesichter da draußen im Land. In Bayern wurden 58,3 Prozent aller verübten Straftaten, also nicht nur die Delikte der Körperverletzung, in Flüchtlingsunterkünften begangen. Das heißt: Die Opfer dieser Kriminalität sind die Geflüchteten selbst. In Baden-Württemberg waren 87 Prozent aller Opfer einer von tatverdächtigen Zuwanderern verübten Körperverletzung, wie es die „Zeit“ schreibt, selbst Geflüchtete.

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Als im Jahr 2015 Deutschland so viele Menschen aufnahm, war dies ein Kraftakt. Geflüchtete mussten in Massen unterkommen. Das kann nicht reibungslos geschehen. Wer jemals ein paar Minuten in solch einer großen Halle verbringt, wo Menschen monatelang auf engstem Raum leben, wundert sich über diese Zahlen überhaupt nicht. Für uns heißt das: Je mehr gelungene Integration, also ein Auflösen der Sammelunterkünfte hin zu einem „normalen“ Wohnen, desto besser.

Letztlich sind die Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik eine große Hilfe. All jene, die nach Deutschland gekommen sind, werden von manchen „kodiert“ – und zwar negativ. Das geben die Zahlen nicht her. Im Gegensatz dazu wurde den Befürwortern einer Politik der offenen Grenzen gern vorgeworfen, sie würden die Geflüchteten positiv kodieren, ihnen also naive Etikette umhängen. Dabei ist jede Kodifizierung am Menschen vorbei und daneben. Nun kommt es darauf an, miteinander zu leben, voneinander zu lernen. Und die Werte, die das regeln, hochzuhalten.