Zahl der Kontenabfragen durch Ämter verdoppelt

Die Abfrage von Kontodaten galt einst als Anti-Terror-Maßnahme. Seit einigen Jahren jedoch sollen so auch Steuer- und Sozialbetrüger aufgespürt werden. Die Neugier der Behörden wird immer größer. Foto: Jens Büttner

Finanzämter, Sozialbehörden und Gerichte prüfen im Kampf gegen Steuerbetrug und Sozialmissbrauch immer häufiger die Konten von Privatpersonen. Im vergangenen Jahr hat sich die Zahl der Abfragen auf 141 640 gegenüber dem Vorjahr verdoppelt.

Das Bundesfinanzministerium bestätigte einen entsprechenden Bericht der «Süddeutschen Zeitung». Die deutliche Steigerung sei aber nahezu vollständig auf die erst seit 2013 möglichen Anfragen von Gerichtsvollziehern zur Existenz von Konten zurückzuführen.

Diese Justizbeamten nutzen das Instrument vor allem, wenn sich Schuldner unkooperativ zeigen. Abfragen müssen aber zwingend erforderlich sein. Auch müssen die Ansprüche des Gläubigers mehr als 500 Euro betragen.

Im ersten Quartal dieses Jahres stieg die Zahl der Abfragen aus diesen Gründen weiter - von gut 24 000 auf mehr als 48 000. Aus Sicht des Justizministeriums ist es zu früh für eine Bewertung des 2013 eingeführten Instruments.

Seit 2005 dürfen Behörden Konten von Bürgern ermitteln, um Steuerbetrüger ausfindig zu machen und Sozialleistungsmissbrauch einzudämmen. Nur unter bestimmten Voraussetzungen haben Ämter aber Zugriff auf Daten aller Konten und Depots. Eine Kontenabfrage erfolgt erst, wenn ein Bürger Zweifel an Angaben etwa in seiner Steuererklärung nicht ausräumen kann. Dabei geht es zunächst nur um die Kontonummer sowie Stammdaten wie Name, Geburtsdatum und Adresse.

Von den 2013 erledigten Fällen entfielen 68 648 Abfragen auf Finanzbehörden für steuerliche Zwecke. Das waren 7019 mehr als 2012. Fast 73 000 Fälle betrafen Anfragen von Behörden wegen möglichen Leistungsmissbrauchs. Das ist eine deutliches Plus gegenüber den 9077 im Jahr 2012. Laut Finanzministerium sind 85 Prozent der Anfragen in diesem Bereich auf Gerichtsvollzieher zurückzuführen.

Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff sieht wie ihr Vorgänger die amtliche Neugierde kritisch. Prüfungen der Aufsichtsbehörden hätten ergeben, dass oft sogar die Begründungen für den konkreten Abruf fehlten und die Betroffenen nicht benachrichtigt würden, sagte sie der «Süddeutschen Zeitung». Der Gesetzgeber sei «in der Pflicht, die Befugnis zum Kontenabruf zu überprüfen und auf das unbedingt erforderliche Maß zurückführen».

Der Linken-Politiker Jan Korte kritisierte: «Die neuen Zahlen zeigen wieder einmal, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von den Behörden von Jahr zu Jahr mehr verletzt wird.» Die Kontenabfrage entwickle sich offenbar zur Standardmaßnahme. Eine strikte Begrenzung des Kontoabrufverfahrens sei zwingend geboten.

In bestimmten Fällen darf auch die oberste Finanzaufsicht Bafin Daten abrufen - wenn etwa Ermittlungsbehörden diese im Rahmen von Strafverfahren anfordern. Aber auch dann geht es nur um Stammdaten und keine Kontostände und -bewegungen. Die Zahl der Bafin-Abfragen ist 2013 auf fast 122 670 gestiegen nach gut 114 370 im Jahr 2012. Der Großteil davon entfällt auf Polizei-Ersuchen. Letztlich geht es um ähnliche Verfahren wie beim Zentralamt für Steuern, aber um unterschiedliche Anlässe.

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