Das Glas Wein am Abend ist gar nicht gesund
Die weitverbreitete Meinung, dass hin und wieder Mal ein Glas Wein förderlich für die Gesundheit sei, wurde in einer aktuellen Studie widerlegt. Frühere Erhebungen seien nicht genau genug gewesen.
Vielleicht hat der eine oder die andere schon einmal gehört, dass hin und wieder mal ein Schlückchen Wein gesund sei. Ebenfalls weit verbreitet: das Gerücht, dass französische Weinbauern eine der höchsten Lebenserwartungen in Europa aufweisen würden. Immerhin ist die Sterblichkeitsrate von Herz-Kreislauf-Erkrankungen laut Eurostat in drei französischen Provinz-Regionen am niedrigsten in Europa.
Am Wein liegt das allerdings nicht. Laut einer neuen Studie ist moderater Alkoholkonsum genauso schädlich für die Gesundheit, wie der regelmäßige Genuss. Zu diesem Ergebnis kommt Tim Stockwell von der kanadischen Universität Victoria im "Journal of Studies of Alcohol and Drugs". Der Wissenschaftler hat zahlreiche frühere Studien untersucht, in denen gezeigt wurde, dass Menschen mit einem moderaten Alkoholkonsum weniger anfällig für manche Krankheiten seien als Menschen, die gar keinen Alkohol trinken.
107 Studien zu Alkoholkonsum untersucht
Zu diesen Krankheiten, vor denen mäßiger Alkoholkonsum besser schützen solle als gar keinen Alkohol zu trinken, gehören etwa Herzinfakte und Schlaganfälle sowie Diabetes-Typ-2. Stockwell und sein Team haben untersucht, warum einige Studien moderatem Alkoholkonsum eine vermeintlich gesundheitsfördernde Wirkung zuwiesen, andere Studien aber nicht.
Dabei legten Sie folgende Parameter fest: Als mäßigem Konsum bezeichneten Sie eine Menge von 25 Gramm Alkohol am Tag. Das entspricht in etwa 0,25 Litern Wein mit zwölf Prozent Alkoholanteil oder 0,6 Litern Bier mit fünf Prozent Alkohol. Zum Vergleich: Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung definiert als maximal tolerierbare Alkoholzufuhr pro Tag 20 Gramm für gesunde Männer und zehn Gramm für gesunde Frauen.
Insgesamt haben die Forscher 107 Studien analysiert, die sich mit dem Zusammenhang von Alkoholkonsum und Sterblichkeit befassen. Bei den qualitativ hochwertigen Studien lag das Sterberisiko bei mäßigem Alkoholkonsum mit dem von Abstinenzlern gleichauf. Andere Studien hingegen wiesen Mängel im Versuchsaufbau auf.
Verzerrungen im Studiendesign
Stckwell und sein Team fanden heraus, dass die Studien, die mäßigem Alkoholkonsum eine gesundheitsfördernde Wirkung zuschrieben, Mängel im Aufbau hatten. So seien viele Wissenschaftler nicht rigoros genug bei der Einteilung der Untersuchungsgruppen vorgegangen. Zum Beispiel wurden bei einigen Untersuchungen Menschen, die früher einmal Alkohol getrunken haben, das aber etwa aus gesundheitlichen Gründen einstellen mussten, zu der Gruppe der Abstinenzler gezählt. So wurden moderate Alkoholiker mit Menschen verglichen, die aus gesundheitlichen Gründen die Finger vom Alkohol lassen mussten. Das hätte ein verzerrtes Bild auf die gesundheitliche Wirkung von Alkohol ergeben. "Das lässt Menschen, die weiterhin Alkohol trinken, viel gesünder erscheinen", wird Stockwell in einer Mitteilung des Fachjournals zitiert.
In qualitativ hochwertigeren Studien ergäbe sich kein gesundheitlicher Vorteil von Menschen mit moderatem Alkoholkonsum gegenüber Abstinenzlern. Zudem habe keine große Gesundheitsorganisation jemals eine risikofreie Menge von Alkohol festgelegt. "Es gibt einfach keine absolut sichere Menge an Alkohol", so Stockwell. Ganz auf Alkohol zu verzichten, ist also förderlicher für die Gesundheit, als hin und wieder ein Glas Wein zu trinken.