Weltweiter Massenprotest für eine bessere Klimapolitik

Klimastreik im australischen Brisbane. Foto: Darren England/AAP
Klimastreik im australischen Brisbane. Foto: Darren England/AAP

Fahrraddemos, Blockaden, Sternmärsche, Kundgebungen: Nicht nur viele deutsche Innenstädte waren dicht an diesem Freitag, dem Tag des globalen Klimastreiks. Auch weltweit gab es Aktionen in Tausenden Städten. Hört die Politik das Signal?

Berlin/Sydney (dpa) - Es ist ein weltweiter Weckruf: Rund um den Globus haben am Freitag mehrere Hunderttausend Menschen für mehr Klimaschutz demonstriert.

Einem Aufruf der Jugendbewegung Fridays for Future zum globalen Streik folgten in Australien Hundertausende Menschen, wie die Veranstalter mitteilten. In der britischen Hauptstadt London nahmen nach Veranstalterangaben etwa 100.000 Menschen teil, darunter zahlreiche Kinder und Jugendliche. In Brüssel waren es 15.000 Menschen; in Paris versammelten sich rund 10.000 Demonstranten in den Straßen.

Auch in New York versammelten sich Tausende Menschen zu einer Demonstration für mehr Engagement im Kampf gegen die Erderwärmung. Die Demonstranten trafen sich am Mittag (Ortszeit) vor dem New Yorker Rathaus und begannen dann, gemeinsam Richtung Battery Park an der Südspitze Manhattans zu ziehen. Dort sollte es am Nachmittag eine Veranstaltung mit Reden geben - unter anderem mit einer Ansprache der Klima-Aktivistin Greta Thunberg.

Die von der Schwedin Thunberg angestoßene Klimabewegung wird von Schülern und Studenten getragen. Sie fordern von der Politik mehr Ehrgeiz im Kampf gegen die Erderhitzung und die drohende Klimakatastrophe. Vor allem müsse gemäß dem Pariser Klimaabkommen die globale Erwärmung auf unter 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit eingedämmt werden.

Greta Thunberg zeigte sich zufrieden über den Zuspruch. In Australien hätten sich 400.000 Menschen an Kundgebungen beteiligt, sagte sie am Freitag per Livestream aus New York zu Protestteilnehmern in ihrer Heimatstadt Stockholm. Unter anderem gab es auch Demonstrationen im indischen Delhi, im südafrikanischen Johannesburg, in Kampala (Uganda), Nairobi (Kenia) oder in Nigerias ölreicher Niger-Delta-Region.

Adressat der Protestaktionen in Deutschland war auch das Klimakabinett der Bundesregierung, das am Freitag Eckpunkte für mehr Klimaschutz vorlegte. Unter anderem enthält es einen Preis auf den Ausstoß klimaschädlichen Kohlendioxids, jedoch auf niedrigem Niveau. Zugleich sollen aber auch Fernpendler entlastet werden.

Mit ungewöhnlichen Aktionen, pfiffigen Protestschildern und Verkleidungen beteiligten sich Demonstranten in Großbritannien und Irland am globalen Klimastreik. «Man darf die Erderwärmung nicht ignorieren», sagte die 15-jährige Sara am Freitag der Deutschen Presse-Agentur in London. «Viele denken wohl, unser Protest ist nicht so wichtig, weil wir Kinder und Jugendliche sind. Aber mir ist das sehr ernst!»

Auf Protestschildern hatten die vor allem jungen Demonstranten jeweils ihre eigene Botschaft im Kampf gegen die Erderwärmung: «Benutzt weniger Papier», hatte beispielsweise eine Jugendliche auf einem winzigen Schild geschrieben. «Du wirst an Altersschwäche sterben, aber ich am Klimawandel», stand auf einem anderen Schild.

Studenten riefen dazu auf, gemeinsam mit klingelnden Weckern die Menschen wachzurütteln. Unternehmen sollten ihren Feueralarm aktivieren. In Großbritannien waren mehr als 200 Demonstrationen und andere Veranstaltungen organisiert worden.

In Brüssel gingen nach Angaben der Polizei 15.000 Menschen auf die Straßen. Sie zogen am Freitagnachmittag vom Nordbahnhof Richtung Europaviertel. Nach etwas mehr als einer Stunde kamen die ersten Demonstranten an der Europäischen Kommission vorbei und protestierten lautstark für mehr Klimaschutz. «Ich mag meine Pommes heiß, nicht das Klima», stand etwa auf einem der Hunderten Plakate.

Die Schwedin Thunberg, die zurzeit in den USA ist, demonstriert seit vergangenem Sommer jeden Freitag - also meistens während der Schulzeit - für mehr Klimaschutz. Ihr Schulstreik hat weltweit Menschen zu Demonstrationen inspiriert.

Vor der Aktivistin liegen eine Reihe von Klimakonferenzen, Protesten und weiteren Terminen. Der Jugend-Klimagipfel der Vereinten Nationen in New York startet an diesem Samstag, ihm folgt zwei Tage später der UN-Klimagipfel mit Staats- und Regierungschefs vor der UN-Generalversammlung.

Zum globalen Klimastreik wiesen Umweltaktivisten von Scientists for Future auf wissenschaftliche Fakten zur Erderhitzung hin. So sei weltweit die Durchschnittstemperatur bereits um ein Grad gestiegen, relativ zum Zeitraum 1850 bis 1900, schrieben die Wissenschaftler auf Twitter. Und die vergangenen vier Jahre seien die wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen gewesen.

Auch sei es erwiesen, dass der Mensch mit seinen Treibhausgasemissionen nahezu vollständig verantwortlich sei für dieses Temperaturplus. Schon jetzt verursache die Erderwärmung in vielen Regionen Extremwetter wie Hitzewellen, Dürren, Waldbrände und Starkregen.

Seit 1952 Jahren gelten politische Streiks in Deutschland als unzulässig. Damals urteilte das Freiburger Landesarbeitsgericht, ein großer Streik von Beschäftigten in Zeitungsbetrieben für mehr Rechte im Betriebsverfassungsgesetz sei rechtswidrig gewesen.

Politische Streiks sind Arbeitsniederlegungen, die nicht tariflich regelbare, sondern politische Ziele verfolgen. Rufen Gewerkschaften dazu auf, können ihnen Schadenersatzforderungen von Unternehmen drohen. Der Streikforscher Jörg Nowak sagte dem ZDF jedoch, dass die Interpretation des Freiburger Urteils als ein generelles Verbot politischer Streiks durchaus umstritten sei.

So habe es auch nach 1952 politische Streiks in Deutschland unter Beteiligung von Gewerkschaften gegeben - beispielsweise gegen den Nato-Doppelbeschluss. In anderen EU-Staaten wie Frankreich und Italien kommen sie aber noch wesentlich häufiger vor.