Grünen-Politiker rechnet mit Asylpolitik ab - Özdemir sorgt sich um seine Tochter: „Unangenehm begafft und sexualisiert“

Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) findet klare Worte für die deutsche Asylpolitik.<span class="copyright">Hannes P Albert/dpa</span>
Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) findet klare Worte für die deutsche Asylpolitik.Hannes P Albert/dpa

Der Grünen-Politiker Cem Özdemir findet deutliche Worte für die deutsche Asylpolitik. Er berichtet, dass er sich Sorgen um seine Tochter macht, wenn sie allein auf der Straße ist und fordert grundlegende Änderungen.

In einem Gastbeitrag für die „ Frankfurter Allgemeine Zeitung “ (FAZ) äußert sich Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, eindringlich zur Migrationspolitik in Deutschland. Mit einer sehr persönlichen Note berichtet er von seiner eigenen Betroffenheit als Vater.

Özdemir schildert die Erfahrungen seiner Tochter, die neben der alltäglichen Belastung durch die Schule auch mit gesellschaftlichen Problemen kämpfen muss. Auf einem Campingplatz an der Ostsee wurden sie und ihre Freundin, deren Vater aus Tansania stammt, innerhalb von 24 Stunden mit vielen bösen Blicken und rassistischen Beleidigungen konfrontiert. Das führte dazu, dass sie ihren Urlaub abrupt abbrachen. Diese Erlebnisse haben dazu geführt, dass seine Tochter nicht mehr zur Ostsee zurückkehren möchte.

Özdemirs Tochter wird von Männern unangenehm begafft

Doch auch in Berlin ist das Leben nicht einfacher. Dort wird seine Tochter häufig von Männern mit Migrationshintergrund „unangenehm begafft oder sexualisiert“. Özdemir betont, dass solche Erlebnisse nicht ignoriert werden dürfen. „Gegen solche Übergriffe hat sie sich ein ‚dickes Fell‘ zugelegt. Doch ich spüre, wie sie das umtreibt“, schreibt er. „Und wie enttäuscht sie ist, dass nicht offensiver thematisiert wird, was dahintersteckt: die patriarchalen Strukturen und die Rolle der Frau in vielen islamisch geprägten Ländern“, schreibt er in dem FAZ-Beitrag.

Özdemirs Tochter zögert, über diese Vorfälle zu sprechen, aus Angst, dass Rechtsradikale daraus Kapital schlagen könnten. Gleichzeitig betont sie, dass viele Migranten hart arbeiten und sich engagiert einbringen wollen. Dieses Dilemma kennt Özdemir auch aus der politischen Debatte. „Als Vater will ich es nicht, als Politiker darf ich es nicht“, betont er. „Wenn wir auf das, was sie in ihrem Alltag erlebt und umtreibt, eine Antwort geben wollen, müssen wir an allererster Stelle eins machen: sagen, was ist.“

Özdemir spricht bei Asylpraxis von „Recht des Stärkeren“

Özdemir hebt hervor, dass die Asylpraxis der letzten Jahrzehnte sich immer mehr zu einem „Recht des Stärkeren“ entwickelt hat. Junge Männer dominieren die Gruppen der Ankommenden, was die Akzeptanz für das Grundrecht auf Asyl untergräbt und zu gesellschaftlichen Spannungen führt. Seine Forderung lautet daher: klare Trennlinien zwischen Asyl und Arbeitsmigration ziehen.

Grundsätzliche Umstrukturierung des Sozialstaats nötig

Özdemir betont, dass die Bekämpfung von Ideologien wie Rechtsextremismus, Islamismus und Antisemitismus eine grundsätzliche Umstrukturierung des Sozialstaats erfordert. Weniger Transferleistungen und mehr Leistungsanreize sowie starke öffentliche Institutionen sind notwendig. Wer sein Kind auf eine gute Kita schicken kann und sichere Schulbildung und öffentliche Sicherheit erlebt, wird eher aufgeschlossen gegenüber gesteuerter Einwanderung sein.