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"Greatnightshow" nach "Fernsehgarten"-Debakel: Luke Mockridge serviert kleinlaute Hausmannskost

Luke Mockridge erklärte seinen Skandalauftritt im "ZDF-Fernsehgarten" - danach passierte nicht mehr viel: Die groß angekündigte "Greatnighthshow" lieferte wenig Neues und recycelte stattdessen Erfolgsideen anderer Comedy-Formate. Immerhin blieb die abgehärtete Nora Tschirner bis zum Schluss.

"Danke Nora, dass du das mitgemacht hast!" Die letzten Worte, die Luke Mockridge an seinen Gast Nora Tschirner richtete, sie sagten mehr über die, man muss es leider so sagen, mehr als unbeeindruckende Premiere seiner "Greatnightshow" aus, als es jede vernichtende Kritik könnte.

Mockridge schien geradezu erleichtert, dass Tschirner sitzen geblieben war und es sich nicht doch mittendrin anders überlegt hatte. Aber die Ex-Moderatorin und "Tatort"-Schauspielerin hatte sich nicht von einem der braunen Glattledersofas erhoben und sich "Tschüssikowski"-sagend empfohlen.

Grund genug hätte sie gehabt: "Du warst mal bei MTV?", wunderte sich Mockridge in bester Stefan Raab'scher Ignoranz beim Interview. Dann drängte er Tschirner, die in Ostdeutschland aufgewachsen ist, eine Klischee-Ossi-Braut in einem Musical namens "Eastside Story" zu spielen, dass er sich als "großes Finale" ausgedacht hatte. Hässliche Trainingsjacke und Bananen durften darin natürlich nicht fehlen. Auf Twitter fragte jemand besorgt, ob Tschirner gerade ihren peinlich berührten Katzenmützenmoment habe, wie dereinst Tom Hanks bei "Wetten, dass ..?"

Kinder hatten Mockridge die "Fernsehgarten"-Witze diktiert

Als Zuschauer hatte man da entweder wegen des allzu aufdringlichen Recyclings bekannter Showideen schon weg gezappt oder man hatte sich die restliche Energie dafür aufgespart, sich auf Twitter über die katastrophal getimten Werbeeinspieler aufzuregen. Live-Auftritt des internationalen Superstars Lewis Capaldi? Schnurzpiepe, da kann man ab der Hälfte des Songs schon mal ausblenden und aufs hauseigene Gewinnspiel hinweisen. Immerhin hatte Capaldi vor seinem Duett mit Mockridge am Klavier - der Ina-Müller-Gedächtnismoment - herzhaft gerülpst.

Begonnen hatte der 30-Jährige Mockridge seine neue Freitagabendshow mit den Worten: "Deutschland, du wolltest die Wahrheit - hier ist sie!" Tatsächlich war bereits zuvor bekannt geworden, was hinter dem Skandalauftritt des Comedians Mitte August im "ZDF-Fernsehgarten" steckte, beziehngsweise wer: Kinder, genauer sechs "Autoren" im Knirpsformat, die sich die Witze für Luke ausgedacht hatten, mit der er zum großen Groll von Moderatorin Andrea "Kiwi" Kiewel und vielen bundesrepublikanischen Rentnern ("die riechen nach Kartoffeln") die sonntägliche Mitklatsch-Wohfühloase des Zett De Eff empflindlich gestört hatte.

Ja, sie waren süß, wie sie da saßen und sich über ihre Kinder-Jokes amüsierten, die Kleinen. Aber selbst sie lachten bei der Vorführung der Aktion (ja, alles wurde nochmals in ganzer Länge gezeigt) dann auch eher in sich hinein. Dann erklärte Mockridje, jemand habe ihn wegen seines Auftritts (mit Riesenschuhen, immerhin ein lustiges Detail, dass man bisher übersehen hatte) angezeigt.

"Da haben wir ganz schön was angestellt", fasste Mockridge die Misere zusammen. "Das hast du ja gemacht, nicht wir", antwortete ein sehr schlaues Kind schlagfertig. Ein anderes fragte, ob Mockridge nun ins Gefängnis müsse. Am Ende blieb trotz aller Niedlichkeit das schale Gefühl, dass Mockridge sich unfairerweise einen ganz schwachbrüstigen Gegner gesucht hatte um möglichst viel Eigen-PR zu generieren - das Ergebnis ist bekannt. Sich nun mit dem Hinweis "Aber es waren Kinder!" aus der Affäre zu ziehen, konnte nicht wirklich überzeugen.

Nicht viel Neues bei SAT.1

Und wo dann schon mal alle da waren, wurden sie nach der anfänglichen Auflösung mit humoristischer Hausmannskost abgefertigt, die dem Anspruch "etwas ganz Großes" zu machen, nicht genügte. Es reicht einfach nicht, sich einen rot-weiß-gestreiften Bikini überzustreifen und in der Kölner Innenstadt auf Christina Aguilera zu "Dirrty"-Zeiten zu machen. Wie wirkliche komische Einspieler funktionieren, haben Joko und Klaas bei "Circus Halligalli" bewiesen, Luke Mockridge setzte sich virtuell zu "James Bond" Daniel Craig an den Pokertisch und sagt Sachen wie: "Du hast nicht Uno gesagt!"

Der groß angekündigte internationalen Star entpuppt sich als David Hasselhoff, der zum gefühlt 800. Mal sein Märchen erzählen konnte, wie er 1989 mit seinem Song "Looking For Freedom" die Mauer geöffnet habe. Roberto Blanco hatte ebenso einen Blitzauftritt wie Jorge González, Olaf Schubert durfte etwas länger einen Ossi-Schupo geben. Spaßfaktor: nun ja.

Teure Geschenke und billige Sprüche

Später trat dann noch ein Kind auf (sicher ist sicher): der 14-jährige YouTuber Carl Josef. Der hat Muskeldystrophie, sitzt deshalb im Rollstuhl und macht Witze über seine Situation. Erfrischend! Dass er dabei auf frauenfeindliche Floskeln à la Mario Barth setzte, weniger. "Du bist einfach witzig", moderierte ihn Mockridge ab. Auch darüber kann man geteilter Meinung sein.

Carl Josef erzählte dann, dass es im Alltag wenig witzig ist, dass er zu seinen Auftritten nur schwer hin kommt, weil das barrierefreie Familienauto langsam den Geist aufgibt. Er wolle daher Spenden sammeln - für ein neues Auto und die Muskelsdystrophieforschung. Und dann wurde Mockridge kurzerhand zum Weihnachtsmann und verkündete mit viel Pathos in der Stimme: "Ich schenke dir das Auto (Wagen rollt werbewirksam ein), damit du nur Spenden sammeln kannst für die Forschung!" Ta-Dah! Tolle Sache, aber als Zuseher spürte man die Absicht und war verstimmt: Wer könnte einem so großzügigen Menschen böse sein und sei es nur wegen ein paar unlustigen Witzen auf Kosten von Rentnern?

Apropos: Ein "Lieber Grüße an Kiwi!" rang sich Mockridge zum Schluss dann doch noch ab. Dann streckte er symbolisch seine Hand aus. Er sende ja jetzt die nächsten sieben Wochen hier, und die "Fernsehgarten"-Moderatorin könne "jederzeit vorbeikommen" und alles machen - "sogar mit einer Kiwi telefonieren". Auch das wird Luke Mockridge sicher wieder werbewirksam für seine eigenen Zwecke nutzen. Fraglich nur, ob Andrea Kiewel das mitmacht.