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Griechen heben Milliarden ab

IWF-Chefin Christine Lagarde mit ernstem Gesicht: Bisher ist keine tragfähige Lösung der Schuldenkrise in Sicht. Foto: Julien Warnand

Vor dem wohl entscheidenden Krisentreffen im Schuldendrama um Griechenland haben die Euro-Finanzminister glaubwürdige Spar- und Reformvorschläge aus Athen angemahnt.

Mit Blick auf das für Montag angesetzte Spitzentreffen der Euroländer forderte der griechische Regierungschef Alexis Tsipras seinerseits die EU mit Nachdruck auf, seinem Land zu helfen. Dort hoben verunsicherte Bürger nach Schätzungen vom Freitag allein in dieser Woche rund vier Milliarden Euro von ihren Bankkonten ab. In St. Petersburg warb Tsipras zugleich für eine engere Zusammenarbeit zwischen Griechenland und Russland.

Vielleicht nehme über das Wochenende die Bereitschaft zu, «das Notwendige zu tun», sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nach Beratungen mit seinen europäischen Amtskollegen in Luxemburg. Der CDU-Politiker betonte aber: «Wir sind alle nicht besonders enthusiastisch.»

Die Europäische Zentralbank (EZB) hält Griechenlands Banken mit weiteren Notkrediten vorerst über Wasser. In einer kurzfristig anberaumten Telefonschalte entschied der EZB-Rat, den Rahmen für sogenannten Ela-Hilfen erneut auszuweiten. Das erfuhr die Nachrichtenagentur Bloomberg von mit der Sache vertrauten Personen.

Tsipras zeigte sich trotz der verfahrenen Situation demonstrativ zuversichtlich und begrüßte die Einberufung des Sondergipfels der Euro-Staaten. «Wir arbeiten jetzt für den Erfolg dieses Treffens», erklärte Tsipras am Rande eines internationalen Wirtschaftsforums in St. Petersburg. Erst am Donnerstag war ein Eurogruppen-Treffen ohne Einigung mit Griechenland zu Ende gegangen.

Der Ausgang des Sondergipfels ist nach Ansicht von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) noch völlig offen. «Der Gipfel am Montag kann nur ein Entscheidungs-Gipfel werden, wenn eine Entscheidungsgrundlage vorliegt», sagte Merkel in Berlin bei einer Veranstaltung des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU (EAK). Wenn bis dahin keine Entscheidungsgrundlage vorliege, werde das Treffen lediglich ein «Beratungs-Gipfel» - und man müsse weiter warten.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker warnte im «Spiegel» (Samstag) vor einem griechischen Austritt aus der Euro-Währungsunion («Grexit»). «Ich habe Herrn Tsipras mehrfach gewarnt, er solle sich nicht darauf verlassen, dass ich ein Scheitern der Gespräche auf jeden Fall verhindern kann», sagte Juncker.

Tsipras beschwor in St. Petersburg die Einheit der Union. «Die Krise ist nicht ein Problem Griechenlands, sondern der EU als Ganzes», sagte er. «Wir sind jetzt mitten in einem Wirbelsturm. Aber wir sind ein Seefahrervolk und haben keine Angst, aufs offene Meer zu fahren und werden ganz bestimmt in einen sicheren Hafen finden.»

Griechenland und Russland unterzeichneten auf dem Wirtschaftsforum in der früheren Zaren-Metropole ein Memorandum über den Weiterbau einer russischen Schwarzmeer-Gaspipeline (Turkish Stream) nach Griechenland. Davon erhofft sich die Regierung in Athen dringend benötigte Milliarden-Hilfen aus Moskau. Der russische Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew schloss einen Kauf von Staatsanleihen des schwer angeschlagenen EU-Landes aber aus.

Der von EU-Ratspräsident Donald Tusk anberaumte Krisengipfel der Euroländer dürfte die letzte Möglichkeit für einen Durchbruch sein, bevor Griechenland Ende des Monats die Zahlungsunfähigkeit droht. Die Geldgeber wollen nur dann weitere Hilfsgelder freigeben, wenn Athen einem Reform- und Sparprogramm zustimmt.

Frankreichs Präsident François Hollande rief dazu auf, die Zeit bis zum EU-Gipfel zu nutzen, um die Verhandlungen wieder aufzunehmen und einen Kompromiss zu erreichen. «Ich will nicht, dass wir uns nur treffen können, um ein Scheitern festzustellen», sagte er.