Mehr als 100.000 Menschen bei Großem Marsch gegen Antisemitismus in Paris
Mehr als 100.000 Menschen haben angesichts eines deutlichen Anstiegs antisemitischer Vorfälle in Paris an einer Großkundgebung gegen Antisemitismus teilgenommen. Hinter einem großen Banner mit dem Motto "Für die Republik, gegen den Antisemitismus" setzte sich der "Große Marsch" am Sonntag in der französischen Hauptstadt in Bewegung. An ihm beteiligte sich auch die Rechtspopulistin Marine Le Pen, nicht aber die linkspopulistische Partei La France Insoumise (LFI).
Nach Angaben des Pariser Polizeipräsidiums schlossen sich rund 105.000 Menschen dem Demonstrationszug in der Hauptstadt an, in ganz Frankreich gingen nach Angaben des Innenministeriums rund 182.000 Menschen gegen Antisemitismus auf die Straße.
An der Spitze des großen Demonstrationszugs in Paris liefen Premierministerin Elisabeth Borne, die ehemaligen Präsidenten Nicolas Sarkozy und François Hollande, der Präsident der jüdischen Dachorganisation Crif, Yonathan Arfi, sowie die beiden Vorsitzenden von Nationalversammlung und Senat, Yaël Braun-Pivet und Gérard Larcher, auf deren Initiative der "große Bürgermarsch" zurückging.
In den vorderen Reihen waren auch mehrere ehemalige Premierminister, Religionsvertreter sowie zahlreiche Minister vertreten. Präsident Emmanuel Macron nahm an der Pariser Kundgebung nicht teil, versicherte aber im Vorfeld, "im Gedanken" dabei zu sein.
Seit Beginn des Krieges zwischen der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen und Israel haben die französischen Behörden fast 1250 antisemitische Straftaten registriert, darunter neben Pöbeleien und Schmierereien auch Gewalttaten. Da in Frankreich sowohl die größte jüdische als auch die größte muslimische Gemeinde Europas lebt, ist die Sorge groß, dass die Gewalt in Nahost auf das Land übergreift.
Mehr als 3000 Polizistinnen und Polizisten sollten nach Angaben von Innenminister Gérald Darmanin allein in Paris für Sicherheit sorgen. Weitere Kundgebungen waren in mehreren Städten und Gemeinden des Landes geplant.
In einem am Samstagabend von der Zeitung "Le Parisien" veröffentlichten Brief an die Franzosen verurteilte Macron das "unerträgliche Wiederaufleben eines ungezügelten Antisemitismus". "Ein Frankreich, in dem unsere jüdischen Mitbürger Angst haben, ist nicht Frankreich", schrieb Macron. "Ein Frankreich, in dem Franzosen aufgrund ihrer Religion oder Herkunft Angst haben, ist nicht Frankreich." Der Marsch gegen Antisemitismus in Paris solle zeigen, dass Frankreich geeint "hinter seinen Werten und seinem Universalismus" stehe.
Bereits im Vorfeld war die Großkundgebung zu einem Politikum geworden. Dafür sorgte der Boykott der linskpopulistischen LFI sowie der Aufruf Le Pens an ihre Anhänger, sich an dem "Großen Marsch" zu beteiligen.
Vor Beginn des Marschs schrieb Premierministerin Borne im Onlinedienst X (vormals Twitter), die Abwesenheit der Linken spreche "für sich selbst". Doch auch die Präsenz von Marine Le Pen und ihrer Partei Rassemblement National "täuscht niemanden", fügte sie mit Blick auf die antisemitische Vergangenheit der Partei hinzu. Mitglieder der linksgerichteten Organisation Golem wurden unterdessen von der Polizei daran gehindert, Le Pens Teilnahme an der Kundgebung zu blockieren.
Im Kampf gegen die zunehmenden antisemitischen Vorfälle auch in den Schulen und Universitäten verkündete die französische Regierung unterdessen eine Partnerschaft mit der UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Unesco). Diese solle Pädagogen mit konkreten Ratschlägen dabei helfen, "Antisemitismus und andere Formen von Hass in der Schule zu verhindern und zu bekämpfen", erklärte das Außenministerium am Sonntag. In einem ersten Schritt stellt Frankreich demnach 600.000 Euro dafür zur Verfügung.
mid/jes