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Habeck übt Kritik an Finanzaufsicht und offenbart eigene Unkenntnis

Der Grünen-Chef Robert Habeck hat die Finanzaufsicht BaFin kritisiert. Dabei hat er jedoch einen inhaltlichen Fehler begangen und deshalb seine – im Kern berechtigte Aussage – selbst geschwächt.

Der Grünen-Politiker Robert Habeck. Foto: AP Photo / Markus Schreiber
Der Grünen-Politiker Robert Habeck. Foto: AP Photo / Markus Schreiber

Der Grünen-Spitzenpolitiker Robert Habeck hat in einem Interview mit t-online die Finanzaufsicht BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) kritisiert. Er prangerte in dem Gespräch die mangelhafte Kontrolle „internationaler Finanzakteure“ durch die Behörde an, was er an dem Wirtschaftsskandal um die Cum-Ex-Geschäfte und den Betrug des Dax-Unternehmens Wirecard festmachte. Dabei irritierte Habeck jedoch mit einer falschen Aussage, was ihm wiederum in sozialen Netzwerken vorgeworfen wurde und gleichzeitig vom Kern seiner Kritik ablenkte.

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Habeck sagte konkret: „Die BaFin ist vielleicht gut darin, mittelständischen Unternehmen nachzuweisen, dass Handwerkerrechnungen falsch eingebucht wurden. Aber sie ist schlecht darin, internationale Finanzakteure zu kontrollieren. Das muss sich schleunigst ändern.“

Kleiner Fehler lenkt von grundlegender Kritik ab

Bei dem Vergleich ist Habeck ein kleiner Fehler unterlaufen: Die BaFin ist nicht für Handwerkerrechnungen zuständig, das übernimmt in der Regel das Finanzamt. Die Finanzaufsicht überprüft vielmehr Banken, Versicherer und andere Kapitalmarktgesellschaften.

Habecks Aussage nahmen unter anderem zwei Bundestagsabgeordnete zum Anlass, ihm auf Twitter „Ahnungslosigkeit“ vorzuwerfen. Matthias Hauer von der CDU schrieb: „Man staunt über das Ausmaß an Ahnungslosigkeit.“ Und Frank Schäffler von der FDP schrieb: „Nichts wissen, nichts verstehen, alles sagen.“

Dabei nahmen die beiden Politiker aufeinander Bezug. Was wohl daran lag, dass sie sich aus einer gemeinsamen Tätigkeit kennen: Beide sind Mitglieder des Verwaltungsrates bei der BaFin. Ihre Aufgabe ist es damit, die Behörde zu kontrollieren und dafür zu sorgen, dass sie ihre Aufgaben erfüllt.

Im Kern stimmen die Politiker überein

Und da bestehen, nicht erst seit der Kritik des Oppositionellen Habecks, berechtigte Zweifel: Wie können Finanzskandale in einer Größenordnung der Cum-Ex-Geschäfte so lange unbemerkt bleiben, wodurch nach vorsichtigen Schätzungen ein Schaden zwischen zehn und zwölf Milliarden Euro entstanden ist?

Deshalb muss auch die Arbeit der Finanzaufsicht hinterfragt werden dürfen. Vor allem nach den jüngsten Erkenntnissen: Erst kürzlich hat der Spiegel über ein Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages berichtet, wonach es die BaFin versäumt habe, trotz bestehender Ungereimtheiten Wirecard schärfer zu kontrollieren.

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In dem Artikel kam auch der FDP-Politiker Schäffler zu Wort. Und er stimmte darin mit der Kritik Habecks an der BaFin überein – er ging sogar noch einen Schritt weiter: Er selbst hätte viel früher eine großangelegte Bilanzprüfung von Wirecard erwartet. Und: „Die BaFin hätte im Fall Wirecard einschreiten können, und aus meiner Sicht auch müssen. Ich sehe die BaFin-Spitze deshalb persönlich in der Verantwortung.“ Davon aber war auf Twitter dieser Tage nichts zu lesen.

Darum ging es eigentlich

Im Finanzskandal des Zahlungsdienstleistungsunternehmens Wirecard AG geht es um Bilanzfälschung in Milliardenhöhe. Mitarbeiter*innen haben Umsätze erfunden, um so an Kredite von Banken und anderen Investoren zu kommen. Die Staatsanwaltschaft München geht derzeit von einem Schaden in Höhe von 3,2 Milliarden Euro, die sich Wirecard von Banken und Investoren geliehen hat, aus. Weil sich das Unternehmen zwischenzeitlich insolvent gemeldet hat, ist das Geld vermutlich verloren.

Video: Streamingdienst TVNOW verfilmt Wirecard-Skandal