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Grünes Licht: Polnische Dörfer setzen Zeichen für Geflüchtete

Ein grünes Licht hinter dem Fenster steht in der Grenzregion für ein Hilfsangebot (Symbolbild: Getty Images)
Ein grünes Licht hinter dem Fenster steht in der Grenzregion für ein Hilfsangebot (Symbolbild: Getty Images)

An der Grenze zwischen Belarus und Polen geht die Armee mit alle Härte gegen Flüchtende vor. Doch Anwohner setzen ein starkes Zeichen für mehr Menschlichkeit.

Die Bilder von der belarussichen Grenze sind furchtbar. Durch das unwirtliche Grenzgebiet zu Polen versuchen seit vielen Wochen immer mehr flüchtende Menschen aus dem Irak, Iran, Jemen und zunehmend auch aus Afghanistan nach Europa zu gelangen. Doch sie werden von Grenzpatrouillen abgefangen. Immer wieder sterben Menschen, gegen die Armee und die Polizei gibt es heftige Vorwürfe. Bewohner der karg besiedelten Grenzregion berichteten ausländischen Journalisten von den erschütternden Zuständen vor Ort. Gegenüber tagesschau.de sagte eine Dorfbewohnerin aus Bialowieza: "Ich kann nur sagen, dass es schrecklich ist. Wenn ich durch unseren Ort gehe, sehe ich viel Armee und Polizei, ansonsten ist es menschenleer." So stelle sie sich den Krieg vor, fügte sie hinzu.

Erschreckende Bilder aus der Grenzregion

Die Grenze zwischen den beiden Ländern ist mehr als 400 Kilometer lang, inzwischen hat sich dort ein etwa drei Kilometer breiter Sperrstreifen in den Sümpfen und Wäldern entwickelt. Der polnischen PiS-Regierung werden immer wieder sogenannte Pushbacks vorgeworfen. Flüchtende, die von den Grenzpatrouillen festgenommen werden, werden zurück nach Belarus geschickt. NGOs berichten, dass freiwilligen Helfern der Zugang zur Grenzregion nicht ermöglicht wird.

Von der Grenzpolizei aufgehaltene irakische Migranten an der polnischen Grenze (Bild: REUTERS/Kacper Pempel)
Von der Grenzpolizei aufgehaltene irakische Migranten an der polnischen Grenze (Bild: REUTERS/Kacper Pempel)

Die EU hat den Druck auf die belarussische Regierung von Alexander Lukaschenko inzwischen erhöht, auch der Druck auf die polnische Regierung wächst. In der Grenzregion ist die PiS normalerweise sehr stark, doch seitdem die Bewohner den Umgang mit den ankommenden Geflüchteten hautnah miterleben, hat sich etwas verändert. Vielen ist der harte Kurs der Regierung nicht mehr nachvollziehbar. Sie setzen nun ein Zeichen für mehr Menschlichkeit.

Das Dorf Podlachien machte den Anfang. Wie die taz berichtete, hatte ein Einwohner namens Kamil Syller die ursprüngliche Idee. Syller hilft selbst als Freiwilliger bei einer Flüchtlingsorganisation. Er suchte nach einem Symbol, mit dem die Anwohner zeigen können, dass Geflüchtete bei ihnen Hilfe finden. Und kam auf die grüne Lampe. Überall dort, wo nun ein grünes Licht im Fenster scheint, können Geflüchtete auf eine freundliche Aufnahme hoffen, werden mit Essen, Wasser oder auch einer Übernachtungsmöglichkeit versorgt.

Grünes Licht als Symbol der Hoffnung

Grün ist die Farbe des Islam, in der Region gibt es viele kleine grüne Moscheen aus Holz, die vor Jahrhunderten von dort angesiedelten Tataren gebaut wurde. Deshalb, glaubt Syller, würden die Flüchtenden, von denen viele muslimischen Glaubens sind, das Symbol schnell und einfach verstehen. Seine Idee sprach sich herum, auch in dem 3000-Einwohner Dorf Michałowo leuchten nun grüne Lampen in den Fenstern. Von dort stammten die erschreckenden Bilder, die zeigten, wie schonungslos polnische Grenzbeamte hilfsbedürftige Mütter und Kinder gewaltsam abschoben. Das polnische Fensehen sprach von einer "Invasion" und nennt die Geflüchteten eine "Provokation Lukaschenkos".

Mehr als tausend Menschen demonstrierten in Warschau gegen die harte Grenzpolitik der polnischen Regierung
Mehr als tausend Menschen demonstrierten in Warschau gegen die harte Grenzpolitik der polnischen Regierung. (Bild: STR/NurPhoto via Getty Images)

Doch die Menschen in Michałowo sehen das anders Der Bürgermeister des Dorfes und der gesamte Stadtrat schlossen sich der Grünen Licht-Aktion an, nachdem sie die TV-Bilder vor ihrer Haustür gesehen hatten. Inzwischen breitet sich das Symbol an der gesamten Grenze aus. Auch in der polnischen Hauptstadt Warschau demonstrierten am vergangenen Wochenende mehr als tausend Menschen gegen das Vorgehen an der Grenze. Doch die Regierung von Ministerpräsident Mateusz Morawiecki zeigt sich bislang wenig beeindruckt. Momentan berät der Senat sogar über eine weitere Verschärfung des Grenzgesetzes, die es Beamten erlauben würde, das Gesuch nach Asyl schlicht zu ignorieren.

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