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Job-Speed-Dating in Köln: Gute Chancen für Schüler mit Behinderung in elf Unternehmen

Rund 100 Jugendliche mit unterschiedlichem Förderschwerpunkt waren dabei.

Laurenz ist 15 Jahre alt, hat ein gewinnendes Lächeln und weiß, was er will: „Ich interessiere mich für die technischen Berufe.“ Er steuert den Stand der Firma Eulog an. Das Inklusionsunternehmen bietet Menschen mit einer Lernschwäche, einer körperlichen oder einer psychischen Beeinträchtigung eine ganze Palette von Betätigungsfeldern, beispielsweise als Hausmeister oder Montagemitarbeiter, im Lager und der Logistik, bei der Gartenpflege und der Renovierung. Es ist eines von insgesamt elf Unternehmen, die sich beim Job-Speed-Dating für Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen präsentieren, die der Landschaftsverband Rheinland (LVR) in Kooperation mit der Großkundenberatung Bundesagentur für Arbeit in der Johann-Joseph-Gronewald-Schule veranstaltet. Besondere Förderung im sprachlichen Bereich Laurenz besucht die LVR-Heinrich-Welsch-Schule in Flittard. Er benötigt eine besondere Förderung im sprachlichen Bereich. Seine Klassenlehrerin Claudia Horstmann erläutert das genauer: „Er hat Schwierigkeiten damit, längeren Texten Informationen zu entnehmen und sie weiterzuverarbeiten“, schildert sie. „Er hat zunächst eine Realschule besucht, aber dort großen Stress gehabt.“ Auf der Heinrich-Welsch-Schule lernt Laurenz besser, mit kürzeren Texten und der nötigen Zeit. „Er wird aber auf jeden Fall im kommenden Jahr seinen Hauptschulabschluss bestehen“, betont Horstmann. Das weiß auch Laurenz. Selbstbewusst bringt er sein Anliegen auf den Punkt. „Nächstes Jahr schließe ich die Schule ab“, erzählt er der Eulog-Mitarbeiterin Anne Karbaum. „Dann möchte ich eine Ausbildung als Lagerist machen.“ Er habe auch bereits praktische Erfahrungen zu bieten. „Ich bin seit sechs Jahren bei der Freiwilligen Feuerwehr“, merkt er an. Karbaum lächelt. Rund 100 Jugendliche mit Förderschwerpunkten Der junge sympathische Mann hat sie schnell überzeugt. „Ich sehe wirklich überhaupt nichts, was dagegenspricht, dass Laurenz ein Praktikum bei uns absolviert“, kommentiert sie und verspricht: „Ich melde mich bei Dir wegen des Vorstellungsgesprächs.“ Vor den Ständen einiger Unternehmen haben sich mittlerweile Schlangen gebildet. Bekannte Namen sind dabei: Bayer, Thyssenkrupp, Primark, Lanxess, die Deutsche Post, sogar die Bundeswehr. Rund 100 Jugendliche von Schulen mit unterschiedlichem Förderschwerpunkt des LVR sind gekommen, wie der Johann-Joseph-Gronewald-, der Anna-Freud-, der Belvedere- oder Heinrich-Welsch-Schule, aber auch von inklusiven Schulen wie dem Elisabeth-von-Thüringen-Gymnasium, der Offenen Schule und der Elly-Heuss-Knapp Realschule. Sie tingeln in der Schulaula zwischen den Ständen hin- und her, Bewerbungsmappen in der Hand. Der Begriff „Speed“ ist hier allerdings relativ. Es gibt keine engen Taktungen, kein Signal, das ein Gespräch abrupt beendet und zum Wechsel mahnt. Die Bewerber bekommen die Zeit, die sie brauchen, um sich zu informieren. Kochausbildung mit stark gekürztem Theorieteil Geduldig warten viele Jugendliche am Stand der Brauerei Früh. Dort unterhält sich eine gehörlose junge Frau mit Unterstützung einer Gebärdensprachdolmetscherin mit den Firmenmitarbeitern. Sie interessiert sich für ein Praktikum in der Gastronomie. Personalleiter Guido Fussel hört geduldig zu. Der Brauereibetrieb hat bereits einige Erfahrung mit Mitarbeitern, die mit einer körperlichen Beeinträchtigung leben. Das Unternehmen bietet seit einiger Zeit eine „Fachpraktikerausbildung“ in der Küche an, also eine zweijährige Kochausbildung mit stark gekürztem Theorieteil. „Wir haben auch gehörlose Mitarbeiter im Housekeeping im Hotel“, schildert Fussel. Die Kommunikation laufe ganz einfach mit Zettel und Stift. Mittlerweile begrüße die Vorgesetzte die Mitarbeiter aber mit Gebärdensprache, die sie sich mit Hilfe von Youtube-Clips selbst beigebracht hat. „Ich muss doch mit meinem Team reden können“, fand sie. Fussel ist mittlerweile klar: Von dem Miteinander lernen alle Beteiligten. Silke Kunzmann, Mitarbeiterin des Integrationsfachdienstes (IFD), die im Auftrag des LVR Schülerinnen und Schüler bei der Praktikumssuche und bei Bewerbungen unterstützt, lobt die Kölner Brauerei. „Früh ist sehr offen gegenüber den Jugendlichen mit Förderbedarf.“ Aber auch viele andere Unternehmen hätten sich mittlerweile auf die jungen Menschen mit Behinderungen eingestellt. Stefanie Freudenreich, Mitarbeiterin des LVR-Integrationsamts, kennt einen Grund dafür: „Für die Unternehmen ist das von Vorteil. Schließlich herrscht ein Fachkräftemangel“, sagt sie. Job-Speed-Dates an vier Standorten in NRW Seit 2016 veranstaltet der LVR bereits die Job-Speed-Dates an vier Standorten in NRW, in Aachen, Essen, Düsseldorf und regelmäßig auch in Köln – mit Erfolg. Helmut Gerosa von der Bundesagentur für Arbeit hat inzwischen einige Erfahrung mit der Vermittlung der Besucher dieser Veranstaltung auf den Arbeitsmarkt und weiß, dass der Weg meist lang ist, aber am Ende dann eben doch belohnt wird. „Oft fangen die Schüler erst einmal mit einem Praktikum an, absolvieren dann ein zweites. Manchmal folgt noch der Besuch eines Berufskollegs“, so Gerosa. Es kann vielleicht noch ein bisschen dauern, bis Laurenz Stenzel einen Ausbildungsplatz als Lagerist ergattert, aber seine Aussichten sind gut. Auch im nächsten Jahr ist wieder ein Job-Speeddating für Menschen mit Behinderungen geplant. Wann und wo es stattfindet, steht allerdings noch nicht fest. www.lvr.de...Lesen Sie den ganzen Artikel bei ksta