Höhere Renten, niedrigere Beiträge - Diese drei Länder zeigen uns, wie wir unsere Rente retten
Unsere Rente muss nicht zusammenbrechen: Überall in Europa leben die Menschen länger. Vor allem drei Länder versorgen ihre Senioren trotzdem besser als die Bundesrepublik. Oft, weil sie längst umgesetzt haben, was in Deutschland noch diskutiert wird.
Niederlande: Rente fast wie das letzte Gehalt dank Dreifachvorsorge
Beinahe mit dem letzten Einkommen in Rente gehen: Was für Deutsche ein Traum bleibt – sie erhalten durchschnittlich weniger als die Hälfte ihres letzten Einkommens als Rente –, ist in den Niederlanden fast Realität: Dort beziehen Rentner, die seit ihrem 15. Lebensjahr 50 Jahre im Land gelebt haben, laut OECD rund vier Fünftel ihres letzten Gehalts als Rente.
In internationalen Vergleichstests landet das niederländische Rentensystem regelmäßig unter den ersten drei Rängen. Gute Auszahlungen, nachhaltig und gerecht, urteilt etwa das Mercer-Institut.
Die Niederlande stützen ihr Rentensystem auf drei Säulen:
Säule eins: Staatliche Rentenversicherung, aber anders als in Deutschland
Im Gegensatz zu Deutschland richten die Niederländer die Höhe der staatlichen Rente nicht nach der Höhe der eingezahlten Beiträge. Sie richten sie nach der Höhe der Versicherungsdauer. Wie lange Angestellte arbeiten und wie viel sie einzahlen, spielt keine Rolle.
Wer ab seinem 15. Lebensjahr 50 Jahre in den Niederlanden gelebt hat, erhält immer 70 Prozent des Netto-Mindestlohns plus Urlaubsgeld als Rente. Alleinstehende Rentner bekommen nach diesem Modell derzeit rund 1500 Euro. Menschen mit Partner erhalten je rund 1000 Euro, zusammen also rund 2000 Euro.
Die Mindestsicherung liegt dadurch höher als in Deutschland. Das verringert die Gefahr von Altersarmut.
Säule zwei: Betriebsrente, aber verpflichtend
In den Niederlanden zahlen neun von zehn Angestellte in eine betriebliche Altersvorsorge ein. Fast alle Betriebe müssen eine solche anbieten.
In Deutschland besitzt nur rund jeder zweite Angestellte eine betriebliche Altersvorsorge. Dadurch stocken Niederländer ihre gesetzliche Rente häufiger auf als Deutsche und stehen im Alter besser da.
Säule drei: Eigenvorsorge, aber mit Förderung
Die Niederlande fördern die private Altersvorsorge: Leibrenten, Kapitalversicherungen und Lebensversicherungen erhalten Steuervorteile.
Was Deutschland lernen kann:
In Deutschland soll die gesetzliche Rente derzeit zwei Ziele erreichen: den Lebensstandard im Alter erhalten und Altersarmut vermeiden. An beiden Zielen scheitert sie: Geringverdiener rutschen oft in Altersarmut. Auch Gutverdiener halten ihren Lebensstandard nicht.
Die Niederlande verfolgen mit ihrer staatlichen Rente nur ein Ziel: Altersarmut vermeiden. Dieses Ziel erreichen sie.
Dadurch verdeutlichen sie Arbeitnehmern: Wer seinen Lebensstandard im Alter halten will, muss selbst etwas tun. Betriebsrente nutzen, selbst vorsorgen. Der Staat hilft dabei. Aber er nimmt den Menschen die Aufgabe nicht ab.
Diese Logik könnte das deutsche Rentensystem retten: Nähert sich die gesetzliche Rente dem Kollaps, brauchen Angestellte weitere Absicherungen. Das kann ihnen der Staat vermitteln, statt sie durch garantierte Rentenniveaus zu ermutigen, sich doch auf die gesetzliche Rente zu verlassen. Das niederländische System zeigt, wie das geht.
Der Staat muss nicht alles garantieren. Altersarmut vermeiden? Ja. Aber jeden eingezahlten Cent einer privaten Absicherung wieder ausgezahlt bekommen? Nein. Letztere Logik ruinierte die Riester-Rente: Weil Anbieter Versicherten mindestens ihre Beiträge auszahlen mussten, setzten sie auf Todsicher-Anlagen mit Mini-Renditen. Empfänger reagierten enttäuscht. Da hätten sie das Geld auch gleich behalten können.
Die Bundesregierung verfolgt Pläne, die die Deutschen zu mehr Eigenvorsorge bewegen sollen. Finanzminister Christian Lindner (FDP) umriss jüngst Pläne für ein Altersvorsorgedepot. Andere Politiker kritisieren börsenbasierte Vorsorgepläne jedoch weiterhin.
Island: Geringere Beiträge, trotzdem höhere Auszahlungen
Auch das isländische Rentensystem landet in Vergleichstests regelmäßig auf einem der ersten drei Plätze. Es ähnelt dem niederländischen Modell, unterscheidet sich aber vor allem in einem Punkt: Das Rentenniveau liegt deutlich niedriger, nur bei rund 60 Prozent. Dafür zahlen Angestellte aber niedrigere Beiträge.
Für die staatliche Säule ihrer Altersvorsorge zahlen Arbeitnehmer nur 6,35 Prozent ihres Gehalts an Beiträgen. In den Niederlanden sind es laut Deutscher Rentenversicherung 17,9 Prozent, aber maximal rund 2100 Euro.
Zusätzlich zahlen Isländer verpflichtend vier Prozent ihres Gehalts in Pensionsfonds ein. Arbeitgeber legen weitere 11,5 Prozent obendrauf. Für betriebliche und staatliche Altersvorsorge zahlen Angestellte also selbst nur rund zehn Prozent ihres Einkommens.
Was Deutschland lernen kann: Die Isländer sichern Angestellte effizienter ab als die Deutschen. In Deutschland, wo sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber den Beitrag zur gesetzlichen Rente teilen, zahlen derzeit beide 9,3 Prozent des Gehalts. In den nächsten Jahren steigt der Anteil auf bis zu zwölf Prozent. Deutlich mehr als in Island. Trotzdem erhalten die Menschen dort im Durchschnitt ein Viertel mehr Rente als hier: 60 Prozent des letzten Verdienstes statt 48 Prozent.
Deshalb bewertet etwa der Globale-Rentenindex des Mercer-Instituts die Zukunftssicherheit des isländischen Modells mit 84 von 100 Punkten, die des deutschen aber nur mit 45.
Ein Grund dafür ist, dass die Isländer, ähnlich wie die Niederländer, die Höhe der staatlichen Rente von der Dauer des Aufenthalts in Island und nicht von der Höhe der Einzahlungen abhängig machen. Damit sichern sie zum Beispiel Frauen besser ab, die wegen der Kinder kürzergetreten sind. Diese sind in Deutschland besonders häufig von Altersarmut betroffen.
Dänemark: Länger arbeiten, stabileres System
Das dänische Rentensystem erhält gute und sehr gute Noten ein, glänzt aber vor allem in einem Bereich: Zukunftssicherheit.
Auch die Dänen bemessen die Höhe ihrer Renten nach der Wohnzeit im Land statt dem Einkommen: Alleinstehende, die zwischen dem 15. und 65. Lebensjahr mindestens 40 Jahre in Dänemark gelebt haben, bekommen insgesamt rund 2000 Euro Grund- und Zusatzrente. Verheiratete erhalten zusammen rund 3000 Euro.
Ihre erstklassige Zukunftssicherheit verdienen sich die Dänen durch langes Arbeiten. Während die Deutschen diskutieren, ob sie mit 63, 65 oder 67 Jahren in Rente gehen sollen, heben die Dänen ihr Renteneintrittsalter mit der steigenden Lebenserwartung an. Wer heute mindestens 54 Jahre alt ist, geht erst mit 69 Jahren in Rente.
Was Deutschland lernen kann: Das deutsche Rentensystem liegt im internationalen Vergleich im Mittelmaß. Im Global Pension Index erreicht es Platz 19 von 48 bewerteten Ländern. In allen Bereichen erzielt es bessere Noten als die Rentensysteme in Österreich, Italien und Spanien. Einige Dinge macht es gut: Im Punkt Angemessenheit belegt es Platz neun. Die Gesamtbewertung trübt vor allem die schlechte Zukunftssicherheit: Hier landet Deutschland auf Platz 36 von 48 - neun Plätze hinter Botswana.
Stellt die Bundesregierung deutsche Renten zukunftssicherer auf, verbessert sie das Rentensystem am schnellsten. Ein späteres Renteneintrittsalter wäre nach an den Zahlen der Experten dafür ein guter Ansatzpunkt.