"Die Höhle der Löwen": Gründer ohne Ausbildung kämpft bei Pitch mit den Tränen

Olaf Zimmer will das Erlebnis beim Shopping wieder warmherziger und menschlicher machen: Seine App
Olaf Zimmer will das Erlebnis beim Shopping wieder warmherziger und menschlicher machen: Seine App

 

Euphorische Stimmung, Gänsehaut und Glücksgefühle in der "Höhle der Löwen": Und das nicht nur, weil die Star-Investoren mit einem Musikhelm in ein Privatkonzert-Erlebnis eintauchen durften. Vor allem ein bescheidener Machertyp, der das Online-Einkaufen revolutionieren möchte, begeisterte die Profis.

Vielleicht ist es tatsächlich keine schlechte Idee, den "Die Höhle der Löwen"-Investoren, die auf ihren Sesseln sitzend immer auf brandneue Geschäftsideen lauern, zur Abwechslung mit Nostalgie zu kommen. Genau diesen warmherzigen Ton schlug Olaf Zimmer, ein 42-jähriger Vollbarträger mit einer tiefenentspannten Aura, in seiner Pitch-Präsentation in der VOX-Gründershow an.

"Ich komme noch aus einer Zeit, in der man in der Innenstadt seine Einkäufe erledigt hat", sagte er und blickte in sentimentale Gesichter, unter anderem von Unternehmerin Dagmar Wöhrl. Damals war Shopping noch ein Erlebnis und der Bummel durch die Geschäfte sowie die persönlichen Gespräche mit dem Verkaufspersonal "eine Welt voller Inspiration", wie Zimmer fand.

Genau an diese Zeit möchte er anknüpfen - mit sehr modernen Mitteln: Der Selfmade-Unternehmer stellte seine Einkaufs-App "eSelly" vor. Sie soll die Vorzüge des Online-Shoppings mit den Kontaktmöglichkeiten von Social-Media-Apps zusammenbringen. Und er hat große Pläne, die zunächst ein wenig hochfliegend, dann aber immer überzeugender klangen. "Ich bin ein Macher", sagte Olaf Zimmer. "Und ich möchte eSelly zur globalen Marke machen."

Ein Machertyp ohne Allüren: Der
Ein Machertyp ohne Allüren: Der

 

"Alle paar Jahre gibt es eine App, die alles auf den Kopf stellt"

Tatsächlich bewegt er sich auf einem Feld, das Branchenriesen wie eBay Kleinanzeigen oder Amazon längst dominieren. Allerdings setzt "eSelly" auf den Charme der direkten Kontaktmöglichkeiten zwischen privaten wie gewerblichen Verkäufern und den Shopping-Interessierten. So gibt es über die App etwa die Möglichkeit, beim "Selly Call" ein Eins-zu-Eins-Gespräch zu führen oder in der "Selly Show" eine Art Live-Verkaufsshow im improvisierten Teleshopping-Stil durchzuführen. Vielleicht trifft der junge Selber-Macher, der keine Berufsausbildung machte und nie eine Uni von innen sah, tatsächlich einen Nerv.

Die App "eSelly" soll Einkaufen wieder zu Erlebnis machen - etwa dadurch, dass man direkte Kontakte zum lokalen Handel oder zu Wochenmärkten erhält. "Alle paar Jahre gibt es eine App, die alles auf den Kopf stellt und ohne die man nicht mehr leben möchte", meinte der Gründer. "Genau so eine App möchte ich Ihnen heute vorstellen." Siehe da: Seine Taktik ging auf!

Das rasche Geld-Verdienen steht dabei zunächst offenbar nicht im Vordergrund. Olaf Zimmer will mit Löwenhilfe zunächst die Reichweite und den Bekanntheitsgrad von "eSelly" stärken. Längerfristig sollen Einnahmen durch ein Provisionsmodell generiert werden, bei dem gewerbliche Verkäufer ein Prozent des Umsatzes an seine Firma überweisen müssen. Für Privatkäufer und -verkäufer ist die Nutzung von "eSelly" aktuell kostenlos.

Janna Ensthaler erkannte das gewissen Funkeln in den Augen des
Janna Ensthaler erkannte das gewissen Funkeln in den Augen des

 

"Du bist für mich einer der besten Typen, die je hier waren"

Dass sich Zimmer mit solchen Geschäften auskennt, hat er schon vorher bewiesen: Er baute ein eigenes Reselling-Unternehmen auf, das heute 75 Mitarbeiter beschäftigt und angeblich bereits einen Umsatz von 40 Millionen Euro erwirtschaftet. Daher könne er selbst auch bei Bedarf eigenes Geld in "eSelly" schießen. Was er benötige, sei Profi-Hilfe beim Wachstum. "Ich brauche unbedingt die Expertise, wie man eine Marke schnell aufbaut." Seine Wunschvorstellung: Olaf Zimmer möchte 250.000 Euro für 20 Prozent der Anteile an "eSelly" haben.

Was ganz schnell bei ihm eintrudelte, waren tolle Komplimente - und die lösten unerwartete Reaktionen aus. Zwischenzeitlich wirkte der Gründer fast den Tränen nahe. "Es gibt wirklich wenige, die das Unternehmer-Gen haben", schwärmte Dagmar Wöhrl von dem "eSelly"-Gründer. Und auch Nils Glagau zeigte sich stark beeindruckt. "Du bist ein Top-Gründer."

Besonders euphorisch verteilte Ralf Dümmel Lob an Olaf Zimmer - womöglich, weil er sich selbst als Nicht-Akademiker in dem 42-Jährigen ein wenig wiedererkannte. "Ich liebe solche Typen wie dich", sagte Dümmel. "Du bist für mich einer der besten Typen, die je hier waren."

Ähnlich entschlossen und auch ein wenig kantig wirkte Lars Hähling, der Gründer von
Ähnlich entschlossen und auch ein wenig kantig wirkte Lars Hähling, der Gründer von

 

Gründer ist "Höhle der Löwen"-Fan "seit der ersten Folge"

Dumm nur: Trotz der vielen Herzen, die Olaf Zimmer zuflogen, fand sich zunächst kein Investor für ihn. Es hagelte elegant verpackte, freundliche, aufmunternde, aber eben doch eindeutige Absagen. Bis auf Janna Ensthaler, selbst einst als "Glossy Box"-Gründerin erfolgreich: "Ich kann heute einfach nicht Nein sagen", meinte sie. Sie möchte mit "eSelly" eine "neue Ära des Online-Shoppings" einläuten und ihr starkes Netzwerk einbringen.

Bei den Konditionen einigte man sich auch noch: Olaf Zimmer ließ sich nach kurzer Bedenkzeit darauf ein, 30 statt der ursprünglich gewünschten 20 Prozent an seiner jungen App-Firma abzugeben. "Ich habe genau die Energie gespürt", die ich brauche, um das zu machen", sagte er nach einem tiefen Blick in Janna Ensthalers Augen. Und dann bahnten sich wirklich Freudentränchen ihren Weg. "Ich bin ein Fan seit der ersten Folge", sagte er über die VOX-Show. "Es war mir eine Ehre."

Laut Business Insider kam es im Anschluss an die Sendung letztlich doch nicht zu einem Deal. Die weiteren Details erfahren Sie hier: Doch kein DHDL-Deal für die Flohmarkt-App Eselly

Die To-Go-Gemüsebrühe
Die To-Go-Gemüsebrühe

 

"Du hast alles riskiert, warum soll ich nicht auch was riskieren?"

Ein Party-Spaß für alle Beteiligten war dagegen die Präsentation des "Headwave"-Musiksystems, das Motorradfahrerin Sophie Willborn in der "Höhle der Löwen" vorstellte. Sie verwandelt über einen außen auf dem Helm fest aufgeklebten Bluetooth-Lautsprecher den Kopfschutz von Bikern, künftig aber auch von Radlern, Skifahrern oder Bauarbeitern in einen Resonanzkörper - für ein ganz privates Klang-Konzert-Erlebnis. Tolle Idee, die die Löwen zum Tanzen brachte. Allerdings kam wegen einiger grundsätzlicher Bedenken gegen das Motorradfahren (bei Judith Williams und Nils Glagau), vor allem aber wegen der hohen Firmenbewertung für "Headwave" kein Deal zustande.

Sophie Willborn aus Berlin sorgt dafür, dass man unter dem Helm dank ihrer Erfindung
Sophie Willborn aus Berlin sorgt dafür, dass man unter dem Helm dank ihrer Erfindung

Ebenfalls ohne Abschluss mussten die smarten internationalen Entwickler von "Bearcover" abziehen, die ein KI-getriebenes Robotersystem für die Unterstützung der Arbeit von Pflegekräften vorstellten. Dafür durften sich zwei sympathische Tüftler-Brüder hinter dem intelligenten Problemlöser "ModulFix", einem cleveren Spanngummi-System, über einen Deal mit Ralf Dümmel freuen.

Und "Mister Regal" gab sich dann auch noch bei "Foodwater", einer Gemüsebrühe in der Mehrwegflasche, einen Ruck. Auch hier zählte das Selbermacher-Gen des mutigen Gründers, der für seine Geschäftsidee eine Karriere in der Auto-Industrie an den Nagel gehängt hatte. "Du hast alles riskiert", sagte Dümmel. "Warum soll ich nicht auch was riskieren?"

Leider gab es bei "Foodwater" nach der Aufzeichnung der Folge eine negative Entwicklung: Weitere Details finden Sie hier:

Darum ging das DHDL-Startup Foodwater schon vor der Ausstrahlung pleite