„H2Mare“ - Wasserstoff am Windrad: Deutsche Erfindung schafft wichtigen großen Durchbruch
Lässt sich Wasserstoff am besten und billigsten am Windrad auf hoher See produzieren? Das erforscht ein Leitprojekt der Bundesregierung. Jetzt haben die Macher einen Durchbruch verkündet - doch eine wesentliche Hürde steht noch im Weg.
Ziel des „H2Mare“-Projektes ist es, auf hoher See (Offshore) günstigen grünen Wasserstoff herzustellen, ohne auf ein Stromnetz an Land angewiesen zu sein. Dadurch würden Stromkosten entfallen und weniger Energie verloren gehen. Jetzt sei es gelungen, die ersten Mengen des grünen Wasserstoffs zu produzieren, teilten die Projektträger Fraunhofer-Institut, Forschungszentrum Jülich, Siemens Gamesa und RWE mit. Ein wichtiger Durchbruch wäre damit geschafft.
Auf See herrschten „beste Bedingungen zur Erzeugung erneuerbaren Stroms", schreibt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), das H2Mare als Leitprojekt fördert. Die direkte Herstellung von Grünem Wasserstoff in Offshore-Anlagen aus Windenergie ohne Netzanbindung könne die Kosten gegenüber der Erzeugung an Land deutlich senken.
Beste Bedingungen für grünen Strom auf hoher See
In Offshore-Anlagen auf hoher See sollen dazu Elektrolyseure mit Windenergieanlagen gekoppelt werden. Diese neuartigen, kompakten Hochsee-Elektrolyseure sollen trotz rauer Bedingungen auf See „effizient und quasi-autark arbeiten", so das BMBF.
Andreas Reuter, Direktor des Fraunhofer-Instituts für Windenergiesysteme (IWES), ist davon überzeugt, dass die neue Technik funktioniert und H2Mare „einen großen Fortschritt" für Grünen Wasserstoff bedeuten kann. „Die Offshore-Erzeugung ohne Netzanschluss ist mit erheblichen Kosteneinsparungen verbunden und ermöglicht eine großskalige Produktion vor unserer Haustür", sagt Reuter zu FOCUS online Earth.
Unter den vielen verschiedenen Arten des Wasserstoffs ist grüner Wasserstoff der ökologisch sauberste und nachhaltigste: Die Produktion über einen Elektrolyseur verwendet ausschließlich erneuerbare Energien wie Wind und Sonne. Es ist die einzige Methode, bei der keine Treibhausgase entstehen, im Gegensatz etwa zu schwarzem oder braunem Wasserstoff. Dabei werden Steinkohle oder Braunkohle vergast. Neben Kohlenstoffdioxid (CO2) und Wasserstoff entsteht zusätzlich das giftige Gas Kohlenmonoxid (CO).
Die sauberste Lösung
Auch grauer Wasserstoff ist nicht sehr viel besser. Bei dem Produktionsprozess reagieren Erdgas und Wasser bei hoher Temperatur und Druck miteinander. So entstehen Wasserstoff und Kohlenstoffdioxyd (CO2). Bei der Herstellung von einer Tonne Wasserstoff werden mit dieser Methode gleichzeitig rund zehn Tonnen klimaschädliches CO₂ freigesetzt.
Grüner Wasserstoff ist hingegen klimaneutral. Dennoch hat er sich noch nicht durchgesetzt. Weltweit liegt die grüne Variante unter einem Prozent der weltweiten Wasserstoffproduktion.
Der Grund sind höhere Kosten, fehlende Infrastruktur und zu wenig erneuerbare Energien. Die Herstellung von grünem Wasserstoff kostet derzeit mehr als doppelt so viel wie der aus Erdgas. Um den gesamten Wasserstoffsektor so aufzubauen, dass er 15 bis 20 Prozent des weltweiten Energiebedarfs deckt, müsste laut der Energy Transitions Commission, einer internationalen Denkfabrik, bis 2050 rund 15 Billionen Dollar investiert werden.
Doch die Preise für grünem Strom und die Herstellung von Wasserstoff mittels Elektrolyse fallen. Gleichzeitig steigen die Abgaben für den Ausstoß von CO₂. Das wird die Kostenunterschiede in den kommenden Jahren zugunsten des grünen Wasserstoffs verändern.
Daher sieht Reuter große Chancen für grünen Wasserstoff, der auf hoher See produziert wird. „Die Offshore-Erzeugung von Wasserstoff hat ein großes Potenzial, da es deutliche Kostenvorteile verspricht und zusätzliche Flächen in der Nordsee und an anderen Offshore-Standorten wirtschaftlich verfügbar macht", so der Instituts-Direktor.
Hochsee-Tauglichkeit muss noch getestet werden
Allerdings sei H2Mare ein Forschungsprojekt, in dem „schrittweise die notwendigen anspruchsvollen Technologien entwickelt" werden. Die H2 Mare-Anlage werde daher zunächst an Land (Onshore) getestet, wo zwei Elektrolyseure an ein Windrad angeschlossen wurden. Den Hochsee-Test muss die H2Mare-Anlage erst noch bestehen. „Denn eine Wartung und Montage der Anlage auf hoher See stellt deutlich größere Anforderungen an das Anlagendesign", schreibt das BMBF.
Die bisherigen Ergebnisse stimmen Reuter jedoch optimistisch: „Allein das Wissen, das wir bei der Integration von Elektrolyseuren in eine Windenergieanlage bisher gewonnen haben, ist gewaltig. Jetzt können wir zeigen: Der Ansatz funktioniert, die Erfolgsaussichten sind also gut." Wann die Offshore-Wasserstoffanlagen in den Betrieb gehen, könne er aber noch nicht sagen: „Die Entwicklungen sind gerade viel zu dynamisch, um schon heute abschätzen zu können, wo wir wie schnell wie viel Wasserstoff Offshore produzieren können."
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