Arbeitskampf mit potenziell massiven Folgen: Hafenarbeiter an US-Ostküste streiken
Wenige Wochen vor der US-Präsidentschaftswahl legt ein Streik der Hafenarbeiter an der US-Ostküste den Außenhandel lahm. Der Arbeitskampf begann nach einem Aufruf der Gewerkschaft ILA, die rund 25.000 Arbeiter in 14 großen Häfen vertritt, in der Nacht zum Dienstag. Die Verhandlungen über einen neuen Arbeitsvertrag waren laut Gewerkschaft zuvor gescheitert. US-Präsident Joe Biden rief zu "schnellen und fairen" Verhandlungen auf, um den Streik zu beenden.
Der Streik der Hafenarbeiter könnte die US-Wirtschaft wöchentlich mehrere Milliarden Dollar kosten. Lieferungen von Lebensmitteln bis hin zu Elektronikgeräten sind beeinträchtigt. "Alle Häfen von Maine bis Texas" entlang der Ostküste seien lahmgelegt, erklärte die ILA.
"Wir sind bereit, so lange wie nötig zu kämpfen und so lange zu streiken, wie es nötig ist, um die Löhne und den Schutz vor Automatisierung zu erreichen, die unsere ILA-Mitglieder verdienen", erklärte Gewerkschaftschef Harold Daggett. Die Verhandlungen mit der Reedereigruppe United States Maritime Alliance (USMX) hätten "in eine Sackgasse geführt".
Es ist der erste Arbeitskampf der Gewerkschaft seit 1977, der Streik hatte sich seit Monaten angekündigt. Hintergrund sind die festgefahrenen Verhandlungen über einen neuen Arbeitsvertrag, nachdem der vorherige in der Nacht zum Dienstag nach sechs Jahren ausgelaufen war. Er betrifft rund 25.000 ILA-Mitglieder in 14 großen US-Häfen, darunter in New York und New Jersey, Boston, Philadelphia und Houston.
Wie stark der Streik die US-Wirtschaft belastet und letztlich die Preise treibt, hängt entscheidend von der Länge des Ausstands ab. Die ILA fordert neben deutlichen Lohnerhöhungen Absicherungen für die Beschäftigten gegen einen Jobverlust durch die zunehmende Automatisierung der Arbeitsabläufe. Medienberichten zufolge fordert die Gewerkschaft eine 77-prozentige Gehaltserhöhung über einen Zeitraum von sechs Jahren.
Die Arbeitgeberseite reagierte zunächst nicht auf den Streikbeginn. Am Montagabend hatte die USMX erklärt, ihr bisheriges Angebot bedeute Lohnerhöhungen um knapp 50 Prozent sowie eine bessere Gesundheitsversorgung und höhere Arbeitgeberbeiträge für die Rente.
Wenige Wochen vor der Präsidentschaftswahl hat der Arbeitskampf auch politische Tragweite. Präsident Biden, ein Verbündeter der organisierten Arbeitnehmerschaft, hat bisher ein Eingreifen des Bundes mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit der Wahrung des Tarifverhandlungsrechts ausgeschlossen.
Am Dienstagmorgen forderte er dann die Konfliktparteien zu schnellen Verhandlungen auf. Er und Vizepräsidentin Kamala Harris würden das Geschehen genau verfolgen, hieß es in einer Erklärung des Weißen Hauses. Beide Seiten müssten sich nun zusammensetzen und "in gutem Glauben verhandeln - schnell und fair".
Von Wirtschaftsseite dürfte der Druck zunehmen, sollte sich der Arbeitskampf in die Länge ziehen. "Ein Hafenstreik würde den US-Handel lähmen und die Preise zu einer Zeit erhöhen, in der Verbraucher und Unternehmen beginnen, sich von der Inflation zu erholen", sagte Erin McLaughlin, Chefökonomin beim Conference Board.
"Und es gibt keinen einfachen Plan B. Zwar haben die Reeder bereits damit begonnen, einen Teil der Ladung an die Westküste umzuleiten, aber die Kapazitäten für solche alternativen Optionen sind begrenzt."
ju/hcy