Hamilton warnt nach Demütigung

Es sind eindrückliche Worte, die Lewis Hamilton nach dem Japan GP wählte – fast als hätte er Angst, er könnte sonst wieder überhört werden, vor allem vom eigenen Team. „An Wochenenden wie diesen ist es hart, besonders wenn das Auto so schwierig ist. Ehrlich gesagt, es fühlt sich genauso an wie letztes Jahr. Es hüpft und rutscht herum“, erklärte Hamilton: „Das ist hart, wenn man bedenkt, wie viel Arbeit wir reingesteckt haben, um Fortschritte zu erzielen. Und wir sind zumindest hier kein Stück näher dran an der Spitze.“

Über eine Sekunde Rückstand im Qualifying, nur Platz fünf im Rennen, fast 50 Sekunden hinter Sieger Max Verstappen: Es sind Zahlen, die Hamilton, einst selbst gefeierter Dauersieger, sichtlich wehtun.

In Suzuka war Mercedes eindeutig nur vierte Kraft. Während der Brite Ferraris Form noch am kürzlich eingeführten Upgrade der Italiener festmacht, ist es in erster Linie McLarens Leistungsexplosion, die Hamilton neidisch werden lässt.

Neben Dauer-Dominator Red Bull ist die Papaya-Truppe aktuell das Team der Stunde in der Formel 1: Nach denkbar schwachem Saisonstart hat sich McLaren zuletzt zur zweiten Kraft gemausert – und führt damit vor allem das große Mercedes-Werksteam vor: Von den Stuttgartern bezieht McLaren zwar seine Motoren, beim Rest des Autos hängt der Traditionsrennstall aus Woking Mercedes im Moment aber ab.

Formel 1: McLaren-Aufschwung macht Hamilton Mut

Superstar Lewis Hamilton schlägt deshalb Alarm, wenngleich er dem Aufschwung seines Ex-Teams auch etwas Gutes abgewinnen kann: „Der Beweis ist da, dank der McLarens. Da dürfen wir nicht mit verschlossenen Augen draufschauen. Wir müssen uns ansehen, wie sie das gemacht haben und auch in diese Richtung gehen. Das ist DIE Richtung“, sagte Hamilton. Kurios: Ausgerechnet die starke Konkurrenz macht dem Briten jetzt Hoffnung!

„Wir haben eine große Lücke zu schließen für nächstes Jahr, aber man kann ja sehen, was Aston Martin zu Saisonbeginn geschafft hat. Große Schritte sind machbar. Und jetzt sehen wir, was McLaren dieses Jahr gelungen ist, dadurch dass sie Red Bulls Weg eingeschlagen haben. Deshalb sind sie jetzt auf so einer Strecke (wie Suzuka; Anm. d. Red.) vor uns“, schlussfolgerte Hamilton.

Einmal mehr geht es dabei ums Grundkonzept des Autos. Denn wo die Schwächen bei Mercedes liegen, das hat der Charakterkurs von Suzuka für den siebenmaligen Champion ganz klar offenbart. „Die sieben Zehntel Rückstand, die wir im ersten Sektor aufreißen, das ist alles das Heck. Wir haben sehr viel Last auf der Front, aber nicht so viel wie wir brauchen auf dem Heck, dort mangelt es uns an Grip. Da sind wir wirklich weit hinten und für mich liegt das zu einhundert Prozent am Konzept“, sagte Hamilton und schloss seine Analyse mit einer Forderung: „Wir müssen sicherstellen, dass wir das für nächstes Jahr ändern.“

Bleibt die Frage, wie sehr er sich dabei von den Mercedes-Ingenieuren erhört fühlt? Auffallend: Bei diesem Thema druckst Hamilton herum. Wer den Briten kennt, weiß: Im Sinne des guten Teamklimas will er keinen Aufriss machen oder weitere Schlagzeilen produzieren, zufrieden ist er aber nicht.

„Es gibt Dinge, die wir langsam...“, Hamilton unterbricht sich selbst, setzt neu an: „Es gibt Dinge, nach denen ich gefragt habe, die teilweise in die Richtung für nächstes Jahr eingeflossen sind. Ich denke schon, dass alle Punkte, die George (Russell; d. Red.) und ich so aufgeführt haben, angehört worden sind.“

Hamilton: „Ich habe keine Ahnung, wo das Auto nächste Saison sein wird“

Das Problem dabei: Angehört ist nicht gleich umgesetzt. Deshalb zuckt Hamilton mit den Schultern: „Ich habe keine Ahnung, wo das Auto nächste Saison sein wird. Klar ist, dass wir zu weit (von der Spitze; Anm. d. Red.) weg sind. Um diese Lücke zu schließen und vorne wirklich wieder an die Türe zu klopfen, müssen wir darauf hoffen, dass die nächsten sechs Monate in Sachen Entwicklung die besten sechs Monate werden, die wir jemals hatten.“

Immerhin: Den Glauben an seine Mannen scheint der Rekord-Champion noch nicht verloren zu haben: „Dieses Team kann das, ich vertraue allen hier. Wir waren immer großartig darin, Abtrieb aufs Auto zu bringen. So wie die Autos jetzt aber sind, funktioniert das nicht, weil es das Auto zum Hüpfen bringt. Deshalb hoffe ich, dass wir mit einem Philosophiewechsel wieder dahin kommen, wo dieses Team hingehört: Denn wir sind ein Weltmeisterteam!“

Hamiltons Wort in Mercedes‘ Ohr.