„Hart aber fair“: So unterschiedlich ticken Deutsche und Österreicher

Edmund Stoiber ist froh über das Ende der großen Koalition. (Bild: Screenshot/ARD)
Edmund Stoiber ist froh über das Ende der großen Koalition. (Bild: Screenshot/ARD)

An Sebastian Kurz kommt derzeit niemand vorbei. Der Jung-Politiker hat bei den Parlamentswahlen in Österreich einen fulminanten Wahlsieg hingelegt. Bei „Hart aber fair“ diskutierte man, was das nun für Deutschland bedeuten könnte. Einen deutschen Kurz hat man dabei auch schon ausgemacht.

Wie kann das sein? Diese Frage stellen sich wohl viele politische Beobachter seit vergangenem Sonntag. Während die Union bei der Bundestagswahl im September einen Verlust von 8,6 Prozentpunkten erlitt, legten die österreichischen Konservativen der ÖVP bei den Nationalratswahlen um 7,6 Prozentpunkte zu. Der Erfolg wird vor allem dem jungen, charismatischen ÖVP-Chef Sebastian Kurz zugeschrieben. Dementsprechend lautete das Motto von „Hart aber fair“ am Montagabend: „Starke Kandidaten, starke Wahlergebnisse – Warnruf für Angela Merkel?“

Neben Boris Palmer (Grüne), Matthias Platzeck (SPD) und Edmund Stoiber (CSU) waren auch der Fernsehjournalist Peter Zudeick sowie die österreichische Publizistin Alexandra Föderl-Schmid zu Gast bei Moderator Frank Plasberg. Gleich zu Beginn will Plasberg vom ehemaligen Ministerpräsidenten Brandenburgs wissen, was schlecht an dynamischen Politikern wie Kurz und Macron sei, die für einen Ruck in ihren Ländern sorgen. Platzecks Antwort: „Ich bin da altmodisch.“ Darauf lässt er ein Bekenntnis zur traditionellen Parteiendemokratie folgen.

Leidenschaftlich wird es, als Edmund Stoiber zum Zug kommt. Der einstige Kanzlerkandidat, CSU-Chef und Ministerpräsident Bayerns hat eine ganz klare Meinung: Eine Entwicklung wie in Österreich, wo eine große Koalition der Normallfall sei, möchte er für Deutschland nicht haben. „Deswegen bin ich froh, dass die große Koalition in Berlin beendet ist.“ Er habe in vielen Wahlveranstaltungen in diesem Sommer erlebt, dass Bürger auf ihn zukamen, die ihm sagten, die CSU nicht mehr wählen zu wollen. Und warum? „Wegen der Flüchtlingsfrage. Weil sie sich nicht richtig mitgenommen gefühlt haben“, diagnostiziert Stoiber den Unmut vieler CSU-Wähler.

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer hat ein Rezept im Umgang mit Rechtspopulisten. (Bild: Screenshot/ARD)
Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer hat ein Rezept im Umgang mit Rechtspopulisten. (Bild: Screenshot/ARD)

Und genau darum ging es dann auch über weite Strecken der Sendung. Nämlich um die Frage: Wie kann man Rechtspopulisten wie der AfD und der FPÖ entgegentreten? Boris Palmer von den Grünen hat eine Antwort parat: „Es gibt drei Strategien, wie man mit Rechtspopulisten umgehen kann. Erstens: ignorieren und beschweigen. Zweitens: ausgrenzen und beschimpfen. Und drittens: den harten Dialog in der Sache.“

Und dann erklärt Palmer den Unterschied zwischen Deutschland und seinem Nachbarland: „Was ich in Österreich sehe, ist, dass man ausgrenzen und beschimpfen versucht hat. Das geht dann irgendwann nicht mehr. Wenn mehr als fünfzig Prozent auf der anderen Seite sind, wird es schwierig mit ausgrenzen. So ist es ja wohl bei diesem Wahlergebnis.“ In Österreich erreichten die konservative ÖVP und die rechtslastige FPÖ gemeinsam etwas mehr als 57 Prozent der Wählerstimmen.

Die Journalistin Föderl-Schmid, die jahrelang als Chefredakteurin der linken Tageszeitung „Der Standard“ diente, sagte: „Vieles von dem, was in Deutschland diskutiert wird, wird in Österreich seit 30 Jahren debattiert.“ Auch im Umgang mit Rechtspopulisten sind die Österreicher schon weiter, dort habe man schon alles probiert. Etwa bei Diskussionsveranstaltungen. Und welche Strategie hat gefruchtet? Föderl-Schmid: „Auf die Wahlergebnisse hat das alles wenig Auswirkung gehabt.“

Auch in einem anderen Punkt gibt es einen dramatischen Unterschied zwischen Österreich und Deutschland: „Die FPÖ ist sehr hip bei jungen Wählern. Bei den unter 30-Jährigen – und das ist der Unterschied zur AfD – ist die FPÖ die größte Partei. Die AfD wird doch eher von Älteren gewählt.“

In der Runde ging es auch amüsant zu. Etwa, als Jens Spahn Gegenstand der Diskussion wurde. (Bild: Screenshot/ARD)
In der Runde ging es auch amüsant zu. Etwa, als Jens Spahn Gegenstand der Diskussion wurde. (Bild: Screenshot/ARD)

Der Journalist Peter Zudeick nannte Sebastian Kurz schließlich noch einen „Leutnant, wie aus einem Schnitzler-Stück“. Als es darum ging, wer in Deutschland die Rolle eines Sebastian Kurz einnehmen könnte, brachte die Plasberg-Redaktion CDU-Politiker Jens Spahn ins Spiel. Für Zudeick ist der allerdings bloß „ein Kurz im Westentaschen-Format“. Plasberg will eine Begründung dafür. Die liefert Zudeick umgehend: „Wenn es richtig ist, dass ein großer Teil des Erfolges von Sebastian Kurz an seiner Erneuerung liegt, an seinem Aufbruch, Verjüngung der Partei, neues Image. Wenn es richtig ist, dass das ein Großteil seines Erfolges ist, dann ist Jens Spahn davon eine Westentaschen-Ausgabe.“

Im Video: Ein Rechtsruck geht durch Österreich

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