Hart aber fair: Was man zum Bürgergeld wissen muss
Wer an der Talkrunde teilnimmt und worüber genau diskutiert wird
In der aktuellen Folge von "Hart aber fair" wird sich am Montagabend alles um das Thema Bürgergeld drehen. Wie ist der aktuelle Stand, wieviele Menschen beziehen die "Stütze" und was möchte die CDU ändern? Alle Fakten zum Thema im Überblick.
Das Thema Bürgergeld wird immer mehr zum Streitpunkt. Lädt es dazu ein, sich in die "soziale Hängematte" zu legen - oder ist es eine angemessene Leistung des Sozialstaats? Darüber diskutieren am Montagabend in der Sendung "Hart aber fair" folgende Gäste von Moderator Louis Klamroth:
Anke Rehlinger (SPD): Ministerpräsidentin Saarland und stellv. Parteivorsitzende
Ricarda Lang (Bündnis 90/Die Grünen): Parteivorsitzende
Philipp Amthor (CDU): Bundestagsabgeordneter
Thomas Wasilewski: Bürgergeld-Empfänger
Marie-Christine Ostermann: Unternehmerin und Präsidentin "Die Familienunternehmer"
Henry Maske: Box-Weltmeister, Gründer "Henry Maske Stiftung A place for kids"
Sibylla Abenteuer - sie leitet den Gasthof "Rabenwirt" in Pullach
Fest steht: Die CDU will das Bürgergeld in seiner jetzigen Form abschaffen. Doch ist das angemessen - oder lediglich Populismus auf dem Rücken der Armen? Zunächst macht es Sinn, sich anschauen, wie das Bürgergeld aktuell geregelt ist - und wie hoch die Leistungen tatsächlich ausfallen.
Was genau ist das Bürgergeld?
Seit Anfang 2023 wurde die Grundsicherung für Arbeitsuchende in Deutschland von Hartz IV in Bürgergeld umbenannt. Es hatte nach einer Reform der Ampel-Koalition damals das System von Hartz IV (Arbeitslosengeld II) abgelöst.
Mit dem neuen Namen gab es für Bezieher gleichzeitig mehr Geld und weniger Bürokratie - Ziel sollte sein, Betroffenen mit Beratung, Aus- und Weiterbildung zu helfen, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Der Zuschuss soll all denjenigen Menschen den Lebensunterhalt und ein menschenwürdiges Existenzminimum sichern, die arbeiten können, deren Einkommen aber nicht zum Leben reicht - sei es wegen dem Verlust der Arbeit oder aufgrund einer chronischen Krankheit.
Wer bekommt Bürgergeld?
Anspruch auf das Geld haben alle, die erwerbsfähig sind - also bei denen keine Krankheit oder Behinderung vorliegt, die ein Hindernis für die Arbeitsaufnahme wäre - und ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen decken können. Wer bisher Anspruch auf Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld hatte, hat auch Anspruch auf Bürgergeld.
Folgende Bedingungen müssen erfüllt sein:
Mindestalter 15 Jahre, die Altersgrenze für Rente wurde noch nicht erreicht
Lebensmittelpunkt ist in Deutschland
man kann mindestens 3 Stunden pro Tag arbeiten
Hilfsbedürftigkeit: Das bedeutet, dass das Einkommen der Bedarfsgemeinschaft unter dem Existenzminimum liegt und Betroffene ihren Lebensunterhalt nicht ausreichend aus eigenen Mitteln bestreiten können.
Bürgergeld: Wie viele Leute beziehen es?
Zum 30. September 2023 lebten laut Statistischem Bundesamt 84,6 Millionen Personen in Deutschland. Wie viele von den in Deutschland lebenden Menschen beziehen Bürgergeld? Die Statistik der Bundesagentur für Arbeit hierzu spiegelt den Stand von Juni 2023 wider. Zu diesem Zeitpunkt lebten in Deutschland fast 5,5 Millionen Menschen, die Bürgergeld bezogen, das waren rund 6,5 Prozent der Einwohner Deutschlands.
Im Vergleich zum Juni 2022 gab es im Juni 2023 drei Prozent mehr Menschen, die Bürgergeld beziehen, also knapp 160.000 Personen mehr.
Was plant die CDU?
Die CDU plant, das Bürgergeld künftig radikal zu ändern. Kern der Pläne ist es, den so genannten "Totalverweigerern" die Unterstüzung zu streichen. Auch der Name passt der CDU nicht, statt "Bürgergeld" soll die Unterstützung nach ihren Vorstellungen "Neue Grundsicherung" heißen. Aus CDU-Sicht erwecke das Wort "Bürgergeld" nämlich den Eindruck, es handle sich um eine Art bedingungsloses Grundeinkommen.
Mit den Reformvorschlägen möchte die CDU das System der sozialen Sicherung nach eigenen Angaben effizienter gestalten und Missbrauch verhindern, indem klare Anreize zur Arbeitsaufnahme gesetzt werden. Deshalb will CDU will das Bürgergeld im Falle eines Sieges bei der Bundestagswahl 2025 so gestalten, dass es verbindlichere Anforderungen und mehr Sanktionen gibt.
Generalsekretär Carsten Linnemann betont etwa, nach den Plänen seiner Partei müssten Menschen, die arbeiten können, auch arbeiten gehen, "ansonsten entfallen Sozialleistungen". Wenn ein Empfänger ohne sachlichen Grund eine "ihm zumutbare Arbeit" ablehnt ("Totalverweigerer"), soll zukünftig davon ausgegangen werden, "dass er nicht bedürftig ist", heißt es im Beschluss der CDU. Es gebe laut Linnemann Berechnungen, nach denen es eine Steuerersparnis von etwa drei Milliarden Euro geben könne, wenn 100 000 Menschen aus dem Bürgergeld in Arbeit kommen würden.
Wie reagieren andere Parteien und Verbände auf die CDU-Pläne?
Die Schwesterpartei CSU findet die CDU-Pläne gut. Die Aufnahme von Arbeit werde im bisherigen System nicht gefördert, kritisiert etwa der Chef der CSU-Bundestagsabgeordneten Alexander Dobrindt im BR24-Gespräch. Auch Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger begrüßte die CDU-Vorschläge.
SPD, Grüne und Linke lehnen die CDU-Pläne ab
Gänzlich anders fielen hingegen die Reaktionen von SPD, Grünen und Sozialverbänden auf die CDU-Pläne aus. SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Katja Mast nannte sie "schäbig". Sie betont, dass so genannten "Totalverweigerern" schon jetzt Geld gestrichen würde. Noch nie hätten außerdem so viele Menschen in versicherungspflichtigen Jobs gearbeitet, wie gerade. Lars Klingbeil betonte, dass "die Höhe des Bürgergeldes ist durch einen Verfassungsgerichtsbeschluss festgelegt" worden sei. "Das ist jetzt umgesetzt worden, übrigens mit Zustimmung der Union.", so der SPD-Parteichef. Auch Grünen-Chefin Ricarda Lang erinnerte in der "FAZ" daran, dass das Bundesverfassungsgericht das Existenzminimum festgeschrieben habe, was die Ampel mit den Stimmen der Union umgesetzt habe. Zudem zeigten Studien, dass Arbeit sich immer noch mehr lohne als Bügergeld.
VdK-Präsidentin Verena Bentele betonte im RND-Interview, nach ihrem Eindruck werde "hier sehr frühzeitig der Wahlkampf mit populistischen Angriffen gegen das Bürgergeld eingeläutet". Auch sie verweist darauf, dass das wirtschaftliche Existenzminimum verfassungsrechtlich geschützt ist.
Wie hoch ist das Bürgergeld eigentlich?
Der Höchstsatz des Bürgergelds wurde zu Jahresbeginn 2024 sowie auch bereits 2023 deutlich angehoben. Das liegt daran, dass die Anpassungen des Regelsatzes sich an der Inflationsentwicklung orientieren und nicht mehr, wie beim ehemaligen Hartz-IV-Gesetz, an der Gehaltsentwicklung.
Laut Arbeitsagentur gibt es je nach Lebensumständen folgende Leistungen - in Klammern steht, um wieviel der Betrag 2024 erhöht wurde. Ein alleinstehender Erwachsener erhält jetzt zum Beispiel aktuell 563 Euro im Monat, also 61 Euro mehr als bisher.
Höhe des Bürgergelds:
Alleinstehende/Alleinerziehende: 563 Euro (+61 Euro)
Paare je Partner/Bedarfsgemeinschaften: 506 Euro (+55 Euro)
Volljährige in Einrichtungen: 451 Euro (+49 Euro)
Jugendliche von 14-17 Jahre: 471 Euro (+51 Euro)
Kind (6-13 Jahre alt): 390 Euro (+42 Euro)
Kind (0-5 Jahre alt): 357 Euro
Das Jobcenter übernimmt außerdem die Kosten für die Unterkunft und Heizung von Beziehern des Bürgergeldes in "angemessener Höhe" - welche Kosten dabei angemessen sind, wird jeweils vom Jobcenter festgelegt. Es achtet etwa darauf, dass die Mietkosten und die Größe der Unterkunft bestimmte Richtwerte nicht überschreiten.
Was passiert, wenn Leistungsempfänger eine zumutbare Arbeit verweigern?
Wenn Bezieher von Bürgergeld einen zumutbaren Job ablehnen, ohne dafür einen wichtigen Grund zu nennen oder wenn sie Termine beim Jobcenter verpassen, drohen bereits jetzt Konsequenzen. Es wird jedoch immer genau geprüft, in welchem Fall eine Leistungsminderung gerechtfertigt ist.
Das Bürgergeld kann beispielsweise von zehn bis 30 Prozent gekürzt werden: Bei einem Meldeversäumnis oder im Falle einer Ablehnung eines zumutbaren Arbeitsangebotes wird das Geld um zehn Prozent für einen Monat gemindert, bei wiederholten Versäumnissen erhöht sich der Prozentsatz auf bis zu 30.
Das Bundeskabinett hat am 8. Januar 2024 außerdem beschlossen, dass das Jobcenter künftig Betroffenen das Bürgergeld für maximal zwei Monate komplett streichen kann, wenn sie die Aufnahme einer zumutbaren Arbeit beharrlich verweigern
Wenn die Bezüge bei jungen Menschen reduziert werden, erhalten die ein Beratungsangebot und müssen nicht mehr mit höheren Leistungsminderungen rechnen.