Hat Evan Gershkovich spioniert? Washington fordert konsularischen Zugang zum US-Journalisten

Hat Evan Gershkovich spioniert? Washington fordert konsularischen Zugang zum US-Journalisten

Nach der Festnahme des US-amerikansichen Journalisten Evan Gershkovich in Russland wegen angeblichen Spionageverdachts, ist Washington aktiv darum bemüht, dem Reporter des Wall Street Journal konsularischen Zugang zu verschaffen.

Ein Moskauer Gericht hatte am Donnertsag Haftbefehl gegen den 31-Jährige erlassen. Erstmals seit dem Ende des Kalten Krieges wird ein US-Korrespondent der Spionage beschuldigt.

Beispiellose Repressionskampagne gegen Journalisten in Russland

Die Sprecherin des Weißen Hauses Karine Jean-Pierre erklärte die Spionage-Vorwürfe für lächerlich. "Dass die russische Regierung US-Bürger ins Visier nimmt, ist inakzebtabel. Wir verurteilen die Inhaftierung von Herrn Gershkovich auf das Allerschärfste. Wir verurteilen auch die anhaltende Verfolgung und Unterdrückung von Journalisten durch die russische Regierung."

Auch die Europäische Union verurteilte die Verhaftung. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell schrieb auf Twitter, dass Journalisten ihren Beruf frei ausüben dürften und Schutz verdienten.

Die Vereinten Nationen äußerten sich besorgt über die zunehmende Zahl von Jourmalisten, die bei der Ausübung ihrer Arbeit verhaftet werden, so UN-Sprecher Stephane Dujarric. "Der Generalsekretär hat wiederholt seine Sorge zum Ausdruck gebracht über den wachsenden Trend, dass Journalisten schikaniert oder verhaftet werden oder Schlimmeres, nur weil sie ihre Arbeit machen. "

Gershkovich recherchierte zu Wagner-Truppe

Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Zakharova, sagte zur Festnhame des Wall Street Journal-Korrespondenten, seine Aktivitäten könnten "nicht als Journalismus bezeichnet werden".

Der russische Inlandsgeheimdienst FSB hatte zuvor mitgeteilt, Gershkovich sei beim Versuch, "geheime Informationen zu erhalten" festgenommen worden. Gegen ihn sei ein Strafverfahren eingeleitet worden. Gershkovich habe im Auftrag der US-Seite Informationen über den militärisch-industriellen Komplex in Russland gesammelt, die ein Staatsgeheimnis darstellten.

Laut Medienberichten arbeitete Gershkovich an einer Reportage über die Einstellung der Bevölkerung zu den Anwerbeversuchen der Wagner-Truppe, die im Krieg gegen die Ukraine im Einsatz ist.

Das "Wall Street Journal" bestreitet die Vorwürfe vehement und forderte die sofortige Freilassung ihres Reporters.

Erster US-Reporter unter Spionageverdacht seit Nicholas Daniloff 1986

Menschenrechtsaktivisten sprechen von einer beispiellosen Repressionskampagne gegen Journalisten in Russland. Der Beruf des Journalisten ans sich werde kriminalisiert, ebenso wie Aktivitäten ganz normaler Menschen, die sich gegen den Krieg stellen.

Erst Anfang der Woche hat ein russisches Gericht einen Vater wegen kriegskritischer Beiträge seiner minderjährigen Tochter in den sozialen Medien zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt.

Gershkovich ist der erste amerikanische Reporter, der in Russland wegen Spionage verhaftet wird seit Nicholas Daniloff, ein US-Korrespondent, der im September 1986 vom KGB verhaftet wurde.

Daniloff wurde 20 Tage später ohne Anklage freigelassen, nachdem er gegen einen Mitarbeiter der sowjetischen UNO-Mission, der vom FBI ebenfalls wegen Spionage verhaftet worden war, ausgetauscht wurde.