Heftige Debatte: So schmetterte der Bundestag den Yücel-Antrag der AfD ab

Özdemir vs. Curio: Im Bundestag entbrannte eine hitzige Debatte (Archivbild: Deutscher Bundestag/Achim Melde)
Özdemir vs. Curio: Im Bundestag entbrannte eine hitzige Debatte (Archivbild: Deutscher Bundestag/Achim Melde)

Die AfD wollte den gerade aus türkischer Haft entlassenen Journalisten Deniz Yücel öffentlich maßregeln lassen. Das lehnte der Bundestag mit großer Mehrheit ab. AfD-Politiker Curio beschimpfte Yücel als „Hassprediger“. Der ehemalige Grünen-Chef Cem Özdemir warf seinerseits der AfD Verachtung für Deutschland und dessen Werte vor und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) warnte vor dem Eindruck staatlicher Zensur.

Deniz Yücel bleibt auch nach seiner Freilassung aus türkischer Haft ein Politikum. Die AfD scheiterte im Bundestag mit ihrem Antrag, den „Welt“-Korrespondenten öffentlich wegen früherer, umstrittener Artikel zu maßregeln. Der AfD-Politiker Gottfried Curio bezeichnete Yücel in seiner Rede vor dem Plenum als „Hassprediger“, der „gegen alle Deutschen“ hetze. Damit startete eine hitzige Debatte.

Curio betonte zu Beginn seiner Rede, die AfD begrüße Yücels Freilassung aus „politischer Willkürhaft“. Die Freilassung anderer Gefangener sei aber „nicht mit gleicher Intensität“ vorangetrieben worden. „Zu vermeiden ist der mögliche Eindruck, dass mit seiner ganz außerordentlichen Vorzugsbehandlung eine stille Billigung seiner wohlbekannten deutschlandfeindlichen Äußerungen einhergeht.“ Daher solle die Bundesregierung Yücels Äußerungen öffentlich missbilligen.

Die AfD stieß sich vor allem an zwei Kolumnen der Tageszeitung „taz“ aus den Jahren 2011 und 2012. Darin hatte Yücel dem umstrittenen Autor Thilo Sarrazin einen Schlaganfall gewünscht und den Geburtenrückgang in der Bundesrepublik als Beitrag zum „Deutschensterben“ bejubelt. Mehrere Redner der anderen Fraktionen wiesen darauf hin, dass es sich offensichtlich um satirische Texte gehandelt habe.

„Selbstverständlich“ solle mit dem Antrag die freie Meinungsäußerung nicht eingeschränkt werden, sagte Curio und erntete von anderen Fraktionen höhnische Lautäußerungen. Der Politiker bezeichnete Yücel in der Folge als „Top-Geisel“ und „Ikone der Linkspresse“, die vermeintliche Satire als „Tarnkappe für wirklichen Hass“ nutze. Außenminister Sigmar Gabriel (SPD), der sich für Yücels Freilassung nach über einem Jahr eingesetzt hatte, nannte Curio einen „Chefkoch im Braten von Extrawürsten“.

Wolfgang Kubicki (FDP) sprach in seiner Replik von einem „Antrag von intellektueller Erbärmlichkeit“. Anstatt einfach die Bundesregierung für vermeintliches Fehlverhalten zu rügen, lenke die AfD die Aufmerksamkeit auf Yücel und erwecke den Eindruck, er habe die Hilfe nicht verdient.

„Ich sehe Ihnen nach, dass Sie Satire nicht verstehen“, sagte der Bundestagsvizepräsident an die AfD-Fraktion gerichtet. Was er der Partei aber nicht nachsehe, sei die Forderung nach einer verfassungswidrigen Handlung. So sei die Bundesregierung laut dem Bundesverfassungsgericht gar nicht dazu befugt, einen Journalisten öffentlich zu missbilligen, da so der Eindruck staatlicher Zensur entstehen könne. Kubicki wies zudem darauf hin, Yücels damaliger Auftraggeber „taz“ habe bereits Schadenersatz zahlen müssen, weil sich Yücel mit seinem Sarrazin-Text „danebenbenommen“ habe.

Cem Özdemir nutzte den Antrag der AfD für eine Generalabrechnung mit dem politischen Gegner. „Wir reden über die Arbeit und den Artikel eines deutschen Journalisten. So etwas kennen wir sonst eigentlich nur aus autoritären Ländern“, unterstrich der Grünen-Politiker am Anfang seiner Rede. Hierzulande hingegen gebe es „keine oberste Zensurbehörde“: „In unserem Land, in der Bundesrepublik Deutschland, gibt es keine Gleichschaltung, von der Sie nachts träumen, bei uns gibt es Pressfreiheit.“

Özdemir warf der AfD vor, in Wahrheit nur Abscheu vor der Bundesrepublik zu empfinden: „Sie verachten alles, wofür dieses Land in der ganzen Welt geachtet wird und respektiert wird.“ Er bekräftigte: „Dieses Deutschland ist stärker, als es Ihr Hass jemals sein wird.“

Der Antrag der AfD wurde mit 552 von insgesamt 630 abgegebenen Stimmen abgelehnt. Es gab eine Enthaltung.