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Heinrich-Böll-Preis: Ilija Trojanow erhält Auszeichnung der Stadt Köln

Zuvor wurde innerhalb der Jury heftig diskutiert.

Es ist ein besonderes Jahr in der Geschichte des Heinrich-Böll-Preises: Die Auszeichnung der Stadt Köln wird im November zu einer Zeit verliehen, da die Gedenkfeiern anlässlich des 100. Geburtstages des Literatur-Nobelpreisträgers ihren Höhepunkt erleben. Unter anderem mit dem Symposium einiger Preisträger aus der Vergangenheit – und womöglich in Anwesenheit des neuen Laureaten: Ilija Trojanow. Der aus Bulgarien stammende und sich seit langem in der deutschen Sprache heimisch fühlende Autor wirkt nach Ansicht der Jury ganz im Geiste Bölls. „Kaum ein anderer hiesiger Schriftsteller setzt das politische Engagement von Heinrich Böll so konsequent und literarisch ambitioniert fort wie Ilija Trojanow.“ heißt es in der Begründung. Erfahrungen unter Totalitarismus gemacht Beide Autoren hätten erfahren müssen, was Totalitarismus bedeute: Böll, geboren 1917, während der Zeit des Nationalsozialismus, Trojanow, geboren 1965, als Sohn einer bulgarischen Familie, die 1971 nach Deutschland floh. Trojanow habe sich „nicht nur als kompromissloser Kritiker des Überwachungsstaats profiliert, sondern auch als rastloser Helfer für verfolgte und exilierte Schriftsteller.“ Trojanows Blick geht prinzipiell und demonstrativ über alle Grenzen hinaus. So ist er Herausgeber der Reihe „Weltlese“, in der Bücher aus allen Erdteilen erscheinen. Das hat gewiss mit seiner Biografie zu tun. Er ist in Kenia aufgewachsen, hat als Publizist in Bombay und Kapstadt gearbeitet und lebt in Wien. Bekannt wurde er vor allem mit dem 2006 erschienenen Roman „Der Weltensammler“. 2015 folgte „Macht und Widerstand“ über das Leben im einst real existierenden Sozialismus bulgarischer Prägung. Im vergangenen Jahr kam der Band „Meine Olympiade“ heraus, in dem der Autor seine Bemühungen an Sportstätten in aller Welt schilderte, als Amateur in 80 Disziplinen zu reüssieren. Auch sein vor zwei Tagen erschienenes Werk „Nach der Flucht“ (S. Fischer) ist Ausdruck seines globalen Denkens und Beobachtens. Es handelt von den Nachwirkungen einer Flucht – was sie mit den Menschen macht, wie man mit den Erfahrungen weiterlebt. Ein Kaleidoskop aus eigenem Erleben und aus Gesprächen mit ehemaligen Flüchtlingen. Entscheidung für Trojanow wurde innerhalb Jury heftig diskutiert Unumstritten war die Entscheidung der Jury für Ilija Trojanow. Allerdings war es zuvor in der Sitzung zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen. Da sei es „hoch her“ und „richtig zur Sache gegangen“, wie Teilnehmer berichteten. Zunächst entzündete sich der Streit an einer Formalie: Das Verfahren sieht vor, dass jedes Jury-Mitglied in der ersten Abstimmung vier Stimmen hat. Dass diese nicht auf vier Kandidaten verteilt werden müssen, sondern auch alle für einen Kandidaten gebündelt werden können, irritierte einige Juroren. Allerdings konnte dem Drängen, dies umgehend zu ändern, aus rechtlichen Gründen nicht nachgegeben werden, weil das Verfahren vom Rat der Stadt gebilligt worden war. Martin Walser im Rennen Eine weitere hitzige Kontroverse provozierte der Vorschlag, den Böll-Preis Martin Walser zu verleihen. Da wurde von einigen Walsers Frankfurter Friedenspreisrede als Hinderungsgrund angeführt, während andere die falsche Auslegung des Textes beklagten und Walsers schriftstellerisches und politisches Engagement lobend ins Feld führten. Zumal unter Vertretern der Politik kam es zu persönlichen Vorwürfen. Nach der Sitzung hat der Autor Ulrich Peltzer – offenbar aus Verärgerung über Verfahren und Verlauf der Sitzung – seinen Austritt aus der Jury erklärt. Das habe die Oberbürgermeisterin, hieß es am Freitag aus dem Rathaus, zur Kenntnis genommen. Peltzer, Direktor der Sektion Literatur in der Akademie der Künste in Berlin, erheilt 2011 den Böll-Preis. Im kommenden Wintersemester wird er als Kreativ-Professor an der Kölner Kunsthochschule für Medien literarisches Schreiben lehren....Lesen Sie den ganzen Artikel bei ksta