Herzinfarkt einer Mutter rettet Sohn das Leben

Der plötzliche Schmerz in der Brust begleitet von Schweißausbrüchen – für Wenter Blair war klar: Sie hatte einen Herzinfarkt. Die darauf folgenden medizinischen Untersuchungen brachten der Texanerin eine unerwartete Gewissheit: Der Infarkt war Vorbote einer Krankheit, die nahezu unbekannt ist. Eine schockierende Entdeckung, die ihrem neunjährigen Sohn aber das Leben rettete.

Als sie gerade 40 war, fuhr Wenter Blair mit der Vermutung, sie habe eine Herzattacke, sofort zum Arzt. Ein Test am Laufband-EKG konnte den Verdacht nicht bestätigen. „Wenn Ärzte eine 58 Kilo schwere und 1,63 Meter große Frau in Stilettos sehen, vermuten sie ein Hormonproblem“, erzählte die inzwischen 44-jährige Fotografin aus dem texanischen Frisco gegenüber dem Fernsehsender ABC News. „Ich bin geritten, geschwommen und bin den Kindern nachgejagt, ich hatte ein sehr aktives Leben. In der Woche des Herzinfarkts habe ich einen Zehn-Kilometer-Lauf zurückgelegt.“

Um den barrierefreien Blutfluss zum Herzen zu überprüfen, spritzten die Mediziner zur Sicherheit eine radioaktive Flüssigkeit. Die Bilder vom Blutkreislauf ließen eine Krankenschwester das anfängliche Urteil revidieren. Blair hatte doch eine Herzattacke gehabt. Sie wurde an einen Spezialisten überwiesen – die Rettung für die Frau und auch für ihren damals neunjährigen Sohn Christian. Es stellte sich heraus, Blair leidet an Familiärer Hypercholesterinämie (FH), einer genetisch bedingten Fettstoffwechselstörung. Zu viel des schädlichen LDL-Cholesterins lässt die Arterien der Betroffenen schon im Kindesalter verkalken. Hinzu kommen Fetteinlagerungen in den Gefäßwänden, die Öffnungen der Arterien werden immer schmaler, die Organe werden nur mangelhaft mit Blut versorgt, es drohen Herzinfarke und Schlaganfälle. Das Leiden macht sich meist erst bemerkbar, wenn es schon lebensgefährlich ist. Todesfälle vor dem 30. Lebensjahr sind keine Seltenheit.

Der Herzinfarkt bei der Mutter, die FH von ihrem Vater vererbt bekam, rettete so ihrem damals neunjährigem Sohn das Leben. Tests bei Blairs Kindern Christian und McKenna ergaben, dass der Junge ebenfalls von FH betroffen war. Weil die Krankheit so früh bemerkt und mit Cholsterin-senkenden Medikamenten behandelt wurde, habe Christian, nach mehrjähriger Behandlung, normale LDL-Werte, erzählte Blair gegenüber ABC. „Meinem Sohn geht es super“, berichtete sie überglücklich. Christian tourt als Eishockeyspieler durchs Land, eine Herzattacke muss er wohl nicht mehr fürchten. „Das Tragische war ja, dass die Krankheit nur wegen eines wundervollen, gottgleichen Eingreifens und einer Reihe von Ereignissen erkannt wurde“, meint die Mutter heute. „Die Ärzte haben ja nicht gedacht, dass mein Herzinfarkt echt war.“

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Blair selbst ist nicht geheilt, sie verträgt die Behandlung nicht. Auch alternative Methoden zeigen bisher keinerlei Erfolg. Zusätzlich bekam sie sechs Gefäßstützen, sogenannte Stents, in den Herzmuskel implantiert. Sie halten die Verengungen der Blutgefäße offen.

Familiäre Hypercholesterinämie gehört zu den autosomal-dominant vererbbaren Krankheiten. Bereits ein erkranktes Elternteil kann das Leiden weitergeben, dann spricht man von der heterozygoten Form der Krankheit. In Deutschland ist etwa eine von 500 Personen davon betroffen. Die heterozygote FH gehört damit zu den am weitesten verbreiteten genetischen Störungen. Sind beide Eltern erkrankt, liegt das Vererbungsrisiko sogar bei 75 Prozent. Behandelt wird FH mit Statinen, das sind Cholesterin-senkende Medikamente. Unterstützend wirken eine gesunde Ernährung und ein gesunder Lebensstil.

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Die Fotografin Blair will die Menschen nun über das Leiden aufklären. Eltern sollen ihre Kinder testen lassen, bevor es zu spät ist, fordert sie. Die Kinderärzte der „American Academy of Pediatrics“ empfehlen laut ABC News, alle Kinder zwischen neun und elf Jahren auf Familiäre Hypercholesterinämie zu untersuchen. In Deutschlands setzt sich die Patientenorganisation „CholCo“ für regelmäßige Screenings bei Kindern ein. Das Erkrankungsrisiko kann mittels einer Skala der Weltgesundheitsorganisation WHO ermittelt werden. Dann wird unter anderem der Blutfettgehalt der Person gemessen und die Krankheitsgeschichte der Familei überprüft. Hatten Vater oder Mutter in jungen Jahren einen Herzinfarkt, gilt eine starke Fettstoffwechselstärung als wahrscheinlich.