Werbung

heute-show: Serdar Somuncu wettert gegen Facebook

image

In der vergangenen Woche diskutierten Zuschauer, Journalisten und Politiker tagelang über die Tagesschau. Der Anlass: Die ARD-Nachrichtensendung hatte zunächst nicht über den Mord an einer Studentin in Freiburg berichtet. Auch nach der Festnahme des mutmaßlichen Täters herrschte diesbezüglich Funkstille im Ersten. Manche Kommentatoren in den sozialen Netzwerken und in anderen Medien vermuteten, dass der Sender verschweigen wollte, dass der Verdächtige ein Flüchtling aus Afghanistan ist.

Die ARD rechtfertigte sich so: Der Fall habe nur regionale Bedeutung und das Schweigen im Studio nichts mit der Herkunft des Mannes zu tun. „Die Tagesschau berichtet über gesellschaftlich, national und international relevante Ereignisse. Da zählt ein Mordfall nicht dazu“, schrieb ein ARD-Redakteur im Tagesschau-Blog. Wie immer man eine solche Begründung bewertet – es ist zumindest anzuerkennen, dass sich die Verantwortlichen der Debatte stellen.

Etwas aus dem Blick bei dieser Kritik geriet ein Medium mit viel größerer Reichweite: Facebook. Das Netzwerk verweigert bis heute jede Transparenz darüber, welche Nachrichten, vermeintliche Nachrichten und Kommentare akzeptabel sind und welche wann und warum gelöscht werden.

Nach dem Mord in Freiburg überschwemmten User Facebook mit hunderten Hasstiraden. Man müsse Angela Merkel über Afghanistan aus einem Flugzeug werfen, schrieb ein Nutzer, andere forderten Lynchjustiz für den festgenommenen Flüchtling. Mit Meinungsfreiheit hat das nichts zu tun. Das sind Aufrufe zur Gewalt. Die Facebook-Chefs sehen das offensichtlich anders. Deren größtes Problem sind nackte Brüste. Solche Fotos werden konsequent gelöscht.

Deshalb war es richtig, dass sich die „heute-show“ am Freitagabend dem Thema widmete. Die ZDF-Satiresendung kann anscheinend doch noch etwas anderes, als die immer gleichen Merkel-Witze und infantile Freude über Versprecher von Politikern. Stattdessen sorgte der Kabarettist Serda Somuncu für einen seltenen Höhepunkt in der „heute-show“.

Lustig war das nicht. Dafür traf er genau ins Schwarze. „Wut, Angst, Hass. Facebook lebt von Hass – dafür ist es erfunden worden“, sagte Somuncu. Statt wie derzeit Geld für pseudo-selbstkritische Werbefilmchen auszugeben, sollte Facebook Leute einstellen, die Holocaust-Leugner auf der Seite sperren.

Bitterböse wurde es, als Serdar Somuncu die aktuellen Facebook-Spots nachspielte. „Ganz schlimm finde ich den aggressiven Ton im Netz, es ist total schade, dass man ständig angepöbelt wird – von kriminellen Juden und Kümmeltürken; schon gut, dass der Führer dieses Internet nicht mehr erleben muss“, übte sich der türkischstämmige Somuncu in Sarkasmus.

Übrigens: Auf ihrer Facebook-Seite hat die „heute-show“ diesen Beitrag bis Samstagmorgen noch nicht beworben. Angst vor der eigenen Courage? Immerhin: Hasskommentare bleiben uns (vorerst) erspart.

Autor: Frank Brunner

Foto: Screenshot ZDF