"Von hinten erstochen!" Totti lässt Italien beben

Francesco Totti wählte einen martialischen Vergleich.

Er sei von hinten erstochen worden, sagte der 42-Jährige. Er werde die Täter nicht beim Namen nennen, aber: "Diese Leute verletzen die Roma. Sie machen nicht das, was für den Klub am besten ist."

Voller Pathos fügte Totti hinzu: "Die Roma zu verlassen ist, als würde ich sterben. Es wäre besser gewesen, wenn ich gestorben wäre."

Totti verkündet bitteren Roma-Abschied

Äußerlich unversehrt, aber offensichtlich zutiefst gekränkt und innerlich verletzt kehrt Totti seiner großen Liebe AS Roma nach 30 Jahren Treue den Rücken.

In feinem Zwirn verkündete er am Montag seinen Abschied - bezeichnenderweise nicht in den Räumlichkeiten seines langjährigen Klubs, sondern im Gebäude des Nationalen Olympischen Komitees CONI in Rom.

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Seine Abschiedsrede, zwei Jahre nach dem Ende seiner aktiven Laufbahn, war geprägt von Vorwürfen gegen die Führungsetage der Roma, in die er eigentlich langfristig als Sportdirektor aufsteigen sollte.

"Ich hatte einen Sechs-Jahres-Vertrag als Direktor. Ich habe ruhig angefangen und gemerkt, dass es etwas komplett anderes ist als auf dem Feld zu stehen", gestand Totti. "Viele Versprechen wurden gemacht, aber sie wurden nie eingehalten."

Contes brisanter Inter-Wechsel - Sarri zum Erzrivalen

Bei Personalentscheidungen fühlte er sich übergangen. So habe er sich intensiv um Antonio Conte als neuen Trainer bemüht. "Ich habe gesagt, der einzige, der die Roma jetzt umgestalten kann, ist Antonio Conte. Er hat uns seine Zusage gegeben. Aber dann gab es Probleme, und er hat seine Meinung geändert."

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Der frühere Coach der Squadra Azzurra und langjährige Juventus-Trainer wechselt nun ausgerechnet zu Juves Erzrivalen Inter Mailand. Fans der Bianconeri hatten Conte daher als Verräter bezeichnet.

Dass Maurizio Sarri, der seinerzeit als Napoli-Coach Juve oftmals verfluchte, nun pikanterweise die "Alte Dame" übernimmt, erschütterte zuletzt schon die italienische Fußballwelt in ihren Grundfesten. Von einer "Sarri Revolution" schrieb die Gazzetta dello Sport auf ihrer Titelseite.

Jetzt auch noch Roma ohne Totti - und es reift die Erkenntnis: Selbst in der ewigen Stadt ist nichts für immer.

"Ohrfeigen" für die Roma und Eigentümer Pallotta

Der Corriere dello Sport beschrieb Tottis Abschied als einen "Akt der Liebe und Anklage". Vorwürfe, die laut Gazzetta "wie viele Ohrfeigen" auf die Roma niederprasselten.

Vor allem auf den US-amerikanischen Eigentümer James Pallotta. Dem in Boston ansässigen Geschäftsmann werfen Fans ohnehin schon seit längerem fehlende Nähe zur Roma vor.

"Pallotta umgibt sich mit den falschen Leuten, er hört nur auf sie", sagte Totti. "Jeder macht Fehler. Aber wenn du acht Jahre lang immer die gleichen Fehler machst, musst du dir selbst einige Fragen stellen. Etwas läuft offensichtlich falsch."

Der Klub reagierte am Montagabend mit einem offiziellen Statement. Man sei "extrem enttäuscht", dass Totti seinen Abschied bekanntgegeben habe, hieß es darin. Man verstehe, wie schwer ihm die Entscheidung gefallen sei, aber: "Wir glauben, dass seine Sichtweise der Fakten und im Klub getroffenen Entscheidungen der Fantasie entsprungen und fernab jeglicher Realität liegen."

Totti wäre für Totti idealer Präsident

Wenn er Roma-Präsident wäre, würde Totti die verantwortungsvollen Posten mit Ikonen wie Totti und Daniele De Rossi besetzen. "Sie haben Moral, sie wissen alles darüber, was es bedeutet, ein Römer zu sein", sagte Totti über Totti. Und über De Rossi, dessen jüngster Abschied ebenfalls von Nebengeräuschen begleitet war.

Auch Totti selbst sei vor zwei Jahren zu einem Karriereende gedrängt worden, obwohl er laut eigener Aussage noch gerne weitergespielt hätte.

Jetzt wolle der frühere Torjäger erstmal in Ruhe über seine Zukunft nachdenken. Italienische Medien setzten bereits erste Gerüchte über ein Engagement bei Sampdoria Genua oder dem AC Florenz in die Welt.

Nicht Juve und nicht Napoli

Totti sprach am Montag davon, dass er am Vormittag schon ein konkretes Angebot erhalten habe. "Ich werde nicht arbeitslos bleiben", versicherte er.

Juve und Napoli schloss er als potenzielle Ziele aber kategorisch aus: "Nein, aus Respekt vor der Roma würde ich das nicht machen."

Weitere Erschütterungen würde die italienische Fußballwelt wohl auch nur schwer verkraften.