Hitzefrei am Arbeitsplatz - gibt es das?

An heißen Sommertagen sehnt man sich als Schüler stets danach, dass irgendwann die Stimme des Schulrektors aus den Boxen an der Klassenzimmerwand ertönt und dieses eine bestimmte Wort fällt: "Hitzefrei". Aber wie sieht es im Berufsleben aus? Gibt es in der Arbeitswelt auch hitzefrei und welche Rechte gelten? Das müssen Sie wissen.

Hitzefrei written in german on tablet meaning having time off from work or school on account of excessively hot weather or heat wave and I'm gone on sticky note as flatlay from above of an office desk
Hitzefrei im Job gibt es nicht alle Tage, aber hin und wieder eben doch (Symbolbild: Getty Images)

Wenn die Temperaturen im Büro ansteigen, fällt einem das Arbeiten immer schwerer – vor allem, wenn es keine Klimaanlage gibt. Schreibt der Dresscode dann auch noch lange Hemden, Hosen oder gar noch ein Jackett vor, kann das Business schnell zur schweißtreibenden Qual werden.

Wenn das Thermometer schon früh in Richtung 30-Grad-Marke klettert, hoffen Schüler auf Hitzefrei. Doch wie sieht es aus, wenn am Arbeitsplatz gefühlte Backofen-Temperaturen vorherrschen? Haben Angestellte auch einen Anspruch auf Hitzevakanz? Was sagt in solchen Fällen der Gesetzgeber? Die Rechte und Pflichten im Überblick.

Habe ich als Arbeitnehmer ein Recht auf Hitzefrei?

Arbeitnehmer haben selbst bei hochsommerlichen Temperaturen keinen rechtlichen Anspruch auf Hitzefrei und dürfen auch nicht einfach so die Arbeit niederlegen, wenn es zu heiß ist. Allerdings sind die Arbeitgeber verpflichtet, bei großer Hitze entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Und da hohe Temperaturen auch zu Unkonzentriertheit und geringerer Produktivität führen können, drücken gute Chefs auch mal ein Auge zu und lassen die Mitarbeiter früher nach Hause gehen.

Pflichten der Arbeitgeber

Laut Arbeitsschutzgesetz sind Arbeitgeber dazu verpflichtet, Arbeit und Arbeitsplätze so zu gestalten, dass die Mitarbeiter keiner gesundheitlichen Gefährdung ausgesetzt werden. Dies gilt auch für Risiken, die durch hohe Temperaturen oder UV-Strahlungen entstehen können.

Der Anspruch auf Sonnenschutz am Arbeitsplatz ist in einer Novelle der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge verankert, welche am 18. Juli 2019 in Kraft getreten ist.

Welche Folgen können zu hohe Temperaturen am Arbeitsplatz haben?

Die Umgebungstemperatur beeinflusst maßgeblich, wie wohl wir uns fühlen und kann sich auch sehr stark auf die Gesundheit auswirken. Ältere oder auch chronisch erkrankte Personen können bei hohen Temperaturen mit großen gesundheitlichen Problemen zu kämpfen haben.

Abkühlung: Gewerkschaft fordert mehr Schulpausen wegen hoher Temperaturen

Einer der Gründe dafür ist ein verstärktes Schwitzen, der Körper versucht dadurch, abzukühlen. Dabei geht jedoch viel Flüssigkeit verloren. Wer nun nicht für ausreichend Nachschub sorgt, kann dehydrieren und als Folge dessen einen Kreislaufkollaps erleiden oder Fieber bekommen. Wird dem Organismus nicht genug Flüssigkeit zugeführt, können auch Symptome wie Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Bauch- und Muskelkrämpfe und im schlimmsten Fall sogar Bewusstlosigkeit zutage treten.

Wo liegt der Grenzwert für Temperaturen am Arbeitsplatz?

Richtet ein Arbeitgeber einen Arbeitsplatz ein, gelten für ihn dabei die Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättv). Die Verordnung formuliert jedoch nur allgemeine Schutzziele, gibt aber keine konkreten Maßnahmen vor.

Bei den Temperaturen am Arbeitsplatz wird dabei unterschieden zwischen:

Raumtemperatur: subjektives Temperaturempfinden eines Beschäftigten

Lufttemperatur: die tatsächlich am Arbeitsplatz vorherrschende Temperatur

Um eine Gesundheitsgefährdung zu vermeiden, schreibt die Arbeitsstättenverordnung vor, dass die Lufttemperatur nicht über 26 Grad steigen sollte. Steigt die Lufttemperatur auf 30 oder mehr Grad an, ist der Arbeitgeber verpflichtet, bestimmte Maßnahmen zu ergreifen, um den Arbeitnehmer zu schützen.

  • Ab 26 Grad sollten erste Vorkehrungen getroffen werden, damit die Gesundheit der Arbeitnehmer nicht gefährdet wird.

  • Ab 30 Grad ist der Arbeitgeber verpflichtet, durch Lüften, erfrischende Getränke, Hitzepausen oder Umorganisation der Arbeitszeiten für Abkühlung zu sorgen.

  • Ab 35 Grad Lufttemperatur ist ein Raum ohne entsprechende Maßnahmen nicht mehr als Arbeitsraum geeignet.

Welche Maßnahmen hat der Arbeitgeber zu ergreifen, um die Temperatur am Arbeitsplatz zu senken?

Hat die Lufttemperatur am Arbeitsplatz - dazu zählen auch Pausen- und Bereitschaftsräume - einen Wert von 30 Grad oder mehr erreicht, muss der Arbeitgeber eine Gefährdungsbeurteilung vornehmen und entsprechende Maßnahmen ergreifen. Diese könnten u.a. so aussehen:

  • Jalousien auch nach der Arbeitszeit geschlossen halten

  • Nachtauskühlung

  • Durchlüftung der Räume am Morgen, wenn es noch nicht so warm ist

  • Verlegung der Arbeitszeiten in die Morgen- oder Abendstunden

  • Verlagerung des Arbeitsplatzes in kühlere Räume

  • Lockerung der Bekleidungsregeln

  • Bereitstellung von Trinkwasser

Welche Maßnahmen ein Arbeitgeber konkret gegen die Hitze unternimmt, bleibt ihm überlassen. Einen Anspruch auf einen Ventilator oder auf Gratis-Getränke hat ein Arbeitnehmer nicht, solange sein Chef andere Maßnahmen ergreift, um seine Mitarbeiter zu schützen.

Wann kann es hitzefrei geben?

Laut Arbeitsrecht kann ein Arbeitgeber dann hitzefrei bekommen, wenn die Lufttemperatur am Arbeitsplatz mehr als 35 Grad beträgt und keine Maßnahmen (z.B. Schutzkleidung, Luftduschen o.ä.) ergriffen werden können, die das gesundheitliche Risiko minimieren.

Hitzeschutz bei Arbeiten im Freien?

Arbeitsplätze im Freien sind bei hohen Temperaturen besonders gefährdet. Vor allem bei schwerer körperlicher Arbeit, z.B. auf Baustellen, drohen Sonnenstich oder ein Hitzschlag, im schlimmsten Fall kann es sogar zum Tod kommen. Chefs sollten bei ihren Mitarbeitern deshalb genau auf Warnsignale und Symptome achten, die auf eine Hitzeerkrankung hinweisen und im Ernstfall schnell handeln.

Arbeiten in der Sonne: Über diesen Hack gehen die Meinungen auseinander

Arbeitgebern wird geraten, bei Hitzetagen schon frühzeitig Vorkehrungen zu treffen. Dies können Sonnensegel oder aufgebaute Pavillons sein. Ist dies nicht möglich, sollten die Arbeiten so organisiert werden, dass in der Mittagshitze nur leichte Aufgaben oder Tätigkeiten im Schatten ausführt werden. Enorm wichtig ist dabei auch, regelmäßig und viel zu trinken.

Construction worker with sunglasses and broomstick scrubbing sand in construction site in front of a construction vehicle and trailer. concept, close-up of worker.
Vor allem Bauarbeiter sind die hohen Temperaturen meist schutzlos ausgeliefert. (Symbolbild: Getty Images)

Besonders leichte, dicht gewebte Baumwollkleidung und Sonnencreme mit einem Lichtschutzfaktor von mindestens 30 bieten einen guten Schutz vor UV-Strahlung. Für Maßnahmen zum Arbeitsschutz können Arbeitgeber unter Umständen Zuschüsse bekommen.

Zudem ist der Arbeitgeber verpflichtet, seine Mitarbeiter vor der Gefahr von Hautkrebs zu schützen. Es gibt bestimmte Formen des Hautkrebses, die seit Anfang 2015 als Berufskrankheit anerkannt werden.

Welche Konsequenzen drohen dem Arbeitgeber, wenn er die Arbeitsstättenregeln nicht beachtet?

Kommt ein Arbeitgeber seiner Fürsorgepflicht nicht nach und kann ihm nachgewiesen werden, dass er die Gesundheit oder das Leben seiner Mitarbeiter wiederholt oder vorsätzlich gefährdet, kann er zu einer Geldstrafe oder gar einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr verurteilt werden.

Darf man nach Hause gehen, wenn man sich wegen der Hitze unwohl fühlt?

Ja. Wer wegen der Hitze beispielsweise Kreislaufprobleme bekommt, darf, wie bei jeder anderen Erkrankung auch - nach Hause gehen. Der Arbeitgeber darf aber in diesem Fall ein Attest vom Arzt verlangen.

Wie sieht es mit Hitzeschutz im Homeoffice aus?

Gibt es eine formale Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber über die Arbeit im Homeoffice und wurde dieses vom Arbeitgeber eingerichtet und ausgestattet, gelten die gleichen Regeln wie bei einem Arbeitsplatz im Betrieb. Theoretisch muss sich der Arbeitgeber dann vor Ort davon überzeugen, dass der Hitzeschutz im Homeoffice sichergestellt ist.

Klimawandel: Hitze führt zu mehr Herzinfarkten

Wird ein Arbeitgeber, wie aktuell während der Corona-Krise, ins provisorische Homeoffice geschickt, gilt in diesem Fall die Arbeitsstättenverordnung nicht, da es sich um einen mobilen Arbeitsplatz handelt. Hier ist der Arbeitnehmer dafür verantwortlich, die Temperaturen am Arbeitsplatz angenehm zu halten. Der Arbeitgeber ist jedoch über seine Fürsorgepflicht und die Vorgaben des Arbeitsschutzgesetzes gehalten, die Mitarbeiter im Hitzeschutz zu unterweisen, eine Kontrollpflicht hat der Arbeitgeber dabei aber nicht.

Können Betriebe selbst regeln wann und ob es hitzefrei gibt?

Ja. Arbeitgeber und Betriebsrat haben die Möglichkeit, in einer Betriebsvereinbarung festzulegen, wann der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern bei Hitze freigeben und welche Maßnahmen er zuvor ergreifen muss.

Dürfen Eltern nach Hause, wenn das Kind in der Schule hitzefrei bekommen hat?

Bekommen Schüler hitzefrei, müssen die berufstätigen Eltern die Betreuung neu organisieren. Tritt dieser Fall ein, müssen Arbeitgeber ihre Mitarbeiter mit Kindern unbezahlt freistellen. Dies gilt jedoch nur, wenn die Eltern um die Freistellung bitten, keine andere Möglichkeit der Kinderbetreuung gefunden werden konnte und die Schule die Hitzefrei-Entscheidung kurzfristig getroffen hat.

VIDEO: Gibt es Hitzefrei auch im Büro?