Hitzige Debatte um US-Wahl: Donald Trump "wirklich als geballte Gefahr zu sehen, geht zu weit"

Oskar Lafontaine (rechts) kämpfte mit Louis Klamroth in der Sendung scheinbar um die Moderation. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)
Oskar Lafontaine (rechts) kämpfte mit Louis Klamroth in der Sendung scheinbar um die Moderation. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)

Der Countdown läuft. Am Tag vor der US-Wahl am 5. November stellt sich auch bei "Hart aber fair" am Montag die Frage: Harris oder Trump? Fast so umstritten wie die Wahl selbst war in der Sendung die Moderation. Da hieß es: Louis Klamroth vs. Marie Strack-Zimmermann (FDP) und Oskar Lafontaine (BSW).

In Washington, aber auch außerhalb der Washingtoner Blase ist die Stimmung einen Tag vor der US-Wahl angespannt. "Man weiß nicht, was am Wahltag passiert", berichtete Ingo Zamperoni (Moderator der Tagesthemen, präsentiert die Doku "Wirklich nochmal Trump, Amerika?") bei "Hart aber fair" live aus der US-Hauptstadt.

"Noch nie lagen Kandidaten so nahe beieinander", sprach er von der großen Unsicherheit. Gleichzeitig wäre aber auch Erleichterung zu spüren, dass dieses "unfassbar aufwendige Rennen endlich vorbei" wäre. "Zumindest morgen erstmal", fügte er hinzu, denn es könnte durchaus sein, dass es in den nächsten Tagen oder Wochen kein Ergebnis gäbe. Sowohl Harris als auch Trump hätten bereits "unzählige Anwälte in Stellung gebracht", die das Ergebnis anfechten würden.

Vor allem der Republikaner Trump hätte sich mit seinem Narrativ des Wahlbetrugs tief in der Bevölkerung verankert. "Das ist ein Riesenproblem für die Demokratie, wenn so an der Institution der Wahl gerüttelt wird", kannte Zamperoni die "Sorge, die viele umtreibt". Vor einer Panikmache wollte er warnen, aber: "Ein Stresstest ist dieser Kandidat für das Land sicher", gab er Louis Klamroth und seinen Gästen im TV-Studio in Berlin mit.

Louis Klamroth (mitte) diskutierte mit seinen Gästen bei "Hart aber fair" über die US-Wahl. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)
Louis Klamroth (mitte) diskutierte mit seinen Gästen bei "Hart aber fair" über die US-Wahl. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)

"Trump wird das Ergebnis nicht akzeptieren"

"Eindeutigkeit ist wichtig", betonte der ebenfalls aus Washington zugeschaltete Politik-Berater Peter Rough vom konservativen Thinktank Hudson Institute, der schon für George W. Bush arbeitete. Es bräuchte ein "eindeutiges Ergebnis, das beide Seiten akzeptieren können". Ein eben solches wäre aber kaum zu erwarten, war sich die Runde einig, die an diesem Montag zum Thema "Harris oder Trump - verändert diese Wahl alles?" geladen war.

"Trump wird das Ergebnis nicht akzeptieren", war sich Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP, Vorsitzende des Ausschusses für Sicherheit und Verteidigung im Europäischen Parlament) sicher. Damit stelle Donald Trump eine Gefahr für die Demokratie dar, wie vor allem in den letzten Wochen des Wahlkampfs in den USA zu hören war. Die Bezeichnung "Faschist", die ihm zwei frühere Berater sowie Kamala Harris gegeben hätten, wollte sie nicht gleich in den Mund nehmen. "Erstmal sage ich, dass Trump nicht alle Tassen im Schrank hat", erntete sie mit ihrer "Analyse" Applaus aus dem Publikum. "Wenn es nicht so ernst wäre, hätten seine Auftritte Slapstick-Charakter", wäre ihrer Ansicht nach eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Republikaner kaum möglich.

"Vielleicht ist es ein Argument, um Trump zu schädigen, aber ihn wirklich als geballte Gefahr zu sehen, geht zu weit", relativierte Rough die Bedrohung. Dass Trump eigenen Aussagen zufolge gegen Feinde im Inneren militärisch vorgehen wolle, wäre "irreal": "Niemand würde dem Befehl folgen", meinte er. Nachdem eine "dreiviertel Stunde" über die Persönlichkeit Trumps debattiert worden wäre, wollte der Amerikaner mit österreichischer Mutter die Inhalte in den Mittelpunkt rücken: Mit Wirtschaft oder auch Migration könnte Trump gegen die laut Umfragen unpopuläre Biden-Harris-Regierung punkten.

"Vergessen wir nicht, wie die US-Wirtschaft während der Pandemie dastand", erinnerte Klaus Brinkbäumer (Journalist, Moderator beim MDR und Podcaster von "OK, America?") an das "wilde Agieren" unter Trump, "die Wirtschaft lag am Boden". Ob die aktuelle Lage die Schuld von Harris und Biden wäre, sei fraglich: "Wir reden über Weltwirtschaft."

Klaus Brinkbäumer und Marie-Agnes Strack-Zimmermann waren bei "Hart aber fair" zu Gast. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)
Klaus Brinkbäumer und Marie-Agnes Strack-Zimmermann waren bei "Hart aber fair" zu Gast. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)

"Biden war ein europäischer Politiker, das wird Harris nicht sein"

"Zu der kommen wir", kündigte Klamroth bezüglich der Weltwirtschaft an - endlich, würde Oskar Lafontaine (BSW) sagen. Kurz zuvor hatte der Publizist und langjährige Politiker die Frage des Moderators ignoriert und darauf zu sprechen kommen wollen, was die US-Wahl für Europa bedeute. "Ich bin hier der Moderator", versuchte Klamroth, die Zügel in der Hand zu halten. "Das ist ja nur ein Vorschlag", lenkte Lafontaine ein: "ich möchte Sie als Moderator nicht ersetzen." Für die Zuschauerinnen und Zuschauer sei dieses Thema aber von großer Bedeutung.

Mit dem jetzigen Präsidenten Joe Biden ginge der "letzte Alt-Translantiker als Präsident der USA" ab, erklärte die in Berlin lebende US-Amerikanerin Rachel Tausendfreund von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. "Biden war ein europäischer Politiker, das wird Harris nicht sein."

Mit dieser Analyse war Oskar Lafontaine ganz und gar nicht einverstanden: Die USA hätte unter Biden die "Gasleitungen weggesprengt", behauptete er, "man sollte nicht so feige sein, darüber nicht zu sprechen". Strack-Zimmermann konnte daraufhin nur die Augen verdrehen. Auch als Klamroth - aus Fairness gegenüber den Zuschauerinnen und Zuschauern - darauf verwies, dass führende Medien den Anschlag auf die Nord-Stream-Leitungen den Ukrainern und nicht den Amerikanern zuschrieben, ließ sich Lafontaine nicht beirren.

"Bezahlt die Rechnung, dass ihr Nord Stream gesprengt habt", wiederholte er erneut. "Das hatten wir doch schon" wollte Klamroth zum nächsten Thema übergehen. Strack-Zimmermann aber kam ihm unter Stöhnen zuvor und forderte eine Stellungnahme Lafontaines zur Positionierung von nordkoreanischen Soldaten in Russland. "Doppelmoderation Strack-Zimmermann", kommentierte das Klamroth trocken. Die Antwort bekam sie dann doch: "ich halte es nicht für gut, wenn sich Soldaten vom anderen Land einmischen." Und auch wenn Lafontaine ihm vorwarf, "einseitig zu moderieren", wurde Klamroth endlich wieder Herr der Diskussion und lenkte den Fokus auf ein anderes Thema.

"Der Zahltag Europas beginnt morgen"

Einen Rückzug der USA aus der Weltpolitik hielt Lafontaine jedenfalls für gut: Angesichts der vielen Pole der Welt - von China bis Indien - müsste sich Deutschland so positionieren, dass man sich mit allen Weltmächten gut stelle.

"Überraschen Sie mich, stimmen Sie zu?", versuchte Klamroth den Politikerzwist weiter zu schüren. "Wir hätten das längst anfangen müssen", war Strack-Zimmermann mit Lafontaine einig. Immer die Hoffnung zu haben, dass die Amerikaner uns sicherheitspolitisch unterstützen, dass billiges Gas und Öl aus Russland kämen und der chinesische Markt da wäre, "das ist definitiv vorbei", müsste Europa ihrer Ansicht nach selbstständiger werden. Denn: "Wer auch immer gewinnt, der Zahltag Europas beginnt morgen." Darauf wäre man ihrer Meinung nach allerdings nicht vorbereitet.