Hochbrisanter Russland-Schwenk im deutschen Sport

Hochbrisanter Russland-Schwenk im deutschen Sport
Hochbrisanter Russland-Schwenk im deutschen Sport

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) spricht sich trotz des andauernden Angriffskriegs auf die Ukraine für die Eingliederung neutraler Athletinnen und Athleten aus Russland und Belarus in den Weltsport aus.

Die veränderte Position, die das Präsidium Anfang November beschlossen hatte, stellte der DOSB auf seiner Mitgliederversammlung am Samstag in Frankfurt vor. „Das ist die Meinung des deutschen Sports“, sagte Präsident Thomas Weikert.

Im „Aktuellen Sportstudio“ des ZDF bekräftigte er seine Meinung am Samstagabend und nannte auch einen Grund dafür: „Ein ganz gewichtiges Argument, um die Argumentation zu ändern, ist, dass auch die ukrainischen Sportlerinnen und Sportler jetzt an Wettkämpfen teilnehmen können und dürfen.“

Laut Beschluss der ukrainischen Regierung dürfen derzeit auch Athleten des Landes an Wettkämpfen teilnehmen, bei denen auch Sportler aus Russland und Belarus als neutrale Athleten starten.

Dennoch steht ein Olympia-Boykott der Ukraine nach wie vor im Raum, falls auch für die Wettkämpfe in Paris Athletinnen und Athleten aus Russland und Belarus zugelassen werden.

Insofern ist es noch gar nicht sicher, ob die Ukraine, wie Weikert es hofft, in Paris den „ganz prominenten Wachmann“ spielen wird, der aufpasst, dass wirklich nur neutrale Sportler aus den kriegstreibenden Ländern in der französischen Hauptstadt dabei sind.

Weikert fordert Umdenken der Politik

Dennoch bleibt Weikert bei seiner „angepassten“ Haltung, wie er es nennt, und fordert im Hinblick auf eine eigene Bewerbung für Olympische Spiele von der deutschen Politik ebenfalls ein Umdenken in dieser Angelegenheit. „Von daher erwarte ich mir auch von der deutschen Politik, dass dort entsprechend reagiert wird“, sagte er.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte aber nach ihrer Rede vor den DOSB-Delegierten im Gespräch mit der FAZ betont, dass für sie weiterhin die ukrainischen Athleten im Vordergrund stehen.

Auch Boris Rhein, Ministerpräsident in Hessen, hatte in seinem Grußwort eine klare Haltung gegen den Start russischer und belarussischer Sportler geäußert. „Ich halte eine Aussage, wer nicht Sportler aller Länder willkommen heißt, und gemeint ist damit natürlich das Russland des Kriegsverbrechers Putin, der kann nicht Ausrichter Olympischer Spiele werden, für schlechterdings falsch“, sagte Rhein.

Veränderte Rahmenbedingungen verändern die Haltung

Der DOSB beruft sich indes auf die Empfehlung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) zur Wiedereingliederung der Athleten aus den kriegstreibenden Nationen unter neutralen Status und weiteren strengen Auflagen. Die basiere „auf einer Mehrheitsentscheidung der internationalen Sportgemeinschaft“.

Die neue Haltung des DOSB habe nichts mit der geplanten Olympiabewerbung zu tun, betonte Weikert im ZDF. Allerdings ist schon auffällig, dass sie sich ausgerechnet in zeitlicher Nähe zur klaren Ansage von IOC-Präsident Thomas Bach durchgesetzt hat.

Der hatte zuletzt gemahnt: „Das IOC kann Spiele nur dorthin vergeben, wo seine Regeln respektiert werden. Dazu gehört, dass jeder vom IOC akkreditierte Teilnehmer einreisen darf.“

Davon einschüchtern lassen will sich nicht jeder im deutschen Sport. „Werte muss man in entscheidenden Positionen zeigen. Dann gibt es nur eine klare Kante. Und das heißt einfach: Nein zu der Teilnahme von russischen und belarussischen Athleten“, forderte Friedhelm Julius Beucher, der Präsident des Deutschen Behindertensportverbands, im ZDF

Und Fechterin Léa Krüger, Mitglied bei Athleten Deutschland, sagte: „Man muss sich nicht für eine Bewerbung komplett verbiegen und sollte vor allem auch die eigenen Werte aufrecht erhalten.“

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Mit Sport-Informations-Dienst (SID)