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Hochwasser-Folgen für Mensch und Natur

Hochwasser-Folgen für Mensch und Natur

Land unter heißt es seit Tagen in Teilen Deutschlands. Die Hochwasser-Katastrophe wird massive Folgen für die betroffenen Landstriche und die deutsche Wirtschaft haben.

Wirtschaft:

Das Ausmaß der Hochwasserschäden in Deutschland lässt sich bisher nicht beziffern. Bis verlässliche Schadenssummen vorliegen, dürften Wochen vergehen, sagte der Klima-Experte der Rückversicherers Munich Re, Ernst. Das aktuelle Hochwasser sei zwar nicht so weiträumig wie die Elbe-Flut im August 2002, daraus ließen sich aber keine Schlüsse ziehen. Die Katastrophe damals hatte europaweit volkswirtschaftliche Schäden in Höhe von rund 16,8 Milliarden Euro verursacht, 3,5 Milliarden davon waren versichert.

Der Chefvolkswirt des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI), Michael Bräuninger, schließt nicht aus, dass die Flut auf das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr durchschlägt. "Entscheidend sind aber Dauer und Ausbreitung des Hochwassers." Dauerhafte Effekte seien anders als bei der Finanzkrise 2008 oder der Euro-Schuldenkrise ohnehin nicht zu befürchten.

Hart trifft es Hotels, Gaststätten, Campingplätze oder Biergärten in den Hochwassergebieten. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) hat wegen des verregneten Frühjahrs bereits vor der Flut seine Prognose für 2013 gesenkt. Ob weitere Korrekturen anstehen, lässt sich noch nicht absehen. Dauerregen und Hochwasser sorgen auch für finanzielle Einbußen in der Landwirtschaft. Vor allem Spargel- und Erdbeerbauern sind derzeit betroffen. Der Handel klagt ebenfalls über das nasse und kalte Wetter. Sommermode erweist sich als Ladenhüter, und die Geschäfte der Baumärkte laufen eher schleppend. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte den Flutopfern finanzielle Hilfe zugesagt. Das 100-Millionen-Euro-Soforthilfeprogramm des Bundes solle auch Privatleuten und Gewerbetreibenden zugutekommen. Sie würden nicht alleingelassen, sagte Merkel. 

Es wird aber auch Profiteure der Flut geben: Denn ist das Wasser endlich weg, müssen Gebäude repariert und Straßen instand gesetzt werden. Das bedeutet Aufträge für die Baubranche, insbesondere für das Ausbaugewerbe. Auch beim Hochwasserschutz könnten Aufträge winken. Allerdings werde es durch Dauerregen und Flut immer schwieriger, den Rückstand aus den Wintermonaten aufzuholen, heißt es beim Bauindustrieverband. Ob zum Jahresende das Hochwasser als Konjunkturimpuls für den Bau wirkt, lässt sich derzeit nicht abschätzen. Die Tourismusbranche hierzulande leidet, Reisen in sonnige Gefilde boomen. Die Veranstalter freuen sich über starke Buchungen Kurzentschlossener. 


Hausbesitzer:

Die Menschen in den Überschwemmungsgebieten fragen sich mit bangem Blick, was das Wasser in ihren Häusern angerichtet hat. Bauexperte Holger Maiwald sagt, entscheidend seien neben dem Wasserstand die verwendeten Baumaterialien, die sich sehr unterschiedlich verhalten könnten: „Untersuchungen nach der Jahrhundertflut 2002 haben gezeigt, dass historische Häuser mit Lehmwänden oder Lehmmörteln einen wesentlich höheren Schaden nehmen als heutige moderne Mauerwerks- oder Stahlbetonbauten. Das geht sogar so weit, dass Wände und Decken eines Gebäudes unter dem Druck des Wassers nachgeben und einstürzen können. In den meisten Fällen geht es aber nach der Flut darum, mit geeigneten Trocknungsmaßnahmen die Feuchtigkeit schnell aus dem Haus zu bekommen."
Die Flut könnte für viele Hausbesitzer ein wirtschaftliches Desaster werden: Denn Expertem schätzen, dass 70 Prozent von ihnen keine Elementarschaden-Versicherung abgeschlossen haben. Sie müssen die Reparaturen wohl selber bezahlen. Denn die Wohngebäudeversicherung greift nur bei Feuer, Hagel, Sturm oder berstenden Wasserleitungen.


Straßen:

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer rechnet allein bei Straßen und Schienen mit mehr als 100 Millionen Euro. Jeder Kilometer Autobahn, der runderneuert werden müsse, werde rund 5 Millionen Euro kosten. So sind Teile der Autobahn A8 am Chiemsee seit Tagen überschwemmt und gesperrt. Neben der Fahrbahn liegen kreuz und quer verstreut dicke Wasserrohre, die von den Wassermassen herausgerissen wurden. Auch die Fahrbahn teilweise unterspült und hängt nun in der Luft. Nicht alle Schäden können repariert werden, weshalb Teile der Fahrbahn nun wohl erneuert werden müssen.

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Tiere:

Vielen Überschwemmungsgebieten in Deutschland droht in den kommenden Wochen eine Mückenplage. Ob es dazu komme, hänge aber vom Wetter ab, sagte der Biologe Norbert Becker. "Wenn es zum Beispiel jetzt nach wie vor sehr kalt bleibt, dann sind die nicht stechlustig und auch nicht fluglustig." Werde es hingegen warm, "dann kann man schon sagen, dass die sich sehr stark bemerkbar machen" - und in manchen Bereichen zur Plage würden. Die Gefahr an Elbe, Oder, Donau, Rhein und anderen Flüssen geht von sogenannten Überschwemmungsmücken aus. Die Weibchen der Plagegeister legen ihre Eier in den feuchten Senken der Auen ab. Werden sie bei einem Hochwasser überspült, schlüpfen die Larven, aus denen sich in einigen Tagen die Mücken entwickeln.  Auch Wasserkäfer und Lurche freuen sich über den verregneten Frühling. Für andere Tiere bedeute das Hochwasser hingegen große Nachteile, sagte ein Experte. So würden Vögel derzeit kaum brüten, da es noch zu kalt sei und die Nahrung fehle. "Es fliegt kaum etwas."

Kultur:

Das Hochwasser beeinträchtigt in mehreren Bundesländern auch verschiedene Kulturveranstaltungen. In Halle beispielsweise fallen die Händel-Festspiele aus. Das sei wegen der angespannten Hochwassersituation entschieden worden, wie die Stadt mitteilte.  Die Festspiele sollten vom 6. bis zum 16. Juni in Halle und Umgebung mit zahlreichen internationalen Stars stattfinden. Das Programm in der Geburtsstadt des Barockkomponisten Georg Friedrich Händel (1685-1759) war an mehr als 30 Orten geplant, 40 000 Besucher wurden erwartet. 
Auch das Literaturfest Meißen wurde Opfer des Hochwassers. Am Dienstag sagten die Veranstalter das Fest in Sachsen ab, damit sich alle Ressourcen in der Stadt auf den Kampf gegen das Wasser konzentrieren können, wie es in einer Mitteilung hieß. Etwa die Hälfte der mehr als 50 geplanten Leseorte werde wohl direkt von den Fluten der Elbe betroffen sein. Meißen liegt direkt an der Elbe. 
 Der Kunsthochschule Halle droht wegen des Hochwassers der Saale nach eigenen Angaben ein Millionenschaden. Trotz des Einsatzes von 400 Helfern sei Wasser in das Gebäude des Design-Campus' gelaufen, teilte eine Sprecherin in Sachsen-Anhalt mit. Die Kunsthochschule hat ihren Sitz nahe der Saale, die meterhoch über die Ufer getreten ist. 

dpa

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