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„Ich hoffe, dass sich das nicht zur Katastrophe entwickelt“

Kuka und die Chinesen - „Ich hoffe, dass sich das nicht zur Katastrophe entwickelt“

Zehn Prozent der Anteile halten sie bereits, für mehr als vier Milliarden Euro wollen sie das ganze Unternehmen kaufen. Doch bei der Hauptversammlung des Roboterbauers Kuka in Augsburg hielte sich die Investoren des chinesischen Hausgeräte-Herstellers Midea zunächst im Hintergrund. Dennoch drehte sich an diesem Tag natürlich alles um die Milliarden-Offerte. Und dabei kamen auch Sorgen zur Sprache.

Schon der Veranstaltungsort zeugte vom Aufstieg des Augsburger Roboterbauers in den vergangenen Jahren: Erstmals konnte das Aktionärstreffen auf eigenem Grund abhalten. Im schicken neuen Entwicklungs- und Technologiezentrum kamen mehrere Hundert Aktionäre zusammen.

Sie alle wollten wissen: Wie geht es nun weiter? Vorstandschef Till Reuter sieht das Interesse der Chinesen als Chance. Der Vorstand werde das Angebot - die offizielle Offerte wird in den kommenden Wochen erwartet - „ergebnisoffen prüfen“. Doch er sieht vor allem die Chancen. Bis 2020 will Kuka den Umsatz in von 400 Millionen Euro auf eine Milliarde Euro mehr als verdoppeln. „Ein Partner, der diese Strategie unterstützt und uns hoch besseren Marktzugang verschafft, könnte für Kuka ein erheblicher Wachstumstreiber sein.“

Kurz vor der Hauptversammlung hatte Midea das spektakuläre Übernahmeangebot vorgelegt. 115 Euro bietet der chinesische Hausgerätekonzern. Das bedeutet immerhin einen Aufschlag von fast 60 Prozent auf den Kurs im Februar, bevor sich die Chinesen eine erste Zehn-Prozent-Beteiligung sicherten.

Eigentlich goldene Zeiten für die Kuka-Aktionäre. Das Unternehmen habe sich „vom Sanierungsfall zu einer Perle am Markt“ entwickelt, lobte Daniel Bauer von der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre. Midea sei nun sogar bereit, einen hohen, strategischen Preis zu zahlen.

Doch viele haben auch Sorgen. „Ich hoffe, dass sich das nicht zu einer Katastrophe für den Standort Deutschland entwickelt“, sagte Roland Klose von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. In den USA und wahrscheinlich auch in China sei es schwer vorstellbar, dass sich ein ausländischer Konzern so eine Schlüsseltechnologie sichere. Das Management solle mit den Großaktionären mit Hochdruck auch nach Alternativen zu dem Midea-Angebot suchen.


Positives Signal aus China

Ein Kleinaktionär kritisierte: „Auch die deutsche Industrie hat geschlafen.“ Schließlich hätten sich zum Beispiel die Autohersteller in den vergangenen Jahren zu Spottpreisen eine Sperrminorität bei Kuka sichern können.

Natürlich wissen alle, dass die mögliche Übernahme sensibles Gelände berührt. spielt in der Industrie 4.0, also der Digitalisierung der Produktion, eine Schlüsselrolle. wiederum gilt in der Automatisierung als wichtigster Wachstumsmarkt. Die Roboterdichte ist in der Autoindustrie in Deutschland dreimal, in anderen Industriebranchen zehnmal so hoch. Gleichzeitig sind die Chinesen natürlich auch an der Technologie interessiert.

Kuka-Chef Till Reuter sagte, die Zusagen, die Midea anbiete, seien ein „positives Signal“. Die Chinesen garantieren den Hauptsitz in Deutschland und bekennen sich zu Belegschaft und Standorten. Alle Kundendaten sollen bei Kuka bleiben und vor dem Zugriff aller Anteilseigner geschützt sein. „Midea hat zugesichert, Kukas geistiges Eigentum und alle Forschungs- und Entwicklungs-Aktivitäten zu achten“, betonte Reuter weiter. Sein Ziel sei es, diese Zusagen „in langfristig bindende Verträge“ zu überführen.

Die spannenden Fragen wurden an diesem Tag nicht geklärt. So ist offen, wie die anderen Großaktionäre auf das Angebot reagieren. Der Unternehmer Friedhelm Loh, der zehn Prozent hält, ließ sich auf der Hauptversammlung als Aufsichtsrat entschuldigen. Voith-Chef Hubert Lienhard, dessen Konzern sich ein Viertel der Anteile gesichert und damit bislang gute Kursgewinne gemacht hat, hält sich bedeckt.

Das Geschäftsjahr 2015, über das auf der Hauptversammlung berichtet wurde, war an diesem Tag fast nur eine Randnotiz. Der Umsatz stieg, auch wegen der Übernahme der Schweizer Swisslog, um 42 Prozent auf erstmals drei Milliarden Euro. Auch im laufenden Jahr soll es weiter aufwärts gehen. „Kuka hat sich zu einer atemberaubenden Erfolgsgeschichte entwickelt“, frohlockte Aufsichtsratschef Bernd Minning. Das nächste Kapitel werden nun womöglich die Chinesen schreiben.

KONTEXT

Diese deutschen Firmen gehören jetzt Chinesen

Auf Einkaufstour

Chinesische Unternehmen kaufen sich seit einigen Jahren in Firmen in Deutschland ein. Jüngstes Beispiel ist die Ankündigung von Midea, den Anteil am Roboterhersteller Kuka deutlich aufzustocken. Weitere Übernahmen aus der jüngeren Vergangenheit:

Putzmeister

Der Betonpumpen-Weltmarktführer Sany Heavy Industry übernimmt im Januar 2012 das schwäbische Unternehmen für gut 320 Millionen Euro.

Kiekert

Der Pekinger Automobilzulieferer Lingyun übernimmt 2012 den Weltmarktführer für Pkw-Schließsysteme aus Heiligenhaus (NRW).

Schwing

Die Xuzhou Construction Machinery Group (XCMG) wird im April 2012 Mehrheitseigener des westfälischen Betonpumpenherstellers. Der Verkaufspreis des Herner Unternehmens soll bei rund 300 Millionen Euro liegen.

Kion

2012 steigt der chinesische Nutzfahrzeugproduzent Weichai Power beim Gabelstaplerhersteller Kion ein. Die Chinesen kaufen zunächst für 467 Millionen Euro 25 Prozent an Kion und steigern 2015 ihren Anteil auf 38,25 Prozent. Außerdem erhält der Investor für 271 Millionen Euro eine Mehrheitsbeteiligung von 70 Prozent an der Hydrauliksparte Kions.

Solibro

Das insolvente Solarunternehmen Q-Cells vereinbart im Juni 2012 den Verkauf seiner Tochterfirma mit Sitz in Bitterfeld-Wolfen an die Pekinger Hanergy Holding Group.

Sunways

Der Konstanzer Photovoltaik-Konzern ging 2012 zum Schnäppchenpreis an den chinesischen Solarriesen LDK Solar. Doch 2013 und 2014 reichte Sunways jeweils einen Insolvenzantrag ein. Teile des Unternehmens wurden in der Folge an den chinesischen Solarkonzerns Shunfeng verkauft.

Tailored Blanks

Der Industriegüterkonzern Thyssen-Krupp schließt 2013 den Verkauf seiner Tochter an den chinesischen Stahlkonzern Wuhan Iron and Steel (Wisco) ab. Zum Preis machen beide Seiten keine Angaben.

Koki Technik Transmission Systems

Das chinesische Unternehmen Avic Electromechanical Systems (Avicem) - eine Tochter der staatlichen Unternehmensgruppe Aviation Industry Corporation of China (Avic) - übernimmt 2014 den sächsischen Autozulieferer. Ein Kaufpreis wird nicht genannt.

Hilite

Avic übernimmt 2014 für 473 Millionen Euro den deutschen Autozulieferer.

Krauss-Maffei

Im Januar 2016 verkauft Onex den Münchener Spezialmaschinenbauer Krauss-Maffei an ein Konsortium um die staatliche National Chemical Corporation (Chemchina). Der größte Chemiekonzern des Landes zahlt 925 Millionen Euro für den traditionsreichen Hersteller von Spritzgießmaschinen für die Kunststoff- und Gummi-Verarbeitung.

EEW

Die chinesische Holding Beijing Enterprises kauft im Februar 2016 den Abfallkonzern EEW Energy from Waste aus Helmstedt für 1,438 Milliarden Euro. Verkäufer ist der schwedische Investor EQT. EEW hat nach eigenen Angaben 1050 Mitarbeiter. Die 18 Anlagen der Gruppe können jährlich rund 4,7 Millionen Tonnen Abfall zu Energie machen und umweltschonend beseitigen. Die Fabriken erzeugen Prozessdampf für Industriebetriebe, Fernwärme für Wohngebiete und Strom für umgerechnet rund 700.000 Haushalte.