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Traumjob trotz mieser Bezahlung

Hebammenschülerin Neele (23) mit der frisch gebackenen, glücklichen Mama Caroline (Foto: RTLII, sagamedia Film und Fernsehen)
Hebammenschülerin Neele (23) mit der frisch gebackenen, glücklichen Mama Caroline (Foto: RTLII, sagamedia Film und Fernsehen)

Hinter Neele und Nina liegen 1600 Stunden Theorie und 3000 Stunden praktischer Arbeit. Noch eine Prüfung müssen sie bestehen, dann haben sie den schönsten Beruf der Welt. Sie helfen Babys auf den ersten Schritten ins Leben und stehen deren Eltern in den aufregenden Stunden bei. Die RTL2-Dokusoap „Wir werden Hebamme“ begleitete die Schülerinnen während der letzten Monate ihrer Ausbildung am Klinikum Oldenburg. Die gesamte Bandbreite der Anforderungen an den Beruf im Krankenhaus einschließlich Kaiserschnitt wird gezeigt.

1000 Frauen beginnen jedes Jahr die Ausbildung zur Hebamme an 58 Schulen, die meist einem Krankenhaus angeschlossen sind. 24.000 Hebammen arbeiten in Deutschland. Der Beruf ist eine Frauenbastion. Nur vier Männer arbeiten in Deutschland als Geburtshelfer im Kreißsaal. Hebamme ist traditionell ein Frauenberuf. Die UNESCO hat ihn zum Weltkulturerbe erklärt.

Bammel vor dem umfangreichen Prüfungsstoff

Jede Stunde werden 77 Babys in Deutschland geboren. Neele träumte schon als Kind von diesem Job und begann die dreijährige Ausbildung nach dem Abitur. Nina ist bereits 38. Sie hat Krankenschwester gelernt und blieb nach der Geburt ihrer Kinder zu Hause. Als der eigene Nachwuchs aus dem Gröbsten raus war, begann sie mit der zweiten Ausbildung. Sie hielt durch, obwohl sie mittlerweile geschieden ist.

Die Freundinnen haben die praktischen Prüfungen bestanden und lernen neben dem Einsatz auf der Geburtsstation für die anspruchsvolle theoretische Prüfung. Sie büffeln gemeinsam, um die Angst vor dem Versagen zu bändigen.

Nina und Neele haben sich für den anspruchsvollen Beruf entschieden, obwohl Hebammen zum mies bezahlten medizinischen Fachpersonal gehören. Nach dem Abschuss verdienen Hebammen 2200 Euro – Brutto. Sehr wenig für einen 24/7 Job mit Vierschichtdienst oder Einsatzbereitschaft rund um die Uhr, wenn die Hebammen selbständig sind. Neben Geburtsvorbereitungskursen und der Begleitung während der Geburt kümmern sie sich fürsorglich um Mutter und Kind in dessen ersten Lebenstagen. Gegen alle Risiken müssen sie sich selbst absichern. 8000 Euro im Jahr kostet die Versicherung auf Grund der hohen Folgekosten im Schadensfall. Der Streit der Geburtsbegleiterinnen mit den Anbietern um die hohen Prämien für ihre Haftpflichtversicherung sorgte in den vergangenen Jahren für Schlagzeilen.

Werbefilm für Hebammenausbildung

Thematisiert werden diese potentiellen finanziellen Belastungen freiberuflicher Hebammen ebenso wenig wie die sozialen Komponenten. „Ich werde Hebamme“ verherrlicht ihren Alltag, Stress oder Überstunden, weil landauf, landab Hebammen fehlen? Fehlanzeige!

Der Film beschränkt sich auf oberflächliche Beobachtungen. Ninas Doppelbelastung als allein erziehende Mutter wird beschönigt. Neele hat außer der Prüfungsangst kaum Probleme. So wirkt die Dokusoap wie ein Werbefilm der Krankenkassen zur Nachwuchsgewinnung mit kompetenten, engagierten Hebammen, strahlenden Vätern, niedlichen Babys und erschöpften Müttern.