Humane Metapneumoviren - Volle Kliniken in China: So hoch ist die Gefahr durch hMPV in Deutschland
Das humane Metapneumovirus, kurz hMPV, breitet sich derzeit aus, vor allem in China. Der Erreger führt zu Beschwerden, die denen einer Grippe ähneln. FOCUS online erklärt die Lage in Deutschland und wer besonders gefährdet ist.
Es sind beunruhigende Bilder aus China, die an den Beginn der Corona-Pandemie erinnern: Menschen mit Mund-Nasen-Schutz drängen sich in den Gängen der Krankenhäuser, die Warteräume sind vollgepackt, einige Patienten hängen am Tropf.
Viele von ihnen werden Berichten zufolge wohl wegen Infektionen mit den humanen Metapneumoviren (hMPV) behandelt. Einen Ausbruch des Erregers kann die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bislang nicht bestätigen. Dennoch beunruhigt das Infektionsgeschehen viele Menschen. Was hat es mit dem Virus auf sich? FOCUS online klärt für Sie die wichtigsten Fragen.
Was sind humane Metapneumoviren (hMPV)?
Bei den humanen Metapneumoviren (hMPV) handelt es sich um weit verbreitete Erkältungsviren. Sie sind RNA-Viren und mit dem Respiratorischen Syncytialvirus (RSV) verwandt. HMPV sind eine häufige Ursache von Infekten der oberen Atemwege, können aber auch die unteren Atemwege infizieren. Die meisten Menschen stecken sich mit hMPV in der Kindheit an, daher hat fast jeder Antikörper gegen die Viren.
In der nördlichen Hemisphäre treten hMPV meist in den kalten Monaten auf. „Im Winterhalbjahr auf der Nordhalbkugel nehmen Atemwegsinfektionen mit verschiedenen Erregern zu, hMPV ist einer von ihnen“, sagt Epidemiologe Timo Ulrichs auf Anfrage von FOCUS online. Die hMPV-Infektionen können im Rahmen anderer Infektionen ebenfalls zahlenmäßig steigen.
Handelt es sich bei hMPV um ein neuartiges Virus wie Covid-19?
Nein. Niederländische Forscher entdeckten das Virus im Jahre 2001 bei der Untersuchung von Nasenabstrichen mehrerer Kinder. Wie internationale Studien zeigten, kursiert das Virus allerdings mindestens seit den 1950er-Jahren – wenn auch bis Anfang der 2000er unentdeckt.
„Das Virus zirkuliert bei uns bereits seit den 1960er Jahren, und wir konnten mittlerweile eine Grundimmunität dagegen aufbauen“, sagt Ulrichs.
Wie ist die Lage in Deutschland?
Hierzulande machen die hMPV derzeit sieben Prozent aller Atemwegsinfekte aus – genauso viel wie RS- und Influenza-Viren. Rhinoviren (21 Prozent) und humane saisonale Coronaviren (13 Prozent) dominieren das Infektionsgeschehen momentan.
Wie werden hMPV übertragen?
HMPV werden durch Tröpfchen- und Schmierinfektionen übertragen. Wenn eine erkrankte Person also niest oder hustet, können andere Menschen die Erreger einatmen oder sie über die Schleimhäute der oberen Atemwege aufnehmen und sich in der Folge anstecken.
Welche Symptome rufen hMPV-Infektionen hervor?
Erkrankte zeigen häufig klassische Erkältungssymptome wie
Husten
Halsschmerzen
Schnupfen und Niesen
Kopfschmerzen sowie unspezifische Schmerzen
Abgeschlagenheit
und Fieber.
Normalerweise halten diese Beschwerden zwei bis fünf Tage lang an und verschwinden dann von selbst.
Schwere Infektionen können derweil auch eine
Bronchitis
oder Bronchiolitis hervorrufen.
In dem Fall sollte zwingend ein Arzt konsultiert werden.
Wie gefährlich sind hMPV?
„Da die Krankheitsverläufe meist milde sind und die Ausbreitungsgeschwindigkeit überschaubar, ist die Gefährlichkeit von hMPV eher begrenzt“, sagt Ulrichs. Das Virus sei zwar eher unbekannt, „macht aber nur wenig Ärger“.
Wer ist anfällig für schwere Krankheitsverläufe?
Allerdings können hMPV bei älteren Menschen über 60 Jahren zu schwereren Infektionen führen. Das zeigt auch eine kanadische Studie aus dem Jahr 2002, die den hMPV-Ausbruch in einem Pflegeheim untersuchte. Demnach entwickelte die Hälfte aller Infizierten eine Lungenentzündung oder Bronchitis, knapp jeder Dritte musste aufgrund der Infektion ins Krankenhaus eingeliefert werden.
Auch Vorerkrankungen der Lunge wie Asthma oder die chronische obstruktive Lungenerkrankung (COPD) können die Erkrankungsschwere beeinflussen. Zudem kann eine hMPV-Infektion in den ersten beiden Lebensjahren einer spanischen Studie aus dem Jahr 2007 zufolge das Risiko für späteres Asthma erhöhen. Ebenso sind immungeschwächte Menschen anfälliger für einen schwereren Verlauf.
Darüber hinaus sind Kinder anfällig für hMPV-Infektionen. Da während der Pandemie viele kleine Jungen und Mädchen wegen der Hygienemaßnahmen nicht mit dem Erreger in Kontakt kamen, sind momentan auch Nachholeffekte zu beobachten. Insbesondere bei kleinen Kindern können schwere Infektionen auftreten. So sind HMPV bei Kleinkindern die zweithäufigste Ursache für Bronchitis – nach RSV.
Muss ich mit einer hMPV-Infektion zum Arzt gehen?
Milde Symptome und Verläufe sind laut Ulrichs „zu allermeist keine Gründe, ein Krankenhaus aufzusuchen“. Sie können die Symptome des Atemwegsinfekts mit Mitteln aus der Hausapotheke lindern.
Wenn sich die Beschwerden jedoch verschlimmern und zum Beispiel schwerer Husten und Atemnot auftritt, ist der Besuch einer Arztpraxis angeraten. Das medizinische Personal entscheidet dann über die weitere Behandlung, die unter anderem den vorübergehenden Einsatz eines Inhalators und die Einnahme verschiedener Medikamente umfasst.
Wie kann ich mich vor einer hMPV-Infektion schützen?
Eine Impfung gegen das Virus gibt es nicht. Epidemiologe Ulrichs empfiehlt daher, die allgemeinen Hygieneregeln insbesondere in den Wintermonaten zu beachten. Dazu zählen häufiges Händewaschen
mit den Händen nicht ins Gesicht fassen
Abstand halten
und nach Präferenz Mund-Nasen-Schutz in öffentlichen Verkehrsmitteln tragen.