Idee „entstand in durchzechter Nacht“ - Selenskyj winkte Nord-Stream-Anschlag durch - und versuchte ihn dann zu stoppen
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj war offenbar über Pläne zum Anschlag auf die Nord-Stream-Pipelines informiert. Dies berichtet das „Wall Street Journal“ unter Berufung auf Quellen im ukrainischen Militärapparat.
Ein ukrainischer Offizier, der an dem Komplott beteiligt war, sagte demnach: „Ich lache immer, wenn ich in den Medien Spekulationen über eine riesige Operation lese, an der Geheimdienste, U-Boote, Drohnen und Satelliten beteiligt sind.“ Laut dem Offizier sei die Idee, die Gas-Pipelines zu sprengen, während eines Treffens von ukrainischen Militärs und Geschäftsleuten wenige Monate nach Beginn der russischen Invasion im Jahr 2022 entstanden: „Das Ganze ist aus einer durchzechten Nacht und der eisernen Entschlossenheit einer Handvoll Leute entstanden, die den Mut hatten, ihr Leben für ihr Land zu riskieren.“
Nur wenige Monate nach dem besagten Treffen wurden drei Sprengsätze an den Nord-Stream-Röhren angebracht und verursachten massive Schäden. Laut dem „Wall Street Journal“ waren insgesamt sechs Personen an dem Einsatz beteiligt, der etwa 300.000 US-Dollar kostete. Diese Summe wurde durch private Gelder finanziert.
Selenskyj versuchte, den Anschlag zu stoppen
Brisant: Laut „WSJ“ genehmigte Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj den ursprünglichen Plan. Doch dann bekam die CIA offenbar Wind davon und warnte Selenskyj, diesen auszuführen. Daraufhin befahl Selenskyj dem Generalstabschef Walerij Saluschnyj, die Aktion zu stoppen. Doch Saluschnyj ignorierte den Befehl und passte den ursprünglichen Plan an. Die Mission wurde von dem ehemaligen Geheimdienstoffizier Roman Tscherwynsky geleitet, der direkt an Saluschnyj berichtete.
Nach dem Anschlag stellte Selenskyj den General zur Rede
Nach dem Anschlag im September 2022 stellte Selenskyj dem „WSJ“-Bericht zufolge seinen Generalstabschef zur Rede. Saluschnyj wies die Kritik jedoch zurück und erklärte, dass das Sabotage-Team nach dem Start der Operation keinen Kontakt mehr aufnehmen konnte, um die Mission nicht zu gefährden. Ein hoher Offizier erklärte: „Ihm wurde gesagt, es sei wie bei einem Torpedo – wenn man ihn einmal auf den Feind abgefeuert hat, kann man ihn nicht mehr zurückziehen.“
Schriftliche Beweise über die Operation existieren laut dem Bericht nicht, da aus Sicherheitsgründen alles nur mündlich zwischen den ukrainischen Offiziellen besprochen wurde.
Nord Stream 1 und 2 Ende September 2022 beschädigt
Mehrere Sprengungen hatten die beiden Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 Ende September 2022 beschädigt und unterbrochen. Die Explosionen wurden in der Nähe der dänischen Ostsee-Insel Bornholm registriert. Wenig später entdeckte man vier Lecks an drei der insgesamt vier Leitungen der Nord-Stream-Pipelines. Durch Nord Stream 1 floss zuvor russisches Erdgas nach Deutschland. Nord Stream 2 war wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und der folgenden politischen Streitigkeiten noch nicht in Betrieb.
Ukrainer wird per Haftbefehl gesucht
Der Generalbundesanwalt sucht im Fall der Sabotage an den Nord-Stream-Pipelines einen Ukrainer, der sich von Polen in sein Heimatland abgesetzt haben soll. Die polnische Staatsanwaltschaft habe von der Bundesanwaltschaft einen Europäischen Haftbefehl zur Festnahme eines Verdächtigen erhalten, sagte eine Sprecherin der Generalstaatsanwaltschaft in Warschau.
Bei dem Verdächtigen handelt es sich demnach um Wolodymyr Z., einen ukrainischen Staatsbürger, der sich zuletzt in Polen aufhielt. Die Ermittler hätten ihn jedoch an seinem Wohnort nicht angetroffen, sagte die Sprecherin.
Drei Verdächtige sollen Taucher sein
„Die Zeit“, die „Süddeutsche Zeitung“ und die ARD berichteten zuletzt, der Mann sowie zwei weitere ukrainische Staatsangehörige - ein Mann und eine Frau - stünden unter Tatverdacht. Den Berichten zufolge sollen sie an den Anschlägen beteiligt gewesen sein. Sie könnten als Taucher die Sprengsätze an den Pipelines angebrachten haben, hieß es weiter.